Klassen kommen, als diejenigen, von denen man voraus sieht, daß sie auf eine andere Art werden producirt werden.
§. 3.
Es ist nemlich bekannt, daß man aus ver- schiedenen Dingen verschiedene Gattungen und Ar- ten machen kann, nachdem man verschiedene Ei- genschaften von ihnen zum Grunde der Einthei- lung legt. Auf diese Art sind die verschiedene Sy- steme in der Botanick entstanden. Jn der Ana- tomie und Physiologie beurtheilt man die Theile nach ihren Verrichtungen und nach dem Endzweck, wozu sie bestimmt sind; daher ist eine Leber z. E. ein ganz anderes Ding als eine Niere, weil in je- ner Galle in dieser aber Urin abgesondert wird, und weil jene zur Digestion unentbehrlich erfordert wird, diese aber nichts dazu beyträgt. Da aber diese Verrichtungen ganz und gar nicht von der innern Strucktur, wie man glaubt, und noch weniger von ihrer Figur, sondern von andern Umständen dependiren, die in die Formation der Theile kei- nen Einfluß haben; so daß z. E. in einer Glan- dula conglomerata Milch, in der andern Spei- chel abgesondert werden kann, obgleich die Struck- tur dieser Glandeln völlig einerley ist; so ist hier- aus klar, daß jene Eintheilung, die wir hier nö- thig haben, von der anatomischen Eintheilung ganz verschieden seyn wird. Sie müssen sich daher nicht wundern, wenn Sie hier von ganz andern Arten der Theile reden hören, als Sie bishero gehört haben. Wir müssen hier den Körper in einer andern Ab-
sicht
des organiſchen Koͤrpers ꝛc.
Klaſſen kommen, als diejenigen, von denen man voraus ſieht, daß ſie auf eine andere Art werden producirt werden.
§. 3.
Es iſt nemlich bekannt, daß man aus ver- ſchiedenen Dingen verſchiedene Gattungen und Ar- ten machen kann, nachdem man verſchiedene Ei- genſchaften von ihnen zum Grunde der Einthei- lung legt. Auf dieſe Art ſind die verſchiedene Sy- ſteme in der Botanick entſtanden. Jn der Ana- tomie und Phyſiologie beurtheilt man die Theile nach ihren Verrichtungen und nach dem Endzweck, wozu ſie beſtimmt ſind; daher iſt eine Leber z. E. ein ganz anderes Ding als eine Niere, weil in je- ner Galle in dieſer aber Urin abgeſondert wird, und weil jene zur Digeſtion unentbehrlich erfordert wird, dieſe aber nichts dazu beytraͤgt. Da aber dieſe Verrichtungen ganz und gar nicht von der innern Strucktur, wie man glaubt, und noch weniger von ihrer Figur, ſondern von andern Umſtaͤnden dependiren, die in die Formation der Theile kei- nen Einfluß haben; ſo daß z. E. in einer Glan- dula conglomerata Milch, in der andern Spei- chel abgeſondert werden kann, obgleich die Struck- tur dieſer Glandeln voͤllig einerley iſt; ſo iſt hier- aus klar, daß jene Eintheilung, die wir hier noͤ- thig haben, von der anatomiſchen Eintheilung ganz verſchieden ſeyn wird. Sie muͤſſen ſich daher nicht wundern, wenn Sie hier von ganz andern Arten der Theile reden hoͤren, als Sie bishero gehoͤrt haben. Wir muͤſſen hier den Koͤrper in einer andern Ab-
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des organiſchen Koͤrpers ꝛc.
Klaſſen kommen, als diejenigen, von denen man
voraus ſieht, daß ſie auf eine andere Art werden
producirt werden.
§. 3.
Es iſt nemlich bekannt, daß man aus ver-
ſchiedenen Dingen verſchiedene Gattungen und Ar-
ten machen kann, nachdem man verſchiedene Ei-
genſchaften von ihnen zum Grunde der Einthei-
lung legt. Auf dieſe Art ſind die verſchiedene Sy-
ſteme in der Botanick entſtanden. Jn der Ana-
tomie und Phyſiologie beurtheilt man die Theile
nach ihren Verrichtungen und nach dem Endzweck,
wozu ſie beſtimmt ſind; daher iſt eine Leber z. E.
ein ganz anderes Ding als eine Niere, weil in je-
ner Galle in dieſer aber Urin abgeſondert wird, und
weil jene zur Digeſtion unentbehrlich erfordert wird,
dieſe aber nichts dazu beytraͤgt. Da aber dieſe
Verrichtungen ganz und gar nicht von der innern
Strucktur, wie man glaubt, und noch weniger
von ihrer Figur, ſondern von andern Umſtaͤnden
dependiren, die in die Formation der Theile kei-
nen Einfluß haben; ſo daß z. E. in einer Glan-
dula conglomerata Milch, in der andern Spei-
chel abgeſondert werden kann, obgleich die Struck-
tur dieſer Glandeln voͤllig einerley iſt; ſo iſt hier-
aus klar, daß jene Eintheilung, die wir hier noͤ-
thig haben, von der anatomiſchen Eintheilung ganz
verſchieden ſeyn wird. Sie muͤſſen ſich daher nicht
wundern, wenn Sie hier von ganz andern Arten
der Theile reden hoͤren, als Sie bishero gehoͤrt haben.
Wir muͤſſen hier den Koͤrper in einer andern Ab-
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Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/165>, abgerufen am 03.03.2025.
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