Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

seiner Gedancken:
um die menschlichen Dinge bekümmere,
nicht schwören.

§. 363.

Wenn nun jemand falsche GötterOb man
bey fal-
schen
Göttern
schwören
könne.

vor den wahren Gott hält, und ihnen
dasjenige zueignet, was einer, der da
schwört, von dem wahren Gott vor
gewiß halten muß, der kann bey fal-
schen Göttern schwören;
weil es in An-
sehung seiner eben so viel ist, als wenn er
bey dem wahren Gott schwüre.

§. 364.

Weil die Worte Zeichen sind, welche das-Von den
Eides-
formeln.

jenige bedeuten, was wir durch dieselbe wol-
len zu verstehen geben; so kann man mit
allen Worten schwören, welchen man
die Bedeutung beylegt, so nach der Er-
klärung einem Eide zukommen muß.

Daher erhellet zugleich, daß man bey je-
der Sache, sie mag seyn, was vor eine
es will, schwören könne.
Aber bey der-
gleichen Dingen schwöret einer nicht,
sondern er betheuret nur etwas, wel-
cher sagt, er rede so gewiß die Wahrheit,
oder wolle sie sagen, als es gewiß ist,
daß eine Sache würcklich sey, oder of-
fenbar ihm die liebste.
Es können einer-
ley Worte die Kraft eines Eides, oder einer
Betheurung haben, nachdem entweder der
andere einen Eid von uns fordert, oder wir
freywillig dieselbe vorbringen. Also wenn
einer schwören soll und sagt: Gott

ist

ſeiner Gedancken:
um die menſchlichen Dinge bekuͤmmere,
nicht ſchwoͤren.

§. 363.

Wenn nun jemand falſche GoͤtterOb man
bey fal-
ſchen
Goͤttern
ſchwoͤren
koͤnne.

vor den wahren Gott haͤlt, und ihnen
dasjenige zueignet, was einer, der da
ſchwoͤrt, von dem wahren Gott vor
gewiß halten muß, der kann bey fal-
ſchen Goͤttern ſchwoͤren;
weil es in An-
ſehung ſeiner eben ſo viel iſt, als wenn er
bey dem wahren Gott ſchwuͤre.

§. 364.

Weil die Worte Zeichen ſind, welche das-Von den
Eides-
formeln.

jenige bedeuten, was wir durch dieſelbe wol-
len zu verſtehen geben; ſo kann man mit
allen Worten ſchwoͤren, welchen man
die Bedeutung beylegt, ſo nach der Er-
klaͤrung einem Eide zukommen muß.

Daher erhellet zugleich, daß man bey je-
der Sache, ſie mag ſeyn, was vor eine
es will, ſchwoͤren koͤnne.
Aber bey der-
gleichen Dingen ſchwoͤret einer nicht,
ſondern er betheuret nur etwas, wel-
cher ſagt, er rede ſo gewiß die Wahrheit,
oder wolle ſie ſagen, als es gewiß iſt,
daß eine Sache wuͤrcklich ſey, oder of-
fenbar ihm die liebſte.
Es koͤnnen einer-
ley Worte die Kraft eines Eides, oder einer
Betheurung haben, nachdem entweder der
andere einen Eid von uns fordert, oder wir
freywillig dieſelbe vorbringen. Alſo wenn
einer ſchwoͤren ſoll und ſagt: Gott

iſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p>
                <pb facs="#f0259" n="223"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">&#x017F;einer Gedancken:</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">um die men&#x017F;chlichen Dinge beku&#x0364;mmere,<lb/>
nicht &#x017F;chwo&#x0364;ren.</hi> </p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 363.</head><lb/>
              <p><hi rendition="#fr">Wenn nun jemand fal&#x017F;che Go&#x0364;tter</hi><note place="right">Ob man<lb/>
bey fal-<lb/>
&#x017F;chen<lb/>
Go&#x0364;ttern<lb/>
&#x017F;chwo&#x0364;ren<lb/>
ko&#x0364;nne.</note><lb/><hi rendition="#fr">vor den wahren Gott ha&#x0364;lt, und ihnen<lb/>
dasjenige zueignet, was einer, der da<lb/>
&#x017F;chwo&#x0364;rt, von dem wahren Gott vor<lb/>
gewiß halten muß, der kann bey fal-<lb/>
&#x017F;chen Go&#x0364;ttern &#x017F;chwo&#x0364;ren;</hi> weil es in An-<lb/>
&#x017F;ehung &#x017F;einer eben &#x017F;o viel i&#x017F;t, als wenn er<lb/>
bey dem wahren Gott &#x017F;chwu&#x0364;re.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 364.</head><lb/>
              <p>Weil die Worte Zeichen &#x017F;ind, welche das-<note place="right">Von den<lb/>
Eides-<lb/>
formeln.</note><lb/>
jenige bedeuten, was wir durch die&#x017F;elbe wol-<lb/>
len zu ver&#x017F;tehen geben; &#x017F;o <hi rendition="#fr">kann man mit<lb/>
allen Worten &#x017F;chwo&#x0364;ren, welchen man<lb/>
die Bedeutung beylegt, &#x017F;o nach der Er-<lb/>
kla&#x0364;rung einem Eide zukommen muß.</hi><lb/>
Daher erhellet zugleich, <hi rendition="#fr">daß man bey je-<lb/>
der Sache, &#x017F;ie mag &#x017F;eyn, was vor eine<lb/>
es will, &#x017F;chwo&#x0364;ren ko&#x0364;nne.</hi> Aber bey <hi rendition="#fr">der-<lb/>
gleichen Dingen &#x017F;chwo&#x0364;ret einer nicht,<lb/>
&#x017F;ondern er betheuret nur etwas, wel-<lb/>
cher &#x017F;agt, er rede &#x017F;o gewiß die Wahrheit,<lb/>
oder wolle &#x017F;ie &#x017F;agen, als es gewiß i&#x017F;t,<lb/>
daß eine Sache wu&#x0364;rcklich &#x017F;ey, oder of-<lb/>
fenbar ihm die lieb&#x017F;te.</hi> Es ko&#x0364;nnen einer-<lb/>
ley Worte die Kraft eines Eides, oder einer<lb/>
Betheurung haben, nachdem entweder der<lb/>
andere einen Eid von uns fordert, oder wir<lb/>
freywillig die&#x017F;elbe vorbringen. Al&#x017F;o <hi rendition="#fr">wenn<lb/>
einer &#x017F;chwo&#x0364;ren &#x017F;oll und &#x017F;agt: Gott</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">i&#x017F;t</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0259] ſeiner Gedancken: um die menſchlichen Dinge bekuͤmmere, nicht ſchwoͤren. §. 363. Wenn nun jemand falſche Goͤtter vor den wahren Gott haͤlt, und ihnen dasjenige zueignet, was einer, der da ſchwoͤrt, von dem wahren Gott vor gewiß halten muß, der kann bey fal- ſchen Goͤttern ſchwoͤren; weil es in An- ſehung ſeiner eben ſo viel iſt, als wenn er bey dem wahren Gott ſchwuͤre. Ob man bey fal- ſchen Goͤttern ſchwoͤren koͤnne. §. 364. Weil die Worte Zeichen ſind, welche das- jenige bedeuten, was wir durch dieſelbe wol- len zu verſtehen geben; ſo kann man mit allen Worten ſchwoͤren, welchen man die Bedeutung beylegt, ſo nach der Er- klaͤrung einem Eide zukommen muß. Daher erhellet zugleich, daß man bey je- der Sache, ſie mag ſeyn, was vor eine es will, ſchwoͤren koͤnne. Aber bey der- gleichen Dingen ſchwoͤret einer nicht, ſondern er betheuret nur etwas, wel- cher ſagt, er rede ſo gewiß die Wahrheit, oder wolle ſie ſagen, als es gewiß iſt, daß eine Sache wuͤrcklich ſey, oder of- fenbar ihm die liebſte. Es koͤnnen einer- ley Worte die Kraft eines Eides, oder einer Betheurung haben, nachdem entweder der andere einen Eid von uns fordert, oder wir freywillig dieſelbe vorbringen. Alſo wenn einer ſchwoͤren ſoll und ſagt: Gott iſt Von den Eides- formeln.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/259
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/259>, abgerufen am 22.11.2024.