nöthiget werden. Wenn jemand etwas nicht umsonst giebet oder thut, so muß es des- wegen gegeben werden, daß der andere etwas gebe, oder thue; oder es muß etwas gethan werden, daß der andere etwas thue. Und daher erhellet, daß die aus einander se- tzende Tauschhandlungen nach dem Rechte der Natur erlaubt sind (§. 467. 468.). Wofern aber nichts umsonst gege- ben werden soll; so muß in den aus ein- ander setzenden Tauschhandlungen der eine dem andern so viel leisten, als der andere ihm geleistet hat.
§. 474.
Weil die Menschen einander Gutes zu thunVom Danck und Un- danck. verbunden sind (§. 472.), und die Wohlthat, die einer vom andern empfangen hat, ein Be- wegungsgrund ist, ihm wieder Gutes zu erwei- sen (§. 73.); so ist der, dem Guts ge- schehen, verbunden, seinem Wohlthä- ter, weil er ihm Gutes gethan hat, wie- derum Gutes zu erzeigen (§. 35.); folg- lich wenn er dieses in der That zu thun nicht vermögend ist, so muß er wenig- stens den Willen haben ihm Gutes zu erweisen (§. 37.). Weil man sagt, eine Wohlthat wird vergolten(beneficium redditur), wenn einer dem andern deswegen Gutes thut, weil er von ihm Gutes empfan- gen hat; ein danckbares Gemüthe aber (gratus animus) dasjenige ist, welches geneigt ist das Gute mit Gutem zu vergelten, und
hierin-
T 4
die ſo gleich vollbracht werden.
noͤthiget werden. Wenn jemand etwas nicht umſonſt giebet oder thut, ſo muß es des- wegen gegeben werden, daß der andere etwas gebe, oder thue; oder es muß etwas gethan werden, daß der andere etwas thue. Und daher erhellet, daß die aus einander ſe- tzende Tauſchhandlungen nach dem Rechte der Natur erlaubt ſind (§. 467. 468.). Wofern aber nichts umſonſt gege- ben werden ſoll; ſo muß in den aus ein- ander ſetzenden Tauſchhandlungen der eine dem andern ſo viel leiſten, als der andere ihm geleiſtet hat.
§. 474.
Weil die Menſchen einander Gutes zu thunVom Danck und Un- danck. verbunden ſind (§. 472.), und die Wohlthat, die einer vom andern empfangen hat, ein Be- wegungsgrund iſt, ihm wieder Gutes zu erwei- ſen (§. 73.); ſo iſt der, dem Guts ge- ſchehen, verbunden, ſeinem Wohlthaͤ- ter, weil er ihm Gutes gethan hat, wie- derum Gutes zu erzeigen (§. 35.); folg- lich wenn er dieſes in der That zu thun nicht vermoͤgend iſt, ſo muß er wenig- ſtens den Willen haben ihm Gutes zu erweiſen (§. 37.). Weil man ſagt, eine Wohlthat wird vergolten(beneficium redditur), wenn einer dem andern deswegen Gutes thut, weil er von ihm Gutes empfan- gen hat; ein danckbares Gemuͤthe aber (gratus animus) dasjenige iſt, welches geneigt iſt das Gute mit Gutem zu vergelten, und
hierin-
T 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0331"n="295"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">die ſo gleich vollbracht werden.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">noͤthiget werden.</hi> Wenn jemand etwas<lb/>
nicht umſonſt giebet oder thut, ſo muß es des-<lb/>
wegen gegeben werden, daß der andere etwas<lb/>
gebe, oder thue; oder es muß etwas gethan<lb/>
werden, daß der andere etwas thue. Und<lb/>
daher erhellet, <hirendition="#fr">daß die aus einander ſe-<lb/>
tzende Tauſchhandlungen nach dem<lb/>
Rechte der Natur erlaubt ſind</hi> (§. 467.<lb/>
468.). Wofern aber nichts umſonſt gege-<lb/>
ben werden ſoll; <hirendition="#fr">ſo muß in den aus ein-<lb/>
ander ſetzenden Tauſchhandlungen der<lb/>
eine dem andern ſo viel leiſten, als der<lb/>
andere ihm geleiſtet hat.</hi></p></div><lb/><divn="4"><head>§. 474.</head><lb/><p>Weil die Menſchen einander Gutes zu thun<noteplace="right">Vom<lb/>
Danck<lb/>
und Un-<lb/>
danck.</note><lb/>
verbunden ſind (§. 472.), und die Wohlthat,<lb/>
die einer vom andern empfangen hat, ein Be-<lb/>
wegungsgrund iſt, ihm wieder Gutes zu erwei-<lb/>ſen (§. 73.); <hirendition="#fr">ſo iſt der, dem Guts ge-<lb/>ſchehen, verbunden, ſeinem Wohlthaͤ-<lb/>
ter, weil er ihm Gutes gethan hat, wie-<lb/>
derum Gutes zu erzeigen</hi> (§. 35.); folg-<lb/>
lich <hirendition="#fr">wenn er dieſes in der That zu thun<lb/>
nicht vermoͤgend iſt, ſo muß er wenig-<lb/>ſtens den Willen haben ihm Gutes zu<lb/>
erweiſen</hi> (§. 37.). Weil man ſagt, <hirendition="#fr">eine<lb/>
Wohlthat wird vergolten</hi><hirendition="#aq">(beneficium<lb/>
redditur),</hi> wenn einer dem andern deswegen<lb/>
Gutes thut, weil er von ihm Gutes empfan-<lb/>
gen hat; ein <hirendition="#fr">danckbares Gemuͤthe</hi> aber<lb/><hirendition="#aq">(gratus animus)</hi> dasjenige iſt, welches geneigt<lb/>
iſt das Gute mit Gutem zu vergelten, und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">T 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">hierin-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[295/0331]
die ſo gleich vollbracht werden.
noͤthiget werden. Wenn jemand etwas
nicht umſonſt giebet oder thut, ſo muß es des-
wegen gegeben werden, daß der andere etwas
gebe, oder thue; oder es muß etwas gethan
werden, daß der andere etwas thue. Und
daher erhellet, daß die aus einander ſe-
tzende Tauſchhandlungen nach dem
Rechte der Natur erlaubt ſind (§. 467.
468.). Wofern aber nichts umſonſt gege-
ben werden ſoll; ſo muß in den aus ein-
ander ſetzenden Tauſchhandlungen der
eine dem andern ſo viel leiſten, als der
andere ihm geleiſtet hat.
§. 474.
Weil die Menſchen einander Gutes zu thun
verbunden ſind (§. 472.), und die Wohlthat,
die einer vom andern empfangen hat, ein Be-
wegungsgrund iſt, ihm wieder Gutes zu erwei-
ſen (§. 73.); ſo iſt der, dem Guts ge-
ſchehen, verbunden, ſeinem Wohlthaͤ-
ter, weil er ihm Gutes gethan hat, wie-
derum Gutes zu erzeigen (§. 35.); folg-
lich wenn er dieſes in der That zu thun
nicht vermoͤgend iſt, ſo muß er wenig-
ſtens den Willen haben ihm Gutes zu
erweiſen (§. 37.). Weil man ſagt, eine
Wohlthat wird vergolten (beneficium
redditur), wenn einer dem andern deswegen
Gutes thut, weil er von ihm Gutes empfan-
gen hat; ein danckbares Gemuͤthe aber
(gratus animus) dasjenige iſt, welches geneigt
iſt das Gute mit Gutem zu vergelten, und
hierin-
Vom
Danck
und Un-
danck.
T 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/331>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.