Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_266.001 Ganz auf das accentuierende Prinzip der Versmessung stellen pwo_266.008 Die älteste Form der germanischen Poesie, sowohl der deutschen pwo_266.015 pwo_266.022 § 109. pwo_266.023 pwo_266.024Die Fortentwicklung der Versform. Obgleich es nicht an Versuchen gefehlt hat, primitivere Versformen pwo_266.025 Bereits im Zend-Avesta schließen sich je zwei Langzeilen zu pwo_266.028 pwo_266.001 Ganz auf das accentuierende Prinzip der Versmessung stellen pwo_266.008 Die älteste Form der germanischen Poesie, sowohl der deutschen pwo_266.015 pwo_266.022 § 109. pwo_266.023 pwo_266.024Die Fortentwicklung der Versform. Obgleich es nicht an Versuchen gefehlt hat, primitivere Versformen pwo_266.025 Bereits im Zend-Avesta schließen sich je zwei Langzeilen zu pwo_266.028 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0280" n="266"/><lb n="pwo_266.001"/> Gewicht nur darauf, daß die letzte Hebung vor dem Versende <lb n="pwo_266.002"/> und eventuell vor der Cäsur den rhythmischen Hochton trägt. Abermals <lb n="pwo_266.003"/> wird die besondere Bedeutung des Versabschlusses für die Bindung <lb n="pwo_266.004"/> der poetischen Rede augenscheinlich. Doch lassen längere Verse <lb n="pwo_266.005"/> noch weiterhin ein oder mehrmals den Hochton in Uebereinstimmung <lb n="pwo_266.006"/> des Wortaccents mit dem Versiktus hervortreten.</p> <lb n="pwo_266.007"/> <p> Ganz auf das <hi rendition="#g">accentuierende</hi> Prinzip der Versmessung stellen <lb n="pwo_266.008"/> sich die <hi rendition="#g">germanischen</hi> Poesieen. Der accentuierte Vokal trägt den <lb n="pwo_266.009"/> Hochton. Von Kompositionen abgesehen, ist es hier zunächst die <lb n="pwo_266.010"/> Wurzelsilbe, welche diesen Hochton in Anspruch nimmt; und damit <lb n="pwo_266.011"/> gelangt die innere Bedeutung zu wünschenswerter Hervorhebung im <lb n="pwo_266.012"/> Vers. Der Rhythmus stuft Haupthebungen, Nebenhebungen und <lb n="pwo_266.013"/> Senkungen je nach der Stärke der grammatischen Betonung ab.</p> <lb n="pwo_266.014"/> <p> Die älteste Form der germanischen Poesie, sowohl der deutschen <lb n="pwo_266.015"/> wie der nordischen und englischen, ist ein durch Cäsur geteilter Langvers, <lb n="pwo_266.016"/> dessen Hälften je zwei Haupthebungen hervortreten lassen. Zu <lb n="pwo_266.017"/> ihrer noch stärkeren Accentuierung suchen beide Haupthebungen des <lb n="pwo_266.018"/> ersten Halbverses oder wenigstens eine von beiden gleiches konsonantisches <lb n="pwo_266.019"/> Anklingen wie die erste Haupthebung des zweiten Halbverses. <lb n="pwo_266.020"/> Damit erweist sich die Allitteration als letzte und höchste Vollendung <lb n="pwo_266.021"/> der auf immer schärfere Accentuierung hindrängenden Versmessung.</p> </div> <div n="3"> <lb n="pwo_266.022"/> <head> <hi rendition="#c">§ 109. <lb n="pwo_266.023"/> Die Fortentwicklung der Versform.</hi> </head> <lb n="pwo_266.024"/> <p> Obgleich es nicht an Versuchen gefehlt hat, primitivere Versformen <lb n="pwo_266.025"/> zu erschließen, sieht sich die geschichtliche Betrachtung überall <lb n="pwo_266.026"/> auf die <hi rendition="#g">Langzeile</hi> als Ausgangspunkt hingewiesen.</p> <lb n="pwo_266.027"/> <p> Bereits im Zend-Avesta schließen sich je zwei Langzeilen zu <lb n="pwo_266.028"/> einem Abschnitt enger an einander. Ebenso sucht die älteste indische <lb n="pwo_266.029"/> Versform distichische Strophenbildung. Doch schreiten schon jüngere <lb n="pwo_266.030"/> Teile der Veden zu umfassenderen Versgruppen vor. Wie der griechische <lb n="pwo_266.031"/> Hexameter und die deutsche Stabreimzeile noch erkennen lassen, bildet <lb n="pwo_266.032"/> die <hi rendition="#g">Einzelzeile</hi> den Beginn der Versentwicklung. Die Strophenbildung <lb n="pwo_266.033"/> der skandinavischen Allitterationspoesie bietet nur eine neue <lb n="pwo_266.034"/> Vermehrung der uns zahlreich entgegengetretenen Beweise für das </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [266/0280]
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Gewicht nur darauf, daß die letzte Hebung vor dem Versende pwo_266.002
und eventuell vor der Cäsur den rhythmischen Hochton trägt. Abermals pwo_266.003
wird die besondere Bedeutung des Versabschlusses für die Bindung pwo_266.004
der poetischen Rede augenscheinlich. Doch lassen längere Verse pwo_266.005
noch weiterhin ein oder mehrmals den Hochton in Uebereinstimmung pwo_266.006
des Wortaccents mit dem Versiktus hervortreten.
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Ganz auf das accentuierende Prinzip der Versmessung stellen pwo_266.008
sich die germanischen Poesieen. Der accentuierte Vokal trägt den pwo_266.009
Hochton. Von Kompositionen abgesehen, ist es hier zunächst die pwo_266.010
Wurzelsilbe, welche diesen Hochton in Anspruch nimmt; und damit pwo_266.011
gelangt die innere Bedeutung zu wünschenswerter Hervorhebung im pwo_266.012
Vers. Der Rhythmus stuft Haupthebungen, Nebenhebungen und pwo_266.013
Senkungen je nach der Stärke der grammatischen Betonung ab.
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Die älteste Form der germanischen Poesie, sowohl der deutschen pwo_266.015
wie der nordischen und englischen, ist ein durch Cäsur geteilter Langvers, pwo_266.016
dessen Hälften je zwei Haupthebungen hervortreten lassen. Zu pwo_266.017
ihrer noch stärkeren Accentuierung suchen beide Haupthebungen des pwo_266.018
ersten Halbverses oder wenigstens eine von beiden gleiches konsonantisches pwo_266.019
Anklingen wie die erste Haupthebung des zweiten Halbverses. pwo_266.020
Damit erweist sich die Allitteration als letzte und höchste Vollendung pwo_266.021
der auf immer schärfere Accentuierung hindrängenden Versmessung.
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§ 109. pwo_266.023
Die Fortentwicklung der Versform. pwo_266.024
Obgleich es nicht an Versuchen gefehlt hat, primitivere Versformen pwo_266.025
zu erschließen, sieht sich die geschichtliche Betrachtung überall pwo_266.026
auf die Langzeile als Ausgangspunkt hingewiesen.
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Bereits im Zend-Avesta schließen sich je zwei Langzeilen zu pwo_266.028
einem Abschnitt enger an einander. Ebenso sucht die älteste indische pwo_266.029
Versform distichische Strophenbildung. Doch schreiten schon jüngere pwo_266.030
Teile der Veden zu umfassenderen Versgruppen vor. Wie der griechische pwo_266.031
Hexameter und die deutsche Stabreimzeile noch erkennen lassen, bildet pwo_266.032
die Einzelzeile den Beginn der Versentwicklung. Die Strophenbildung pwo_266.033
der skandinavischen Allitterationspoesie bietet nur eine neue pwo_266.034
Vermehrung der uns zahlreich entgegengetretenen Beweise für das
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