Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_231.001 pwo_231.003 § 89. pwo_231.004 pwo_231.005Die Hauptmomente des romanischen Lustspiels. Jm romanischen Lustspiel begegnen wir naturgemäß dem Einfluß pwo_231.006 Die commedia dell' arte des italienischen Theaters arbeitet pwo_231.012 pwo_231.001 pwo_231.003 § 89. pwo_231.004 pwo_231.005Die Hauptmomente des romanischen Lustspiels. Jm romanischen Lustspiel begegnen wir naturgemäß dem Einfluß pwo_231.006 Die commedia dell' arte des italienischen Theaters arbeitet pwo_231.012 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0245" n="231"/><lb n="pwo_231.001"/> zu erfreuen, um das ernste Treiben durch Ueberbietung seiner Verfahrungsweise <lb n="pwo_231.002"/> in eine heitere Beleuchtung zu rücken.</p> </div> <div n="4"> <lb n="pwo_231.003"/> <head> <hi rendition="#c">§ 89. <lb n="pwo_231.004"/> Die Hauptmomente des romanischen Lustspiels.</hi> </head> <lb n="pwo_231.005"/> <p> Jm romanischen Lustspiel begegnen wir naturgemäß dem Einfluß <lb n="pwo_231.006"/> beider Seiten der altitalischen Komödie. Den Atellanen und ähnlichen <lb n="pwo_231.007"/> volkstümlichen Spielen entspricht die <hi rendition="#aq">commedia dell' arte</hi>, die <lb n="pwo_231.008"/> aber auch nebenher aus der griechisch-römischen Komödie der Terenz <lb n="pwo_231.009"/> und Plautus schöpft; auf diese allein greift in der Renaissance das <lb n="pwo_231.010"/> litteraturfähige Lustspiel zurück.</p> <lb n="pwo_231.011"/> <p> Die <hi rendition="#aq">commedia dell' arte</hi> des <hi rendition="#g">italienischen</hi> Theaters arbeitet <lb n="pwo_231.012"/> in den Grundzügen der Handlung mit konventionellen Leitmotiven; <lb n="pwo_231.013"/> noch bedeutsameren Einfluß auf die Entwicklung der Lustspielform <lb n="pwo_231.014"/> gewann diese Gattung durch Vermittlung einer Fülle stehender Typen, <lb n="pwo_231.015"/> einer Art von volkstümlichen Charaktermasken, die ihr allbekanntes <lb n="pwo_231.016"/> Wesen durch immer neue Einzelzüge, zum guten teil improvisierend, <lb n="pwo_231.017"/> von Stück zu Stück entfalteten. Da war der täppische, bauernschlaue <lb n="pwo_231.018"/> Pulcinello, der gutmütige Vater Pantalone, der typische Rechtsverdreher <lb n="pwo_231.019"/> Doktor Gratiano, da war vor allem Arlecchino mit seiner <lb n="pwo_231.020"/> Colombine. Arlecchino, gallisiert Harlequin, wuchs sich zur Hauptfigur <lb n="pwo_231.021"/> des internationalen Lustspiels aus. Aehnlich dem gewitzten <lb n="pwo_231.022"/> Sklaven der antiken Komödie hält auch dieser Diener zunächst die <lb n="pwo_231.023"/> Fäden der Jntrigue in der Hand, bleibt jedenfalls die Hauptperson; <lb n="pwo_231.024"/> sein Charakter gestaltet sich aber weiter typisch aus: er scherzt über <lb n="pwo_231.025"/> alles und alle, er wirkt bald durch Unflätigkeit, bald durch gute <lb n="pwo_231.026"/> Laune, bald durch dreiste Verschmitztheit – kurzum, er ist eine Art <lb n="pwo_231.027"/> Zusammenfassung aller komischen Wirkungsfähigkeiten. Man kann gewiß <lb n="pwo_231.028"/> nicht sagen, daß solche stehende Figuren das Leben und die Menschen <lb n="pwo_231.029"/> getreu wiedergeben: gewissermaßen im Gegenteil entwerfen sie <lb n="pwo_231.030"/> eine Karikatur des menschlichen Wesens und Treibens; aber der Hohlspiegel, <lb n="pwo_231.031"/> in welchem diese <hi rendition="#aq">commedia dell' arte</hi> und ihre zahlreiche <lb n="pwo_231.032"/> Gefolgschaft die Menschen auffängt, bietet, wennschon kein ernstlich <lb n="pwo_231.033"/> treues Bild, doch ein heiteres Gegenbild des Lebens; und gerade in <lb n="pwo_231.034"/> der vergrößernden Hervorzerrung charakteristischer Einzellinien erkennen </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [231/0245]
pwo_231.001
zu erfreuen, um das ernste Treiben durch Ueberbietung seiner Verfahrungsweise pwo_231.002
in eine heitere Beleuchtung zu rücken.
pwo_231.003
§ 89. pwo_231.004
Die Hauptmomente des romanischen Lustspiels. pwo_231.005
Jm romanischen Lustspiel begegnen wir naturgemäß dem Einfluß pwo_231.006
beider Seiten der altitalischen Komödie. Den Atellanen und ähnlichen pwo_231.007
volkstümlichen Spielen entspricht die commedia dell' arte, die pwo_231.008
aber auch nebenher aus der griechisch-römischen Komödie der Terenz pwo_231.009
und Plautus schöpft; auf diese allein greift in der Renaissance das pwo_231.010
litteraturfähige Lustspiel zurück.
pwo_231.011
Die commedia dell' arte des italienischen Theaters arbeitet pwo_231.012
in den Grundzügen der Handlung mit konventionellen Leitmotiven; pwo_231.013
noch bedeutsameren Einfluß auf die Entwicklung der Lustspielform pwo_231.014
gewann diese Gattung durch Vermittlung einer Fülle stehender Typen, pwo_231.015
einer Art von volkstümlichen Charaktermasken, die ihr allbekanntes pwo_231.016
Wesen durch immer neue Einzelzüge, zum guten teil improvisierend, pwo_231.017
von Stück zu Stück entfalteten. Da war der täppische, bauernschlaue pwo_231.018
Pulcinello, der gutmütige Vater Pantalone, der typische Rechtsverdreher pwo_231.019
Doktor Gratiano, da war vor allem Arlecchino mit seiner pwo_231.020
Colombine. Arlecchino, gallisiert Harlequin, wuchs sich zur Hauptfigur pwo_231.021
des internationalen Lustspiels aus. Aehnlich dem gewitzten pwo_231.022
Sklaven der antiken Komödie hält auch dieser Diener zunächst die pwo_231.023
Fäden der Jntrigue in der Hand, bleibt jedenfalls die Hauptperson; pwo_231.024
sein Charakter gestaltet sich aber weiter typisch aus: er scherzt über pwo_231.025
alles und alle, er wirkt bald durch Unflätigkeit, bald durch gute pwo_231.026
Laune, bald durch dreiste Verschmitztheit – kurzum, er ist eine Art pwo_231.027
Zusammenfassung aller komischen Wirkungsfähigkeiten. Man kann gewiß pwo_231.028
nicht sagen, daß solche stehende Figuren das Leben und die Menschen pwo_231.029
getreu wiedergeben: gewissermaßen im Gegenteil entwerfen sie pwo_231.030
eine Karikatur des menschlichen Wesens und Treibens; aber der Hohlspiegel, pwo_231.031
in welchem diese commedia dell' arte und ihre zahlreiche pwo_231.032
Gefolgschaft die Menschen auffängt, bietet, wennschon kein ernstlich pwo_231.033
treues Bild, doch ein heiteres Gegenbild des Lebens; und gerade in pwo_231.034
der vergrößernden Hervorzerrung charakteristischer Einzellinien erkennen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |