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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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II. Theil 16. Hauptstück.
feudi) nennt man die wesentlichen Bestim-
mungen, welche den Unterscheid der Art (dif-
ferentiam specificam)
eines Lehns, der entwe-
der durch die Gesetze, oder Gewohnheit ein-
geführet worden, z. E. daß das Versprechen
der Treue beschworen werden muß; die zu-
fälligen Bestimmungen
(accidentalia)
aber die wesentlichen Bestimmungen, welche
den Unterscheid der Arten (differentiam spe-
cificam)
des Lehns ausmachen, die von den an-
dern, welche durch die Gesetze, oder die Ge-
wohnheit eingeführet worden, verschieden sind,
z. E. die Verbindlichkeit des Vasallen zu ver-
schiedenen ungewöhnlichen Pflichten. Daher
erhellet, daß der Unterschied zwischen dem Na-
türlichen und Zufälligen des Lehns in dem
Naturrechte keinen Nutzen hat; denn natür-
licher Weise gilt, was in dem Contracte
verabredet worden (§. 736.). Weil näm-
lich das Natürliche und Zufällige durch das
Wesentliche nicht bestimmt wird, folglich aus
demselben nicht erwiesen werden kann; so be-
ruhet es lediglich, wenn ein Lehn ein-
geräumet wird, auf dem Willen des
Herrn der Sache, die zu Lehn gemacht
werden soll, was er noch ausser den
wesentlichen Stücken hinzusetzen will
(§. 314.); welches
demnach im Lehn-
contract bestimmt werden muß.

§. 738.
Vom ge-
gebenen
Lehn und

Ein gegebenes Lehn (feudum datum)
nennt man, welches der Eigenthumsherr ei-

nem

II. Theil 16. Hauptſtuͤck.
feudi) nennt man die weſentlichen Beſtim-
mungen, welche den Unterſcheid der Art (dif-
ferentiam ſpecificam)
eines Lehns, der entwe-
der durch die Geſetze, oder Gewohnheit ein-
gefuͤhret worden, z. E. daß das Verſprechen
der Treue beſchworen werden muß; die zu-
faͤlligen Beſtimmungen
(accidentalia)
aber die weſentlichen Beſtimmungen, welche
den Unterſcheid der Arten (differentiam ſpe-
cificam)
des Lehns ausmachen, die von den an-
dern, welche durch die Geſetze, oder die Ge-
wohnheit eingefuͤhret worden, verſchieden ſind,
z. E. die Verbindlichkeit des Vaſallen zu ver-
ſchiedenen ungewoͤhnlichen Pflichten. Daher
erhellet, daß der Unterſchied zwiſchen dem Na-
tuͤrlichen und Zufaͤlligen des Lehns in dem
Naturrechte keinen Nutzen hat; denn natuͤr-
licher Weiſe gilt, was in dem Contracte
verabredet worden (§. 736.). Weil naͤm-
lich das Natuͤrliche und Zufaͤllige durch das
Weſentliche nicht beſtimmt wird, folglich aus
demſelben nicht erwieſen werden kann; ſo be-
ruhet es lediglich, wenn ein Lehn ein-
geraͤumet wird, auf dem Willen des
Herrn der Sache, die zu Lehn gemacht
werden ſoll, was er noch auſſer den
weſentlichen Stuͤcken hinzuſetzen will
(§. 314.); welches
demnach im Lehn-
contract beſtimmt werden muß.

§. 738.
Vom ge-
gebenen
Lehn und

Ein gegebenes Lehn (feudum datum)
nennt man, welches der Eigenthumsherr ei-

nem
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[522/0558] II. Theil 16. Hauptſtuͤck. feudi) nennt man die weſentlichen Beſtim- mungen, welche den Unterſcheid der Art (dif- ferentiam ſpecificam) eines Lehns, der entwe- der durch die Geſetze, oder Gewohnheit ein- gefuͤhret worden, z. E. daß das Verſprechen der Treue beſchworen werden muß; die zu- faͤlligen Beſtimmungen (accidentalia) aber die weſentlichen Beſtimmungen, welche den Unterſcheid der Arten (differentiam ſpe- cificam) des Lehns ausmachen, die von den an- dern, welche durch die Geſetze, oder die Ge- wohnheit eingefuͤhret worden, verſchieden ſind, z. E. die Verbindlichkeit des Vaſallen zu ver- ſchiedenen ungewoͤhnlichen Pflichten. Daher erhellet, daß der Unterſchied zwiſchen dem Na- tuͤrlichen und Zufaͤlligen des Lehns in dem Naturrechte keinen Nutzen hat; denn natuͤr- licher Weiſe gilt, was in dem Contracte verabredet worden (§. 736.). Weil naͤm- lich das Natuͤrliche und Zufaͤllige durch das Weſentliche nicht beſtimmt wird, folglich aus demſelben nicht erwieſen werden kann; ſo be- ruhet es lediglich, wenn ein Lehn ein- geraͤumet wird, auf dem Willen des Herrn der Sache, die zu Lehn gemacht werden ſoll, was er noch auſſer den weſentlichen Stuͤcken hinzuſetzen will (§. 314.); welches demnach im Lehn- contract beſtimmt werden muß. §. 738. Ein gegebenes Lehn (feudum datum) nennt man, welches der Eigenthumsherr ei- nem

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/558>, abgerufen am 22.12.2024.