Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.Wiederholte Versuche. würde die Distribution der Säfte, wie sie zur Nu-trition erfordert wird, nicht geschehen können; ob es also gleich nicht die einzige Ursache der ganzen Distribution ist, so ist es doch eine solche Ursache, welche nothwendig mit dazu erfordert wird. Wenn nun aber das Thier formirt werden soll, so wird hierzu schon die Distribution der Säfte erfordert, wie kann diese also indessen geschehen, ehe die Ur- sachen da sind, wodurch sie im Erwachsenen zuwe- ge gebracht zu werden pflegt? Es kommen mehre- re dergleichen Fälle vor. Jm Erwachsenen wird auch zur Formation des Blutes ein Chylus erfor- dert, der in den Gedärmen zubereitet werden soll, und die Lungen scheinen auch etwas dazu beyzu- tragen. Allein im Embryo sind alle diese Theile noch nicht vorhanden, und dennoch wird Blut formiret. Es scheint also, als wenn zu denen- jenigen Verrichtungen, die nothwendig im Em- bryo auch zu der Zeit schon statt finden müssen, wenn die gewöhnliche Ursachen dieser Verrichtun- gen noch nicht vorhanden sind, indessen andere Ursachen bestimmt wären, die diese Verrichtun- gen so lange bewürken müßten, bis die rechte Ur- sachen derselben hervorgebracht wären; daß alsdann die Verrichtungen durch diese gewöhnliche Ursa- chen bewürket werden, und jene hingegen zu wür- ken aufhören! Allein so verhält sich die Sache auch noch nicht. Die ersten Ursachen der Ver- richtungen, die schon beym Embrio statt funden, hören niemahls auf zu würken; sie thun noch beym
Wiederholte Verſuche. wuͤrde die Diſtribution der Saͤfte, wie ſie zur Nu-trition erfordert wird, nicht geſchehen koͤnnen; ob es alſo gleich nicht die einzige Urſache der ganzen Diſtribution iſt, ſo iſt es doch eine ſolche Urſache, welche nothwendig mit dazu erfordert wird. Wenn nun aber das Thier formirt werden ſoll, ſo wird hierzu ſchon die Diſtribution der Saͤfte erfordert, wie kann dieſe alſo indeſſen geſchehen, ehe die Ur- ſachen da ſind, wodurch ſie im Erwachſenen zuwe- ge gebracht zu werden pflegt? Es kommen mehre- re dergleichen Faͤlle vor. Jm Erwachſenen wird auch zur Formation des Blutes ein Chylus erfor- dert, der in den Gedaͤrmen zubereitet werden ſoll, und die Lungen ſcheinen auch etwas dazu beyzu- tragen. Allein im Embryo ſind alle dieſe Theile noch nicht vorhanden, und dennoch wird Blut formiret. Es ſcheint alſo, als wenn zu denen- jenigen Verrichtungen, die nothwendig im Em- bryo auch zu der Zeit ſchon ſtatt finden muͤſſen, wenn die gewoͤhnliche Urſachen dieſer Verrichtun- gen noch nicht vorhanden ſind, indeſſen andere Urſachen beſtimmt waͤren, die dieſe Verrichtun- gen ſo lange bewuͤrken muͤßten, bis die rechte Ur- ſachen derſelben hervorgebracht waͤren; daß alsdann die Verrichtungen durch dieſe gewoͤhnliche Urſa- chen bewuͤrket werden, und jene hingegen zu wuͤr- ken aufhoͤren! Allein ſo verhaͤlt ſich die Sache auch noch nicht. Die erſten Urſachen der Ver- richtungen, die ſchon beym Embrio ſtatt funden, hoͤren niemahls auf zu wuͤrken; ſie thun noch beym
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Wiederholte Verſuche.
wuͤrde die Diſtribution der Saͤfte, wie ſie zur Nu-
trition erfordert wird, nicht geſchehen koͤnnen; ob
es alſo gleich nicht die einzige Urſache der ganzen
Diſtribution iſt, ſo iſt es doch eine ſolche Urſache,
welche nothwendig mit dazu erfordert wird. Wenn
nun aber das Thier formirt werden ſoll, ſo wird
hierzu ſchon die Diſtribution der Saͤfte erfordert,
wie kann dieſe alſo indeſſen geſchehen, ehe die Ur-
ſachen da ſind, wodurch ſie im Erwachſenen zuwe-
ge gebracht zu werden pflegt? Es kommen mehre-
re dergleichen Faͤlle vor. Jm Erwachſenen wird
auch zur Formation des Blutes ein Chylus erfor-
dert, der in den Gedaͤrmen zubereitet werden ſoll,
und die Lungen ſcheinen auch etwas dazu beyzu-
tragen. Allein im Embryo ſind alle dieſe Theile
noch nicht vorhanden, und dennoch wird Blut
formiret. Es ſcheint alſo, als wenn zu denen-
jenigen Verrichtungen, die nothwendig im Em-
bryo auch zu der Zeit ſchon ſtatt finden muͤſſen,
wenn die gewoͤhnliche Urſachen dieſer Verrichtun-
gen noch nicht vorhanden ſind, indeſſen andere
Urſachen beſtimmt waͤren, die dieſe Verrichtun-
gen ſo lange bewuͤrken muͤßten, bis die rechte Ur-
ſachen derſelben hervorgebracht waͤren; daß alsdann
die Verrichtungen durch dieſe gewoͤhnliche Urſa-
chen bewuͤrket werden, und jene hingegen zu wuͤr-
ken aufhoͤren! Allein ſo verhaͤlt ſich die Sache
auch noch nicht. Die erſten Urſachen der Ver-
richtungen, die ſchon beym Embrio ſtatt funden,
hoͤren niemahls auf zu wuͤrken; ſie thun noch
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