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F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Sternheim hätte heirathen können, wenn du mir unbekannt gewesen, bleibt unausgemacht, denn ich habe nie darüber nachgedacht und kann nur versichern, daß mein Herz ihm ein gutes Loos vom Himmel erflehen möchte. Sieh nicht so finster aus; warum darf ich nicht äußern, was so ganz natürlich ist? Bedenkst du nie, wie ungerecht du immer gegen mich gewesen? Meine Thränen folgten deiner Abreise; mit Entzücken, mit Frohlocken würde ich deine unerwartete Rückkehr begrüßen, wenn deine Kälte, deine Härte es mir nicht zur Unmöglichkeit machten. Ich weiß, daß du im Innersten der Seele nicht an mir zweifelst, mein Herz sagt es mir, warum denn willst du dich, mich quälen, so nutz- und grundlos? Wann ließ ich deine Bitten unerhört, wann kam ich nicht dem Worte zuvor und vergab dem Blicke? -- R.'s Miene blieb finster: Wenn ich dir jemals zu verzeihen gehabt hätte, was du mir vergeben hast, so wären wir längst geschieden; in solcher Beziehung kann von keiner Gleichstellung die Rede sein. Meine Rückkehr ist das Werk einer mir zugekommenen, ernstlichen Warnung. Steinberg schrieb an mich, wie höchst wahrscheinlich ein bedeutender Nebenbuhler in Sternheim mir erwachse. Der Augenschein hat mich von der Richtigkeit seiner Ansicht überzeugt, ich bin jetzt ganz mit mir einig. Ich kann die Fesseln nicht mehr tragen, die früher mein Stolz waren. Meine Frau muß in meinen eignen Augen über jeden Tadel, über jeden Argwohn

Sternheim hätte heirathen können, wenn du mir unbekannt gewesen, bleibt unausgemacht, denn ich habe nie darüber nachgedacht und kann nur versichern, daß mein Herz ihm ein gutes Loos vom Himmel erflehen möchte. Sieh nicht so finster aus; warum darf ich nicht äußern, was so ganz natürlich ist? Bedenkst du nie, wie ungerecht du immer gegen mich gewesen? Meine Thränen folgten deiner Abreise; mit Entzücken, mit Frohlocken würde ich deine unerwartete Rückkehr begrüßen, wenn deine Kälte, deine Härte es mir nicht zur Unmöglichkeit machten. Ich weiß, daß du im Innersten der Seele nicht an mir zweifelst, mein Herz sagt es mir, warum denn willst du dich, mich quälen, so nutz- und grundlos? Wann ließ ich deine Bitten unerhört, wann kam ich nicht dem Worte zuvor und vergab dem Blicke? — R.'s Miene blieb finster: Wenn ich dir jemals zu verzeihen gehabt hätte, was du mir vergeben hast, so wären wir längst geschieden; in solcher Beziehung kann von keiner Gleichstellung die Rede sein. Meine Rückkehr ist das Werk einer mir zugekommenen, ernstlichen Warnung. Steinberg schrieb an mich, wie höchst wahrscheinlich ein bedeutender Nebenbuhler in Sternheim mir erwachse. Der Augenschein hat mich von der Richtigkeit seiner Ansicht überzeugt, ich bin jetzt ganz mit mir einig. Ich kann die Fesseln nicht mehr tragen, die früher mein Stolz waren. Meine Frau muß in meinen eignen Augen über jeden Tadel, über jeden Argwohn

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Sternheim hätte heirathen können, wenn du mir unbekannt      gewesen, bleibt unausgemacht, denn ich habe nie darüber nachgedacht und kann nur versichern,      daß mein Herz ihm ein gutes Loos vom Himmel erflehen möchte. Sieh nicht so finster aus; warum      darf ich nicht äußern, was so ganz natürlich ist? Bedenkst du nie, wie ungerecht du immer gegen      mich gewesen? Meine Thränen folgten deiner Abreise; mit Entzücken, mit Frohlocken würde ich      deine unerwartete Rückkehr begrüßen, wenn deine Kälte, deine Härte es mir nicht zur      Unmöglichkeit machten. Ich weiß, daß du im Innersten der Seele nicht an mir zweifelst, mein      Herz sagt es mir, warum denn willst du dich, mich quälen, so nutz- und grundlos? Wann ließ ich      deine Bitten unerhört, wann kam ich nicht dem Worte zuvor und vergab dem Blicke? &#x2014; R.'s Miene      blieb finster: Wenn ich dir jemals zu verzeihen gehabt hätte, was du mir vergeben hast, so      wären wir längst geschieden; in solcher Beziehung kann von keiner Gleichstellung die Rede sein.      Meine Rückkehr ist das Werk einer mir zugekommenen, ernstlichen Warnung. Steinberg schrieb an      mich, wie höchst wahrscheinlich ein bedeutender Nebenbuhler in Sternheim mir erwachse. Der      Augenschein hat mich von der Richtigkeit seiner Ansicht überzeugt, ich bin jetzt ganz mit mir      einig. Ich kann die Fesseln nicht mehr tragen, die früher mein Stolz waren. Meine Frau muß in      meinen eignen Augen über jeden Tadel, über jeden Argwohn<lb/></p>
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[0080] Sternheim hätte heirathen können, wenn du mir unbekannt gewesen, bleibt unausgemacht, denn ich habe nie darüber nachgedacht und kann nur versichern, daß mein Herz ihm ein gutes Loos vom Himmel erflehen möchte. Sieh nicht so finster aus; warum darf ich nicht äußern, was so ganz natürlich ist? Bedenkst du nie, wie ungerecht du immer gegen mich gewesen? Meine Thränen folgten deiner Abreise; mit Entzücken, mit Frohlocken würde ich deine unerwartete Rückkehr begrüßen, wenn deine Kälte, deine Härte es mir nicht zur Unmöglichkeit machten. Ich weiß, daß du im Innersten der Seele nicht an mir zweifelst, mein Herz sagt es mir, warum denn willst du dich, mich quälen, so nutz- und grundlos? Wann ließ ich deine Bitten unerhört, wann kam ich nicht dem Worte zuvor und vergab dem Blicke? — R.'s Miene blieb finster: Wenn ich dir jemals zu verzeihen gehabt hätte, was du mir vergeben hast, so wären wir längst geschieden; in solcher Beziehung kann von keiner Gleichstellung die Rede sein. Meine Rückkehr ist das Werk einer mir zugekommenen, ernstlichen Warnung. Steinberg schrieb an mich, wie höchst wahrscheinlich ein bedeutender Nebenbuhler in Sternheim mir erwachse. Der Augenschein hat mich von der Richtigkeit seiner Ansicht überzeugt, ich bin jetzt ganz mit mir einig. Ich kann die Fesseln nicht mehr tragen, die früher mein Stolz waren. Meine Frau muß in meinen eignen Augen über jeden Tadel, über jeden Argwohn

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:52:17Z)

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Zitationshilfe: F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_selbstsucht_1910/80>, abgerufen am 21.11.2024.