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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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II. Th. 4. H. Vom überbliebenen Recht
festen Lande liegen, haben eigenthüm-
lich gemacht werden können
(§. 302.).

§. 304.
Mit was
vor einer
vor sich
verständ-
lichen
Ausnah-
me das
Eigen-
thum
eingefüh-
ret wor-
den sey.

Weil das Recht zum Gebrauch der natürli-
chen Sachen einem jeden Menschen von Na-
tur zukommt (§. 186.), und das Gesetz der
Natur uns auch ein Recht zum nothwendigen
Gebrauch der durch Fleiß und Kunst erhalte-
nen giebt (§. 188.), welches niemand genom-
men werden kann (§. 74.); so hat auch
durch die Einführung des Eigen-
thums niemanden der nothwendige Ge-
brauch der Sachen gäntzlich benommen
werden können;
folglich hat das Eigen-
thum nicht anders eingeführt werden
können, als mit dieser Einschränckung,
die sich vor sich verstehet
(stillschweigen-
den, tacita); daß, wenn es sich in ei-
nem vorkommenden Falle zutrüge, daß
einem gäntzlich der Gebrauch der noth-
wendigen Sachen genommen würde,
er ein Recht zu denen eigenthümlichen
habe.
Nämlich das Eigenthum ist nicht
deswegen eingeführt worden, daß jemanden
gäntzlich der nothwendige Gebrauch der Sa-
chen sollte benommen werden; sondern daß
alle sich desto besser des Vortheils von demsel-
ben zu erfreuen haben möchten (§. 194.).

§. 305.
Von den
nothwen-
digen
Sachen,

Wenn also jemanden gantz und gar
die nothwendigen Sachen zu seinem
Gebrauch fehlen, und es nicht in sei-

nem

II. Th. 4. H. Vom uͤberbliebenen Recht
feſten Lande liegen, haben eigenthuͤm-
lich gemacht werden koͤnnen
(§. 302.).

§. 304.
Mit was
vor einer
vor ſich
verſtaͤnd-
lichen
Ausnah-
me das
Eigen-
thum
eingefuͤh-
ret wor-
den ſey.

Weil das Recht zum Gebrauch der natuͤrli-
chen Sachen einem jeden Menſchen von Na-
tur zukommt (§. 186.), und das Geſetz der
Natur uns auch ein Recht zum nothwendigen
Gebrauch der durch Fleiß und Kunſt erhalte-
nen giebt (§. 188.), welches niemand genom-
men werden kann (§. 74.); ſo hat auch
durch die Einfuͤhrung des Eigen-
thums niemanden der nothwendige Ge-
brauch der Sachen gaͤntzlich benommen
werden koͤnnen;
folglich hat das Eigen-
thum nicht anders eingefuͤhrt werden
koͤnnen, als mit dieſer Einſchraͤnckung,
die ſich vor ſich verſtehet
(ſtillſchweigen-
den, tacita); daß, wenn es ſich in ei-
nem vorkommenden Falle zutruͤge, daß
einem gaͤntzlich der Gebrauch der noth-
wendigen Sachen genommen wuͤrde,
er ein Recht zu denen eigenthuͤmlichen
habe.
Naͤmlich das Eigenthum iſt nicht
deswegen eingefuͤhrt worden, daß jemanden
gaͤntzlich der nothwendige Gebrauch der Sa-
chen ſollte benommen werden; ſondern daß
alle ſich deſto beſſer des Vortheils von demſel-
ben zu erfreuen haben moͤchten (§. 194.).

§. 305.
Von den
nothwen-
digen
Sachen,

Wenn alſo jemanden gantz und gar
die nothwendigen Sachen zu ſeinem
Gebrauch fehlen, und es nicht in ſei-

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[188/0224] II. Th. 4. H. Vom uͤberbliebenen Recht feſten Lande liegen, haben eigenthuͤm- lich gemacht werden koͤnnen (§. 302.). §. 304. Weil das Recht zum Gebrauch der natuͤrli- chen Sachen einem jeden Menſchen von Na- tur zukommt (§. 186.), und das Geſetz der Natur uns auch ein Recht zum nothwendigen Gebrauch der durch Fleiß und Kunſt erhalte- nen giebt (§. 188.), welches niemand genom- men werden kann (§. 74.); ſo hat auch durch die Einfuͤhrung des Eigen- thums niemanden der nothwendige Ge- brauch der Sachen gaͤntzlich benommen werden koͤnnen; folglich hat das Eigen- thum nicht anders eingefuͤhrt werden koͤnnen, als mit dieſer Einſchraͤnckung, die ſich vor ſich verſtehet (ſtillſchweigen- den, tacita); daß, wenn es ſich in ei- nem vorkommenden Falle zutruͤge, daß einem gaͤntzlich der Gebrauch der noth- wendigen Sachen genommen wuͤrde, er ein Recht zu denen eigenthuͤmlichen habe. Naͤmlich das Eigenthum iſt nicht deswegen eingefuͤhrt worden, daß jemanden gaͤntzlich der nothwendige Gebrauch der Sa- chen ſollte benommen werden; ſondern daß alle ſich deſto beſſer des Vortheils von demſel- ben zu erfreuen haben moͤchten (§. 194.). §. 305. Wenn alſo jemanden gantz und gar die nothwendigen Sachen zu ſeinem Gebrauch fehlen, und es nicht in ſei- nem

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/224>, abgerufen am 26.11.2024.