nes ein durchgängiges Licht gewähret. Es ist zwar nicht möglich gewesen, in der Aus- wickelung der Gründe, so wie es die Stren- ge des Beweises erfordert, und wie ich es in dem grössern Wercke geleistet habe, aus- führliche Beweise zu geben, als welche mein gegenwärtiges Vorhaben nicht ver- stattet hat; allein dies hindert nicht, daß man nicht von allen und jeden die ächten Gründe, welche für die hinlänglich sind, deren Augen das helleste Licht noch nicht vertragen können, zu erkennen im Stande wäre. Denn es ist nicht allen, ja gar kei- nem gleich vom ersten Anfang an gegeben, das Sonnenlicht nach Adler Art anzuse- hen; sondern vorerst tappet ein jeder bey dem hellen Mittage im Dunckeln. Nach und nach aber, wenn das Licht der Seele zunimmt, wie es also die Gewohnheit der Natur mit sich bringt, verlangen diejeni- gen noch ein größres, welche vorher mey- neten gäntzlich im Hellen zu wandeln, und so geschieht es endlich, daß sie sich nach dem, wovor ihnen vorhin eckelte, nun be- gierig sehnen, und ihnen nichts anders Ge- nüge thut als Beweise, welche Nachah- mungen der Euclideischen sind. Daraus
wird
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Vorrede.
nes ein durchgaͤngiges Licht gewaͤhret. Es iſt zwar nicht moͤglich geweſen, in der Aus- wickelung der Gruͤnde, ſo wie es die Stren- ge des Beweiſes erfordert, und wie ich es in dem groͤſſern Wercke geleiſtet habe, aus- fuͤhrliche Beweiſe zu geben, als welche mein gegenwaͤrtiges Vorhaben nicht ver- ſtattet hat; allein dies hindert nicht, daß man nicht von allen und jeden die aͤchten Gruͤnde, welche fuͤr die hinlaͤnglich ſind, deren Augen das helleſte Licht noch nicht vertragen koͤnnen, zu erkennen im Stande waͤre. Denn es iſt nicht allen, ja gar kei- nem gleich vom erſten Anfang an gegeben, das Sonnenlicht nach Adler Art anzuſe- hen; ſondern vorerſt tappet ein jeder bey dem hellen Mittage im Dunckeln. Nach und nach aber, wenn das Licht der Seele zunimmt, wie es alſo die Gewohnheit der Natur mit ſich bringt, verlangen diejeni- gen noch ein groͤßres, welche vorher mey- neten gaͤntzlich im Hellen zu wandeln, und ſo geſchieht es endlich, daß ſie ſich nach dem, wovor ihnen vorhin eckelte, nun be- gierig ſehnen, und ihnen nichts anders Ge- nuͤge thut als Beweiſe, welche Nachah- mungen der Euclideiſchen ſind. Daraus
wird
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[0021]
Vorrede.
nes ein durchgaͤngiges Licht gewaͤhret. Es
iſt zwar nicht moͤglich geweſen, in der Aus-
wickelung der Gruͤnde, ſo wie es die Stren-
ge des Beweiſes erfordert, und wie ich es
in dem groͤſſern Wercke geleiſtet habe, aus-
fuͤhrliche Beweiſe zu geben, als welche
mein gegenwaͤrtiges Vorhaben nicht ver-
ſtattet hat; allein dies hindert nicht, daß
man nicht von allen und jeden die aͤchten
Gruͤnde, welche fuͤr die hinlaͤnglich ſind,
deren Augen das helleſte Licht noch nicht
vertragen koͤnnen, zu erkennen im Stande
waͤre. Denn es iſt nicht allen, ja gar kei-
nem gleich vom erſten Anfang an gegeben,
das Sonnenlicht nach Adler Art anzuſe-
hen; ſondern vorerſt tappet ein jeder bey
dem hellen Mittage im Dunckeln. Nach
und nach aber, wenn das Licht der Seele
zunimmt, wie es alſo die Gewohnheit der
Natur mit ſich bringt, verlangen diejeni-
gen noch ein groͤßres, welche vorher mey-
neten gaͤntzlich im Hellen zu wandeln, und
ſo geſchieht es endlich, daß ſie ſich nach
dem, wovor ihnen vorhin eckelte, nun be-
gierig ſehnen, und ihnen nichts anders Ge-
nuͤge thut als Beweiſe, welche Nachah-
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/21>, abgerufen am 23.11.2024.
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