Wenn ich diesen Satz als ein Axiom ge- braucht hätte, und nichts wider die Gründe des Herren von Hallers einzuwenden wüste, so wä- re mein System eine Chimäre. Hätte ich ihn hingegen als ein Theorem gebraucht, so würde es darauf ankommen, ob der Hr. von Haller würk- lich meine Beweise vor diesem Satz, zum Exem- pel den von der allemahl statt findenden Sichtbar- keit der Kügelchen, woraus alle Theile des Em- bryo ohne Ausnahme zusammen gesetzt sind (man sehe hievon zum Exempel in der Dissertation das Herz in der 9ten Figur bey c) umgestoßen hätte, welches nicht geschehen ist, und ob ich nicht fer- ner noch durch andere Beweise ihn bekräftigen könnte. Wenn ich aber diesen Satz gar nicht als einen Grundsatz gebraucht, sondern nur beyläufig von ihm in dem angezeigten Scholio gesprochen habe, so liegt auch gar nichts daran, er mag so wahr oder so falsch seyn als er wolle.
Daß ich diesen Satz vors erste nicht als Axiom gebraucht habe, dieses erhellet schon dar- aus, weil ich, indem ich auch nur davon zu spre- chen Gelegenheit nahm, die Beweisgründe schon beygefügt habe, wie der Herr von Haller selbst, seiner gewöhnlichen Aufrichtigkeit nach, einige derselben auch in der Recension mit angeführt hat. Also vor der Chimäre wäre ich vors erste schon sicher.
Bey der Frage ob ich mich des Satzes als eines noch zu beweisenden Grundsatzes bedienet
habe,
Aufloͤſung der Schwierigkeiten,
Wenn ich dieſen Satz als ein Axiom ge- braucht haͤtte, und nichts wider die Gruͤnde des Herren von Hallers einzuwenden wuͤſte, ſo waͤ- re mein Syſtem eine Chimaͤre. Haͤtte ich ihn hingegen als ein Theorem gebraucht, ſo wuͤrde es darauf ankommen, ob der Hr. von Haller wuͤrk- lich meine Beweiſe vor dieſem Satz, zum Exem- pel den von der allemahl ſtatt findenden Sichtbar- keit der Kuͤgelchen, woraus alle Theile des Em- bryo ohne Ausnahme zuſammen geſetzt ſind (man ſehe hievon zum Exempel in der Diſſertation das Herz in der 9ten Figur bey c) umgeſtoßen haͤtte, welches nicht geſchehen iſt, und ob ich nicht fer- ner noch durch andere Beweiſe ihn bekraͤftigen koͤnnte. Wenn ich aber dieſen Satz gar nicht als einen Grundſatz gebraucht, ſondern nur beylaͤufig von ihm in dem angezeigten Scholio geſprochen habe, ſo liegt auch gar nichts daran, er mag ſo wahr oder ſo falſch ſeyn als er wolle.
Daß ich dieſen Satz vors erſte nicht als Axiom gebraucht habe, dieſes erhellet ſchon dar- aus, weil ich, indem ich auch nur davon zu ſpre- chen Gelegenheit nahm, die Beweisgruͤnde ſchon beygefuͤgt habe, wie der Herr von Haller ſelbſt, ſeiner gewoͤhnlichen Aufrichtigkeit nach, einige derſelben auch in der Recenſion mit angefuͤhrt hat. Alſo vor der Chimaͤre waͤre ich vors erſte ſchon ſicher.
Bey der Frage ob ich mich des Satzes als eines noch zu beweiſenden Grundſatzes bedienet
habe,
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Aufloͤſung der Schwierigkeiten,
Wenn ich dieſen Satz als ein Axiom ge-
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Herren von Hallers einzuwenden wuͤſte, ſo waͤ-
re mein Syſtem eine Chimaͤre. Haͤtte ich ihn
hingegen als ein Theorem gebraucht, ſo wuͤrde es
darauf ankommen, ob der Hr. von Haller wuͤrk-
lich meine Beweiſe vor dieſem Satz, zum Exem-
pel den von der allemahl ſtatt findenden Sichtbar-
keit der Kuͤgelchen, woraus alle Theile des Em-
bryo ohne Ausnahme zuſammen geſetzt ſind (man
ſehe hievon zum Exempel in der Diſſertation das
Herz in der 9ten Figur bey c) umgeſtoßen haͤtte,
welches nicht geſchehen iſt, und ob ich nicht fer-
ner noch durch andere Beweiſe ihn bekraͤftigen
koͤnnte. Wenn ich aber dieſen Satz gar nicht als
einen Grundſatz gebraucht, ſondern nur beylaͤufig
von ihm in dem angezeigten Scholio geſprochen
habe, ſo liegt auch gar nichts daran, er mag ſo
wahr oder ſo falſch ſeyn als er wolle.
Daß ich dieſen Satz vors erſte nicht als
Axiom gebraucht habe, dieſes erhellet ſchon dar-
aus, weil ich, indem ich auch nur davon zu ſpre-
chen Gelegenheit nahm, die Beweisgruͤnde ſchon
beygefuͤgt habe, wie der Herr von Haller ſelbſt,
ſeiner gewoͤhnlichen Aufrichtigkeit nach, einige
derſelben auch in der Recenſion mit angefuͤhrt
hat. Alſo vor der Chimaͤre waͤre ich vors erſte
ſchon ſicher.
Bey der Frage ob ich mich des Satzes als
eines noch zu beweiſenden Grundſatzes bedienet
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Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/100>, abgerufen am 27.07.2024.
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