Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

3. Kap. Von der Entstehungsart
Gefäße der
Pflanzen
nicht rami-
ficirt sind.
Weite ausdehnen lassen, alsdann
aber nicht weiter nutrirt werden, und
nicht größer wachsen können, können
eben deswegen auch nicht ramificirt
werden. Es sey ein Blatt, worinn sich noch kei-
ne Gefäße befinden; im Stiele desselben aber sind
die Gefäße, die dem Blatte die Nahrungssäfte
geben, welche sich durch seine Substanz gleich-
mäßig ausbreiten, in einer gewißen Anzahl.
Nunmehro soll das Blatt wachsen, und folglich
mehrere Säfte nöthig haben; es würden also,
wenn die Substanz des Blattes und des Stieles
eine thierische Substanz wäre, in dem Blatte neue
Gefäße entstehen, deren Weite oder Oeffnung zu-
sammen genommen, weiter wären, als vorhin
die Oeffnung der Gefäße im Stiele gewesen sind,
weil jetzo mehr Säfte in die Substanz des Blat-
tes geführt werden sollen; sie würden ferner alle
aus den alten Gefäßen des Stieles entstehn; al-
lein diese würden deswegen nun auch um so viel
weiter geworden seyn, so viel das Blatt mehr Säf-
te haben muß. Da aber diese alte Gefäße des
Stiels nicht erweitert werden können, und das
Blatt doch mehr Säfte erfordert, so müssen noth-
wendig zwischen den alten Gefäßen des Stieles
neue Gefäße entstehen, die denjenigen Theil der
Säfte hinzu setzen, der im Blatte noch erfordert
wird; und folglich werden also von denen Gefäs-
sen, die im Blatte formirt werden sollen, so viele
aus den alten Gefäßen des Stieles entstehen, als
alte Gefäße im Stiele vorhanden gewesen sind,

die

3. Kap. Von der Entſtehungsart
Gefaͤße der
Pflanzen
nicht rami-
ficirt ſind.
Weite ausdehnen laſſen, alsdann
aber nicht weiter nutrirt werden, und
nicht groͤßer wachſen koͤnnen, koͤnnen
eben deswegen auch nicht ramificirt
werden. Es ſey ein Blatt, worinn ſich noch kei-
ne Gefaͤße befinden; im Stiele deſſelben aber ſind
die Gefaͤße, die dem Blatte die Nahrungsſaͤfte
geben, welche ſich durch ſeine Subſtanz gleich-
maͤßig ausbreiten, in einer gewißen Anzahl.
Nunmehro ſoll das Blatt wachſen, und folglich
mehrere Saͤfte noͤthig haben; es wuͤrden alſo,
wenn die Subſtanz des Blattes und des Stieles
eine thieriſche Subſtanz waͤre, in dem Blatte neue
Gefaͤße entſtehen, deren Weite oder Oeffnung zu-
ſammen genommen, weiter waͤren, als vorhin
die Oeffnung der Gefaͤße im Stiele geweſen ſind,
weil jetzo mehr Saͤfte in die Subſtanz des Blat-
tes gefuͤhrt werden ſollen; ſie wuͤrden ferner alle
aus den alten Gefaͤßen des Stieles entſtehn; al-
lein dieſe wuͤrden deswegen nun auch um ſo viel
weiter geworden ſeyn, ſo viel das Blatt mehr Saͤf-
te haben muß. Da aber dieſe alte Gefaͤße des
Stiels nicht erweitert werden koͤnnen, und das
Blatt doch mehr Saͤfte erfordert, ſo muͤſſen noth-
wendig zwiſchen den alten Gefaͤßen des Stieles
neue Gefaͤße entſtehen, die denjenigen Theil der
Saͤfte hinzu ſetzen, der im Blatte noch erfordert
wird; und folglich werden alſo von denen Gefaͤſ-
ſen, die im Blatte formirt werden ſollen, ſo viele
aus den alten Gefaͤßen des Stieles entſtehen, als
alte Gefaͤße im Stiele vorhanden geweſen ſind,

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0202" n="180"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">3. Kap. Von der Ent&#x017F;tehungsart</hi></fw><lb/><note place="left">Gefa&#x0364;ße der<lb/>
Pflanzen<lb/>
nicht rami-<lb/>
ficirt &#x017F;ind.</note>Weite ausdehnen la&#x017F;&#x017F;en, alsdann<lb/>
aber nicht weiter nutrirt werden, und<lb/>
nicht gro&#x0364;ßer wach&#x017F;en ko&#x0364;nnen, ko&#x0364;nnen<lb/>
eben deswegen auch nicht ramificirt<lb/>
werden. Es &#x017F;ey ein Blatt, worinn &#x017F;ich noch kei-<lb/>
ne Gefa&#x0364;ße befinden; im Stiele de&#x017F;&#x017F;elben aber &#x017F;ind<lb/>
die Gefa&#x0364;ße, die dem Blatte die Nahrungs&#x017F;a&#x0364;fte<lb/>
geben, welche &#x017F;ich durch &#x017F;eine Sub&#x017F;tanz gleich-<lb/>
ma&#x0364;ßig ausbreiten, in einer gewißen Anzahl.<lb/>
Nunmehro &#x017F;oll das Blatt wach&#x017F;en, und folglich<lb/>
mehrere Sa&#x0364;fte no&#x0364;thig haben; es wu&#x0364;rden al&#x017F;o,<lb/>
wenn die Sub&#x017F;tanz des Blattes und des Stieles<lb/>
eine thieri&#x017F;che Sub&#x017F;tanz wa&#x0364;re, in dem Blatte neue<lb/>
Gefa&#x0364;ße ent&#x017F;tehen, deren Weite oder Oeffnung zu-<lb/>
&#x017F;ammen genommen, weiter wa&#x0364;ren, als vorhin<lb/>
die Oeffnung der Gefa&#x0364;ße im Stiele gewe&#x017F;en &#x017F;ind,<lb/>
weil jetzo mehr Sa&#x0364;fte in die Sub&#x017F;tanz des Blat-<lb/>
tes gefu&#x0364;hrt werden &#x017F;ollen; &#x017F;ie wu&#x0364;rden ferner alle<lb/>
aus den alten Gefa&#x0364;ßen des Stieles ent&#x017F;tehn; al-<lb/>
lein die&#x017F;e wu&#x0364;rden deswegen nun auch um &#x017F;o viel<lb/>
weiter geworden &#x017F;eyn, &#x017F;o viel das Blatt mehr Sa&#x0364;f-<lb/>
te haben muß. Da aber die&#x017F;e alte Gefa&#x0364;ße des<lb/>
Stiels nicht erweitert werden ko&#x0364;nnen, und das<lb/>
Blatt doch mehr Sa&#x0364;fte erfordert, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en noth-<lb/>
wendig zwi&#x017F;chen den alten Gefa&#x0364;ßen des Stieles<lb/>
neue Gefa&#x0364;ße ent&#x017F;tehen, die denjenigen Theil der<lb/>
Sa&#x0364;fte hinzu &#x017F;etzen, der im Blatte noch erfordert<lb/>
wird; und folglich werden al&#x017F;o von denen Gefa&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, die im Blatte formirt werden &#x017F;ollen, &#x017F;o viele<lb/>
aus den alten Gefa&#x0364;ßen des Stieles ent&#x017F;tehen, als<lb/>
alte Gefa&#x0364;ße im Stiele vorhanden gewe&#x017F;en &#x017F;ind,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0202] 3. Kap. Von der Entſtehungsart Weite ausdehnen laſſen, alsdann aber nicht weiter nutrirt werden, und nicht groͤßer wachſen koͤnnen, koͤnnen eben deswegen auch nicht ramificirt werden. Es ſey ein Blatt, worinn ſich noch kei- ne Gefaͤße befinden; im Stiele deſſelben aber ſind die Gefaͤße, die dem Blatte die Nahrungsſaͤfte geben, welche ſich durch ſeine Subſtanz gleich- maͤßig ausbreiten, in einer gewißen Anzahl. Nunmehro ſoll das Blatt wachſen, und folglich mehrere Saͤfte noͤthig haben; es wuͤrden alſo, wenn die Subſtanz des Blattes und des Stieles eine thieriſche Subſtanz waͤre, in dem Blatte neue Gefaͤße entſtehen, deren Weite oder Oeffnung zu- ſammen genommen, weiter waͤren, als vorhin die Oeffnung der Gefaͤße im Stiele geweſen ſind, weil jetzo mehr Saͤfte in die Subſtanz des Blat- tes gefuͤhrt werden ſollen; ſie wuͤrden ferner alle aus den alten Gefaͤßen des Stieles entſtehn; al- lein dieſe wuͤrden deswegen nun auch um ſo viel weiter geworden ſeyn, ſo viel das Blatt mehr Saͤf- te haben muß. Da aber dieſe alte Gefaͤße des Stiels nicht erweitert werden koͤnnen, und das Blatt doch mehr Saͤfte erfordert, ſo muͤſſen noth- wendig zwiſchen den alten Gefaͤßen des Stieles neue Gefaͤße entſtehen, die denjenigen Theil der Saͤfte hinzu ſetzen, der im Blatte noch erfordert wird; und folglich werden alſo von denen Gefaͤſ- ſen, die im Blatte formirt werden ſollen, ſo viele aus den alten Gefaͤßen des Stieles entſtehen, als alte Gefaͤße im Stiele vorhanden geweſen ſind, die Gefaͤße der Pflanzen nicht rami- ficirt ſind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/202
Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/202>, abgerufen am 23.11.2024.