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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

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die dem Helden- und Herrschertum entnommen sind. Vergleichen wir, pwo_043.002
welche Bilder Rousseau von seinem Aufenthalt auf der Jnsel St. Pierre pwo_043.003
entrollt: "Der erhabene und hinreißende Anblick des Sees und pwo_043.004
seiner Ufer, gekrönt von nahen Bergen" &c., ebenso Lamartine: pwo_043.005
"dort die einsame Eiche, von welcher der Felsen gekrönt ist". Lesen pwo_043.006
wir in demselben Gedicht ("Die Eiche") vom Riesen, superben Koloß pwo_043.007
u. dergl. als Sinnbild, so sind wiederum Vorstellungen des Heroenzeitalters pwo_043.008
auf heterogene Erscheinungen zu poetischen Zwecken übertragen. pwo_043.009
Auch Goethe wendet in "Willkommen und Abschied" auf die pwo_043.010
Eiche dasselbe Bild an: "ein aufgetürmter Riese". Selbst Dorothea, pwo_043.011
das landflüchtige Mädchen, wird dem Dichter zur "Heldin", und pwo_043.012
zwar in einer Lage, die das Mädchen nichts weniger als heldenhaft, pwo_043.013
vielmehr gerade weiblich hilfsbedürftig erscheinen läßt:

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"Es knackte der Fuß, sie drohte zu fallen ... pwo_043.015
Und so fühlt er die herrliche Last ..., pwo_043.016
Trug mit Mannesgefühl die Heldengröße des Weibes"
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- nämlich Hermann, als er die stolpernde Geliebte stützt, um sie pwo_043.018
vor dem Fall zu bewahren.

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Auch Schiller verwendet in ausgedehntem Maße Vorstellungen pwo_043.020
aus heroischem Bereich; von besonderer Bedeutung ist die in den pwo_043.021
"Künstlern" gebotene Charakteristik der Schönheit selbst als Majestät pwo_043.022
mit der Krone:

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"... die, eine Glorie von Orionen pwo_043.024
Ums Angesicht, in hehrer Majestät, ... pwo_043.025
Die furchtbar herrliche Urania, pwo_043.026
Mit abgelegter Feuerkrone pwo_043.027
Steht sie - als Schönheit vor uns da."
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Typischen Ausdruck für die Beziehung der Liebe zu heldenhaften pwo_043.029
Vorstellungen findet Byron, wenn er in der "Braut von Abydos" ruft:

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"Wer fühlte nicht, bis, von dem eignen Glück pwo_043.031
Geblendet, fast erblindete sein Blick, pwo_043.032
Bald rot, bald bleich, verzehrt von Lust und Leid, pwo_043.033
Die Macht, die Majestät der Lieblichkeit?"
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Jn gewöhnlicher Auffassung stellen wir uns die Lieblichkeit am pwo_043.035
wenigsten königlich vor. Es ist aber poetisches Stilmittel, auch das pwo_043.036
Naive und Schlichte in eine vornehme Region zu erheben.

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Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/57>, abgerufen am 27.11.2024.