Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. 7. H. Von dem Versprechen
335.); so ist die Veräusserung, die vom
Versprecher geschehen, gültig
(§. 257.):
Weil aber derselbe uns nicht wieder unsern
Willen ein erlangtes Recht benehmen kann
(§. 100.); so kommt uns das Recht zu
die Veräusserung zu verhindern, wenn
wir wissen, daß der Versprecher die
versprochene Sache veräussern will.

Jm Gegentheil aber ist klar, daß die Ver-
äusserung ungültig ist, wenn der Ver-
sprecher sich erklärt hat, daß er des
Rechts zu veräussern sich begebe;
weil
er alsdenn dasselbe nicht mehr hat.

§. 414.
Vom
Gewinn.

Der Gewinn (lucrum) wird die Sache
genannt, welche zu unsern Gütern hinzu-
kommt, ohne daß sie dadurch vermindert wer-
den, oder wodurch wir reicher werden. Man
nennt Verlust des Gewinns (cessare
lucrum),
wenn wir gehindert werden den
Gewinn zu erhalten, den wir hätten erhalten
können. Ein gewisser Gewinn (lucrum
certum)
ist, wenn wir genug versichert
sind, daß wir ihn erhalten können, oder er-
halten werden: hingegen ein ungewisser,
wenn wir diese Versicherung nicht haben.
Es kann aber die Grösse eines gewissen Ge-
winns noch ungewiß seyn. Es ist also klar,
daß ein gewisser Gewinn eine Sache
sey, die uns eigenthümlich werden
wird;
folglich, wer uns um einen ge-
wissen Gewinn bringet, der verhin-

dert

II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen
335.); ſo iſt die Veraͤuſſerung, die vom
Verſprecher geſchehen, guͤltig
(§. 257.):
Weil aber derſelbe uns nicht wieder unſern
Willen ein erlangtes Recht benehmen kann
(§. 100.); ſo kommt uns das Recht zu
die Veraͤuſſerung zu verhindern, wenn
wir wiſſen, daß der Verſprecher die
verſprochene Sache veraͤuſſern will.

Jm Gegentheil aber iſt klar, daß die Ver-
aͤuſſerung unguͤltig iſt, wenn der Ver-
ſprecher ſich erklaͤrt hat, daß er des
Rechts zu veraͤuſſern ſich begebe;
weil
er alsdenn daſſelbe nicht mehr hat.

§. 414.
Vom
Gewinn.

Der Gewinn (lucrum) wird die Sache
genannt, welche zu unſern Guͤtern hinzu-
kommt, ohne daß ſie dadurch vermindert wer-
den, oder wodurch wir reicher werden. Man
nennt Verluſt des Gewinns (ceſſare
lucrum),
wenn wir gehindert werden den
Gewinn zu erhalten, den wir haͤtten erhalten
koͤnnen. Ein gewiſſer Gewinn (lucrum
certum)
iſt, wenn wir genug verſichert
ſind, daß wir ihn erhalten koͤnnen, oder er-
halten werden: hingegen ein ungewiſſer,
wenn wir dieſe Verſicherung nicht haben.
Es kann aber die Groͤſſe eines gewiſſen Ge-
winns noch ungewiß ſeyn. Es iſt alſo klar,
daß ein gewiſſer Gewinn eine Sache
ſey, die uns eigenthuͤmlich werden
wird;
folglich, wer uns um einen ge-
wiſſen Gewinn bringet, der verhin-

dert
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0288" n="252"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#b">Th. 7. H. Von dem Ver&#x017F;prechen</hi></fw><lb/>
335.); &#x017F;o <hi rendition="#fr">i&#x017F;t die Vera&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erung, die vom<lb/>
Ver&#x017F;precher ge&#x017F;chehen, gu&#x0364;ltig</hi> (§. 257.):<lb/>
Weil aber der&#x017F;elbe uns nicht wieder un&#x017F;ern<lb/>
Willen ein erlangtes Recht benehmen kann<lb/>
(§. 100.); &#x017F;o <hi rendition="#fr">kommt uns das Recht zu<lb/>
die Vera&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erung zu verhindern, wenn<lb/>
wir wi&#x017F;&#x017F;en, daß der Ver&#x017F;precher die<lb/>
ver&#x017F;prochene Sache vera&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern will.</hi><lb/>
Jm Gegentheil aber i&#x017F;t klar, <hi rendition="#fr">daß die Ver-<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erung ungu&#x0364;ltig i&#x017F;t, wenn der Ver-<lb/>
&#x017F;precher &#x017F;ich erkla&#x0364;rt hat, daß er des<lb/>
Rechts zu vera&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;ich begebe;</hi> weil<lb/>
er alsdenn da&#x017F;&#x017F;elbe nicht mehr hat.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 414.</head><lb/>
              <note place="left">Vom<lb/>
Gewinn.</note>
              <p><hi rendition="#fr">Der Gewinn</hi><hi rendition="#aq">(lucrum)</hi> wird die Sache<lb/>
genannt, welche zu un&#x017F;ern Gu&#x0364;tern hinzu-<lb/>
kommt, ohne daß &#x017F;ie dadurch vermindert wer-<lb/>
den, oder wodurch wir reicher werden. Man<lb/>
nennt <hi rendition="#fr">Verlu&#x017F;t des Gewinns</hi> <hi rendition="#aq">(ce&#x017F;&#x017F;are<lb/>
lucrum),</hi> wenn wir gehindert werden den<lb/>
Gewinn zu erhalten, den wir ha&#x0364;tten erhalten<lb/>
ko&#x0364;nnen. <hi rendition="#fr">Ein gewi&#x017F;&#x017F;er Gewinn</hi> <hi rendition="#aq">(lucrum<lb/>
certum)</hi> i&#x017F;t, wenn wir genug ver&#x017F;ichert<lb/>
&#x017F;ind, daß wir ihn erhalten ko&#x0364;nnen, oder er-<lb/>
halten werden: hingegen <hi rendition="#fr">ein ungewi&#x017F;&#x017F;er,</hi><lb/>
wenn wir die&#x017F;e Ver&#x017F;icherung nicht haben.<lb/>
Es kann aber die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e eines gewi&#x017F;&#x017F;en Ge-<lb/>
winns noch ungewiß &#x017F;eyn. Es i&#x017F;t al&#x017F;o klar,<lb/><hi rendition="#fr">daß ein gewi&#x017F;&#x017F;er Gewinn eine Sache<lb/>
&#x017F;ey, die uns eigenthu&#x0364;mlich werden<lb/>
wird;</hi> folglich, <hi rendition="#fr">wer uns um einen ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Gewinn bringet, der verhin-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">dert</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0288] II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen 335.); ſo iſt die Veraͤuſſerung, die vom Verſprecher geſchehen, guͤltig (§. 257.): Weil aber derſelbe uns nicht wieder unſern Willen ein erlangtes Recht benehmen kann (§. 100.); ſo kommt uns das Recht zu die Veraͤuſſerung zu verhindern, wenn wir wiſſen, daß der Verſprecher die verſprochene Sache veraͤuſſern will. Jm Gegentheil aber iſt klar, daß die Ver- aͤuſſerung unguͤltig iſt, wenn der Ver- ſprecher ſich erklaͤrt hat, daß er des Rechts zu veraͤuſſern ſich begebe; weil er alsdenn daſſelbe nicht mehr hat. §. 414. Der Gewinn (lucrum) wird die Sache genannt, welche zu unſern Guͤtern hinzu- kommt, ohne daß ſie dadurch vermindert wer- den, oder wodurch wir reicher werden. Man nennt Verluſt des Gewinns (ceſſare lucrum), wenn wir gehindert werden den Gewinn zu erhalten, den wir haͤtten erhalten koͤnnen. Ein gewiſſer Gewinn (lucrum certum) iſt, wenn wir genug verſichert ſind, daß wir ihn erhalten koͤnnen, oder er- halten werden: hingegen ein ungewiſſer, wenn wir dieſe Verſicherung nicht haben. Es kann aber die Groͤſſe eines gewiſſen Ge- winns noch ungewiß ſeyn. Es iſt alſo klar, daß ein gewiſſer Gewinn eine Sache ſey, die uns eigenthuͤmlich werden wird; folglich, wer uns um einen ge- wiſſen Gewinn bringet, der verhin- dert

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/288
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/288>, abgerufen am 21.11.2024.