Und, Benedikt, lieb' immer, so gewöhn' ichpwo_235.002 Mein wildes Herz an deine teure Hand!pwo_235.003 Sei treu, und, Liebster, deine Treue krön' ichpwo_235.004 Und unsre Herzen bind' ein heilig Band!pwo_235.005 Man sagt, du bist es wert, und ich kann schwören:pwo_235.006 Jch wußt' es schon, und besser als vom Hören!"
pwo_235.007
Wiederum beruht die heitere Wirkung auf dem Gefühl des Gegensatzes. pwo_235.008 Oft führt der Verlauf der Handlung die komischen Hauptfiguren pwo_235.009 wenigstens zur Beschämung. Das ist selbst der Ausklang pwo_235.010 eines Falstaff:
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"Habe ich denn mein Gehirn in der Sonne gehabt und es pwo_235.012 getrocknet, daß es nicht vermochte, einer so groben Uebertölpelung pwo_235.013 zu begegnen? ... Nun ja, ich bin euer Text, und pwo_235.014 ihr seid im Vorsprung, ich bin in der Hinterhand ... Macht pwo_235.015 mit mir, was ihr wollt."
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Aber "demungeachtet" läßt ihn der Dichter ermuntern, "guter Dinge" pwo_235.017 zu sein: die ihn gefoppt, sind in anderer Weise ebenfalls beschämt, pwo_235.018 und alles klingt versöhnlich aus.
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Shakespeare giebt uns nach alledem nicht nur die Freude an pwo_235.020 einzelnen Narrheiten, den Genuß der heitern Seite an einzelnen Leidenschaften: pwo_235.021 er giebt uns die Freude am ganzen Menschen, die heitere pwo_235.022 Betrachtung einer vollen Persönlichkeit. Dabei stellt er Handlung und pwo_235.023 Charakter in Wechselwirkung; doch üben die Ereignisse, ja ausdrücklich pwo_235.024 angesponnene Jntriguen, mehr Einfluß auf den Charakter, als dieser pwo_235.025 auf den Gang der Handlung.
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Nicht außer Acht darf bleiben, daß Shakespeare auch im ernsten pwo_235.027 Drama komische Figuren verwendet. Vor allem erschien Falstaff pwo_235.028 früher als in den "Lustigen Weibern" bereits in "Heinrich IV." pwo_235.029 Daneben geht die Figur des Narren durch, die man im edleren Sinne pwo_235.030 als den Arlecchino die Verkörperung des komischen Wesens nennen pwo_235.031 muß: wie er, auch wo ihm eine bitter ernste Absicht vorschwebt, allen pwo_235.032 Dingen dieser Welt die heitere Gegenseite abzugewinnen weiß, stellt pwo_235.033 er unmittelbar vor, was die Seele des Lustspiels ausmacht, und pwo_235.034 repräsentiert somit andauernd im Trauerspiel die Funktion des Lustspiels. pwo_235.035 Damit benimmt er dem Weltbild die Einseitigkeit, indem er
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Und, Benedikt, lieb' immer, so gewöhn' ichpwo_235.002 Mein wildes Herz an deine teure Hand!pwo_235.003 Sei treu, und, Liebster, deine Treue krön' ichpwo_235.004 Und unsre Herzen bind' ein heilig Band!pwo_235.005 Man sagt, du bist es wert, und ich kann schwören:pwo_235.006 Jch wußt' es schon, und besser als vom Hören!“
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Wiederum beruht die heitere Wirkung auf dem Gefühl des Gegensatzes. pwo_235.008 Oft führt der Verlauf der Handlung die komischen Hauptfiguren pwo_235.009 wenigstens zur Beschämung. Das ist selbst der Ausklang pwo_235.010 eines Falstaff:
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„Habe ich denn mein Gehirn in der Sonne gehabt und es pwo_235.012 getrocknet, daß es nicht vermochte, einer so groben Uebertölpelung pwo_235.013 zu begegnen? ... Nun ja, ich bin euer Text, und pwo_235.014 ihr seid im Vorsprung, ich bin in der Hinterhand ... Macht pwo_235.015 mit mir, was ihr wollt.“
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Aber „demungeachtet“ läßt ihn der Dichter ermuntern, „guter Dinge“ pwo_235.017 zu sein: die ihn gefoppt, sind in anderer Weise ebenfalls beschämt, pwo_235.018 und alles klingt versöhnlich aus.
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Shakespeare giebt uns nach alledem nicht nur die Freude an pwo_235.020 einzelnen Narrheiten, den Genuß der heitern Seite an einzelnen Leidenschaften: pwo_235.021 er giebt uns die Freude am ganzen Menschen, die heitere pwo_235.022 Betrachtung einer vollen Persönlichkeit. Dabei stellt er Handlung und pwo_235.023 Charakter in Wechselwirkung; doch üben die Ereignisse, ja ausdrücklich pwo_235.024 angesponnene Jntriguen, mehr Einfluß auf den Charakter, als dieser pwo_235.025 auf den Gang der Handlung.
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Nicht außer Acht darf bleiben, daß Shakespeare auch im ernsten pwo_235.027 Drama komische Figuren verwendet. Vor allem erschien Falstaff pwo_235.028 früher als in den „Lustigen Weibern“ bereits in „Heinrich IV.“ pwo_235.029 Daneben geht die Figur des Narren durch, die man im edleren Sinne pwo_235.030 als den Arlecchino die Verkörperung des komischen Wesens nennen pwo_235.031 muß: wie er, auch wo ihm eine bitter ernste Absicht vorschwebt, allen pwo_235.032 Dingen dieser Welt die heitere Gegenseite abzugewinnen weiß, stellt pwo_235.033 er unmittelbar vor, was die Seele des Lustspiels ausmacht, und pwo_235.034 repräsentiert somit andauernd im Trauerspiel die Funktion des Lustspiels. pwo_235.035 Damit benimmt er dem Weltbild die Einseitigkeit, indem er
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Wiederum beruht die heitere Wirkung auf dem Gefühl des Gegensatzes. pwo_235.008
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„Habe ich denn mein Gehirn in der Sonne gehabt und es pwo_235.012
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Shakespeare giebt uns nach alledem nicht nur die Freude an pwo_235.020
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Betrachtung einer vollen Persönlichkeit. Dabei stellt er Handlung und pwo_235.023
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angesponnene Jntriguen, mehr Einfluß auf den Charakter, als dieser pwo_235.025
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Nicht außer Acht darf bleiben, daß Shakespeare auch im ernsten pwo_235.027
Drama komische Figuren verwendet. Vor allem erschien Falstaff pwo_235.028
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