Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_255.001 pwo_255.003 Ein besonders wirksames Mittel bot diese Erscheinung durch pwo_255.004
Wie erst Gottes Huld den weltlichen Gütern höheren Wert verleiht, pwo_255.011
Die stürmische Vorstellung der Kämpfe ist offenbar so eindringlich, pwo_255.020 Diese Bildlichkeit des Ausdrucks bleibt nicht bei einzelnen pwo_255.026
Der Dichter führt das Bild umfassend durch, berichtet die Zähmung pwo_255.033 pwo_255.001 pwo_255.003 Ein besonders wirksames Mittel bot diese Erscheinung durch pwo_255.004
Wie erst Gottes Huld den weltlichen Gütern höheren Wert verleiht, pwo_255.011
Die stürmische Vorstellung der Kämpfe ist offenbar so eindringlich, pwo_255.020 Diese Bildlichkeit des Ausdrucks bleibt nicht bei einzelnen pwo_255.026
Der Dichter führt das Bild umfassend durch, berichtet die Zähmung pwo_255.033 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0269" n="255"/><lb n="pwo_255.001"/> Erscheinung als <hi rendition="#g">Metapher</hi> d. i. Uebertragung nur äußerlich gekennzeichnet.</p> <lb n="pwo_255.002"/> <lb n="pwo_255.003"/> <p> Ein besonders wirksames Mittel bot diese Erscheinung durch <lb n="pwo_255.004"/> Personifikation des Geistigen. So zählt Walther von der Vogelweide <lb n="pwo_255.005"/> drei Schätze auf:</p> <lb n="pwo_255.006"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>„diu zwei sint êre und varnde guot,</l> <lb n="pwo_255.007"/> <l>daz dicke einander schaden tuot;</l> <lb n="pwo_255.008"/> <l>daz dritte ist gotes hulde,</l> <lb n="pwo_255.009"/> <l>der zweier <hi rendition="#g">übergulde</hi>.“</l> </lg> </hi> </p> <lb n="pwo_255.010"/> <p>Wie erst Gottes Huld den weltlichen Gütern höheren Wert verleiht, <lb n="pwo_255.011"/> wird durch Vergoldung versinnbildlicht. Nicht minder liegt eine <lb n="pwo_255.012"/> Uebertragung des Geistigen in sinnfälligen Bereich zugrunde, wenn <lb n="pwo_255.013"/> derselbe Sänger die Wendung gebraucht: „<hi rendition="#aq">dîn êre <hi rendition="#g">zergât</hi></hi>“: das <lb n="pwo_255.014"/> Verbum ist es hier, welches die Versinnbildlichung bewirkt. Es wird <lb n="pwo_255.015"/> aber auch Konkretes in ein anderes konkretes Gebiet übertragen, das <lb n="pwo_255.016"/> den maßgebenden Begriff rein herausstellt:</p> <lb n="pwo_255.017"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>„Daz wilt und daz gewürme,</l> <lb n="pwo_255.018"/> <l>die strîtent starke <hi rendition="#g">stürme</hi>.“</l> </lg> </hi> </p> <lb n="pwo_255.019"/> <p>Die stürmische Vorstellung der Kämpfe ist offenbar so eindringlich, <lb n="pwo_255.020"/> daß des Dichters Phantasie wirkliche Stürme zu sehen glaubt. Daß <lb n="pwo_255.021"/> diese Anschauung aus anderem Felde hergeholt, kommt ihm noch garnicht <lb n="pwo_255.022"/> zum Bewußtsein. – Mit zunehmender Vergeistigung tritt übrigens <lb n="pwo_255.023"/> auch umgekehrt Abstraktes für Konkretes ein, doch immer so, <lb n="pwo_255.024"/> daß der Hauptbegriff damit schärfer, intensiver gekennzeichnet ist. –</p> <lb n="pwo_255.025"/> <p> Diese <hi rendition="#g">Bildlichkeit</hi> des Ausdrucks bleibt nicht bei einzelnen <lb n="pwo_255.026"/> Worten stehen, gelangt vielmehr in ganzen Sätzen zu umfassender <lb n="pwo_255.027"/> Durchführung. Die volle Uebertragung in die andere, sinnfälligere <lb n="pwo_255.028"/> Vorstellungswelt liegt sogar immer zugrunde und gewinnt denn auch <lb n="pwo_255.029"/> früh vollkommene Ausführung. Wir brauchen uns nur des berühmten <lb n="pwo_255.030"/> Liedes vom Kürenberger zu entsinnen:</p> <lb n="pwo_255.031"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>„Ich zôch mir einen valken“ &c.</l> </lg> </hi> </p> <lb n="pwo_255.032"/> <p>Der Dichter führt das Bild umfassend durch, berichtet die Zähmung <lb n="pwo_255.033"/> und Ausschmückung, den Vondannenflug und das Wiedersehen des <lb n="pwo_255.034"/> Falken, der in anderm Land mit noch vollerem Schmuck gefesselt ist. </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [255/0269]
pwo_255.001
Erscheinung als Metapher d. i. Uebertragung nur äußerlich gekennzeichnet.
pwo_255.002
pwo_255.003
Ein besonders wirksames Mittel bot diese Erscheinung durch pwo_255.004
Personifikation des Geistigen. So zählt Walther von der Vogelweide pwo_255.005
drei Schätze auf:
pwo_255.006
„diu zwei sint êre und varnde guot, pwo_255.007
daz dicke einander schaden tuot; pwo_255.008
daz dritte ist gotes hulde, pwo_255.009
der zweier übergulde.“
pwo_255.010
Wie erst Gottes Huld den weltlichen Gütern höheren Wert verleiht, pwo_255.011
wird durch Vergoldung versinnbildlicht. Nicht minder liegt eine pwo_255.012
Uebertragung des Geistigen in sinnfälligen Bereich zugrunde, wenn pwo_255.013
derselbe Sänger die Wendung gebraucht: „dîn êre zergât“: das pwo_255.014
Verbum ist es hier, welches die Versinnbildlichung bewirkt. Es wird pwo_255.015
aber auch Konkretes in ein anderes konkretes Gebiet übertragen, das pwo_255.016
den maßgebenden Begriff rein herausstellt:
pwo_255.017
„Daz wilt und daz gewürme, pwo_255.018
die strîtent starke stürme.“
pwo_255.019
Die stürmische Vorstellung der Kämpfe ist offenbar so eindringlich, pwo_255.020
daß des Dichters Phantasie wirkliche Stürme zu sehen glaubt. Daß pwo_255.021
diese Anschauung aus anderem Felde hergeholt, kommt ihm noch garnicht pwo_255.022
zum Bewußtsein. – Mit zunehmender Vergeistigung tritt übrigens pwo_255.023
auch umgekehrt Abstraktes für Konkretes ein, doch immer so, pwo_255.024
daß der Hauptbegriff damit schärfer, intensiver gekennzeichnet ist. –
pwo_255.025
Diese Bildlichkeit des Ausdrucks bleibt nicht bei einzelnen pwo_255.026
Worten stehen, gelangt vielmehr in ganzen Sätzen zu umfassender pwo_255.027
Durchführung. Die volle Uebertragung in die andere, sinnfälligere pwo_255.028
Vorstellungswelt liegt sogar immer zugrunde und gewinnt denn auch pwo_255.029
früh vollkommene Ausführung. Wir brauchen uns nur des berühmten pwo_255.030
Liedes vom Kürenberger zu entsinnen:
pwo_255.031
„Ich zôch mir einen valken“ &c.
pwo_255.032
Der Dichter führt das Bild umfassend durch, berichtet die Zähmung pwo_255.033
und Ausschmückung, den Vondannenflug und das Wiedersehen des pwo_255.034
Falken, der in anderm Land mit noch vollerem Schmuck gefesselt ist.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |