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F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Einrichtungen und Umwälzungen denkt eben Niemand. Ein wahrhaft geistig befähigter Mensch steht in meinem Vaterlande vereinzelt, gleich der Palme, die in dem ihr nicht zusagenden Boden das Leben fristet, ohne frisch und kräftig die ganze Fülle der innern Natur zu entwickeln. Sie heißt noch Palme, ohne es zu sein, ihr kümmerliches Dasein giebt eine schwache Vorstellung dessen, was sie unter günstigen Verhältnissen hätte werden können. Alles ist hier großartig, selbst die Sorglosigkeit, mit welcher man sich um das Zusammenrotten von Tausenden nicht kümmert, indessen zwanzig exaltirte Köpfe hinreichen, ganz Deutschland in Bewegung zu bringen. Freilich hat hier auch die Emeute einen andern Charakter, sie ist ganz volkstümlich, roh, kräftig, zerstörend, aber ohne feinere und tiefer demoralisirende Zwecke. --

Ueber die Dauer meines hiesigen Aufenthaltes ist noch nichts ausgemacht, es kann sein, daß ich die Hochlande und Irland bereise, möglich wäre aber auch ein ungesäumtes Aufbrechen nach Italien, wohin doch eigentlich ein innerer Sinn mich zu ziehen scheint. -- Durch Steinberg's Empfehlung, der früher lange in England reifte, bin ich mit verschiedenen angesehenen und vornehmen Familien bekannt geworden, namentlich in dem Hause Mr. Wards, eines vortrefflich gebildeten Mannes. Er hat zwei Töchter, welche, reizend und einnehmend, an dich, an Emmy erinnern. Auch hier ist die jüngere blond, auch sie hat den ganzen Frohsinn unbefangener

Einrichtungen und Umwälzungen denkt eben Niemand. Ein wahrhaft geistig befähigter Mensch steht in meinem Vaterlande vereinzelt, gleich der Palme, die in dem ihr nicht zusagenden Boden das Leben fristet, ohne frisch und kräftig die ganze Fülle der innern Natur zu entwickeln. Sie heißt noch Palme, ohne es zu sein, ihr kümmerliches Dasein giebt eine schwache Vorstellung dessen, was sie unter günstigen Verhältnissen hätte werden können. Alles ist hier großartig, selbst die Sorglosigkeit, mit welcher man sich um das Zusammenrotten von Tausenden nicht kümmert, indessen zwanzig exaltirte Köpfe hinreichen, ganz Deutschland in Bewegung zu bringen. Freilich hat hier auch die Emeute einen andern Charakter, sie ist ganz volkstümlich, roh, kräftig, zerstörend, aber ohne feinere und tiefer demoralisirende Zwecke. —

Ueber die Dauer meines hiesigen Aufenthaltes ist noch nichts ausgemacht, es kann sein, daß ich die Hochlande und Irland bereise, möglich wäre aber auch ein ungesäumtes Aufbrechen nach Italien, wohin doch eigentlich ein innerer Sinn mich zu ziehen scheint. — Durch Steinberg's Empfehlung, der früher lange in England reifte, bin ich mit verschiedenen angesehenen und vornehmen Familien bekannt geworden, namentlich in dem Hause Mr. Wards, eines vortrefflich gebildeten Mannes. Er hat zwei Töchter, welche, reizend und einnehmend, an dich, an Emmy erinnern. Auch hier ist die jüngere blond, auch sie hat den ganzen Frohsinn unbefangener

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[0066] Einrichtungen und Umwälzungen denkt eben Niemand. Ein wahrhaft geistig befähigter Mensch steht in meinem Vaterlande vereinzelt, gleich der Palme, die in dem ihr nicht zusagenden Boden das Leben fristet, ohne frisch und kräftig die ganze Fülle der innern Natur zu entwickeln. Sie heißt noch Palme, ohne es zu sein, ihr kümmerliches Dasein giebt eine schwache Vorstellung dessen, was sie unter günstigen Verhältnissen hätte werden können. Alles ist hier großartig, selbst die Sorglosigkeit, mit welcher man sich um das Zusammenrotten von Tausenden nicht kümmert, indessen zwanzig exaltirte Köpfe hinreichen, ganz Deutschland in Bewegung zu bringen. Freilich hat hier auch die Emeute einen andern Charakter, sie ist ganz volkstümlich, roh, kräftig, zerstörend, aber ohne feinere und tiefer demoralisirende Zwecke. — Ueber die Dauer meines hiesigen Aufenthaltes ist noch nichts ausgemacht, es kann sein, daß ich die Hochlande und Irland bereise, möglich wäre aber auch ein ungesäumtes Aufbrechen nach Italien, wohin doch eigentlich ein innerer Sinn mich zu ziehen scheint. — Durch Steinberg's Empfehlung, der früher lange in England reifte, bin ich mit verschiedenen angesehenen und vornehmen Familien bekannt geworden, namentlich in dem Hause Mr. Wards, eines vortrefflich gebildeten Mannes. Er hat zwei Töchter, welche, reizend und einnehmend, an dich, an Emmy erinnern. Auch hier ist die jüngere blond, auch sie hat den ganzen Frohsinn unbefangener

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:52:17Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_selbstsucht_1910/66>, abgerufen am 21.11.2024.