Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_228.001 Verteidigt sich doch Terenz im Prolog des "Eunuchen" gegen pwo_228.024 pwo_228.026 "Doch wenn pwo_228.027 pwo_228.037Dieselben Charaktere andre nicht pwo_228.028 Behandeln dürfen, wem ist's dann noch jetzt pwo_228.029 Erlaubt, eilfert'ge Sklaven aufzuführen, pwo_228.030 Gutmütige Matronen uns zu geben pwo_228.031 Und böse Buhlerinnen, gefräßige pwo_228.032 Schmarotzer und ruhmredige Soldaten, pwo_228.033 Ein eingeschobnes Kind und einen Alten, pwo_228.034 Vom Sklaven überlistet, Liebe, Haß pwo_228.035 Und Argwohn? Kurz, nichts läßt sich schreiben, das pwo_228.036 Nicht früher schon geschrieben wurde ..." - Bei alledem hat die komische Wirkung gegenüber der ursprünglich pwo_228.001 Verteidigt sich doch Terenz im Prolog des „Eunuchen“ gegen pwo_228.024 pwo_228.026 „Doch wenn pwo_228.027 pwo_228.037Dieselben Charaktere andre nicht pwo_228.028 Behandeln dürfen, wem ist's dann noch jetzt pwo_228.029 Erlaubt, eilfert'ge Sklaven aufzuführen, pwo_228.030 Gutmütige Matronen uns zu geben pwo_228.031 Und böse Buhlerinnen, gefräßige pwo_228.032 Schmarotzer und ruhmredige Soldaten, pwo_228.033 Ein eingeschobnes Kind und einen Alten, pwo_228.034 Vom Sklaven überlistet, Liebe, Haß pwo_228.035 Und Argwohn? Kurz, nichts läßt sich schreiben, das pwo_228.036 Nicht früher schon geschrieben wurde ...“ – Bei alledem hat die komische Wirkung gegenüber der ursprünglich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0242" n="228"/><lb n="pwo_228.001"/> die mit stehenden komischen Charakterfiguren arbeiteten. Aber erst <lb n="pwo_228.002"/> dem Einfluß der neueren griechischen Komödie, besonders der Menander <lb n="pwo_228.003"/> und Philemon, verdankt die Gattung auf italischem Boden kunstmäßige <lb n="pwo_228.004"/> Ausbildung. Plautus und Terenz treten durchaus als Ueberarbeiter <lb n="pwo_228.005"/> griechischer Originale auf, wennschon sie auch Figuren aus <lb n="pwo_228.006"/> dem einen Stück ins andere mitübernehmen. Den typischen Zug der <lb n="pwo_228.007"/> stehenden Figuren haben diese Nachahmernaturen mit besonderer Begier <lb n="pwo_228.008"/> aufgegriffen, so daß die Personen des römischen Lustspiels fast <lb n="pwo_228.009"/> wie Angehörige einer großen Familie erscheinen. Zu einer festen <lb n="pwo_228.010"/> Charge war vor allem der listige Sklave ausgebildet, der Vertraute <lb n="pwo_228.011"/> seines Herrn, der die Fäden der Jntrigue in Händen hält und durch <lb n="pwo_228.012"/> seine Verschlagenheit die Pläne seines Herrn zum glücklichen Ende <lb n="pwo_228.013"/> führt. Neben den Hetären, Kupplerinnen, Parasiten, Wucherern und <lb n="pwo_228.014"/> ähnlichen Standestypen sind auch gewisse Grundzüge in den Charakteren <lb n="pwo_228.015"/> je nach dem Alter durchgehend: der leichtlebigen, liebenswürdigen <lb n="pwo_228.016"/> Jugend tritt mit Vorliebe das nüchterne, trockene Alter gegenüber; <lb n="pwo_228.017"/> ein zweiter Alten-Typus hat sich aber noch ein jugendfrisches, <lb n="pwo_228.018"/> weiches Herz bewahrt und steht mit Rat und That zur Jugend. <lb n="pwo_228.019"/> Edlen Frauen ist noch keine selbständige Stellung in dieser griechischrömischen <lb n="pwo_228.020"/> Komödie verliehen. Sonst war eine Fülle von Motiven <lb n="pwo_228.021"/> und Verwicklungen gegeben und so dies Familien- und Hetärenstück <lb n="pwo_228.022"/> in einen ziemlich engen Horizont gebannt.</p> <lb n="pwo_228.023"/> <p> Verteidigt sich doch Terenz im Prolog des „Eunuchen“ gegen <lb n="pwo_228.024"/> den Vorwurf des litterarischen Diebstahls mit den vielsagenden Wendungen:</p> <lb n="pwo_228.025"/> <lb n="pwo_228.026"/> <lg> <l> „Doch wenn</l> <lb n="pwo_228.027"/> <l>Dieselben Charaktere andre nicht</l> <lb n="pwo_228.028"/> <l>Behandeln dürfen, wem ist's dann noch jetzt</l> <lb n="pwo_228.029"/> <l>Erlaubt, eilfert'ge Sklaven aufzuführen,</l> <lb n="pwo_228.030"/> <l>Gutmütige Matronen uns zu geben</l> <lb n="pwo_228.031"/> <l>Und böse Buhlerinnen, gefräßige</l> <lb n="pwo_228.032"/> <l>Schmarotzer und ruhmredige Soldaten,</l> <lb n="pwo_228.033"/> <l>Ein eingeschobnes Kind und einen Alten,</l> <lb n="pwo_228.034"/> <l>Vom Sklaven überlistet, Liebe, Haß</l> <lb n="pwo_228.035"/> <l>Und Argwohn? Kurz, nichts läßt sich schreiben, das</l> <lb n="pwo_228.036"/> <l>Nicht früher schon geschrieben wurde ...“ –</l> </lg> <lb n="pwo_228.037"/> <p>Bei alledem hat die komische Wirkung gegenüber der ursprünglich </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [228/0242]
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die mit stehenden komischen Charakterfiguren arbeiteten. Aber erst pwo_228.002
dem Einfluß der neueren griechischen Komödie, besonders der Menander pwo_228.003
und Philemon, verdankt die Gattung auf italischem Boden kunstmäßige pwo_228.004
Ausbildung. Plautus und Terenz treten durchaus als Ueberarbeiter pwo_228.005
griechischer Originale auf, wennschon sie auch Figuren aus pwo_228.006
dem einen Stück ins andere mitübernehmen. Den typischen Zug der pwo_228.007
stehenden Figuren haben diese Nachahmernaturen mit besonderer Begier pwo_228.008
aufgegriffen, so daß die Personen des römischen Lustspiels fast pwo_228.009
wie Angehörige einer großen Familie erscheinen. Zu einer festen pwo_228.010
Charge war vor allem der listige Sklave ausgebildet, der Vertraute pwo_228.011
seines Herrn, der die Fäden der Jntrigue in Händen hält und durch pwo_228.012
seine Verschlagenheit die Pläne seines Herrn zum glücklichen Ende pwo_228.013
führt. Neben den Hetären, Kupplerinnen, Parasiten, Wucherern und pwo_228.014
ähnlichen Standestypen sind auch gewisse Grundzüge in den Charakteren pwo_228.015
je nach dem Alter durchgehend: der leichtlebigen, liebenswürdigen pwo_228.016
Jugend tritt mit Vorliebe das nüchterne, trockene Alter gegenüber; pwo_228.017
ein zweiter Alten-Typus hat sich aber noch ein jugendfrisches, pwo_228.018
weiches Herz bewahrt und steht mit Rat und That zur Jugend. pwo_228.019
Edlen Frauen ist noch keine selbständige Stellung in dieser griechischrömischen pwo_228.020
Komödie verliehen. Sonst war eine Fülle von Motiven pwo_228.021
und Verwicklungen gegeben und so dies Familien- und Hetärenstück pwo_228.022
in einen ziemlich engen Horizont gebannt.
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Verteidigt sich doch Terenz im Prolog des „Eunuchen“ gegen pwo_228.024
den Vorwurf des litterarischen Diebstahls mit den vielsagenden Wendungen:
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„Doch wenn pwo_228.027
Dieselben Charaktere andre nicht pwo_228.028
Behandeln dürfen, wem ist's dann noch jetzt pwo_228.029
Erlaubt, eilfert'ge Sklaven aufzuführen, pwo_228.030
Gutmütige Matronen uns zu geben pwo_228.031
Und böse Buhlerinnen, gefräßige pwo_228.032
Schmarotzer und ruhmredige Soldaten, pwo_228.033
Ein eingeschobnes Kind und einen Alten, pwo_228.034
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Und Argwohn? Kurz, nichts läßt sich schreiben, das pwo_228.036
Nicht früher schon geschrieben wurde ...“ –
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Bei alledem hat die komische Wirkung gegenüber der ursprünglich
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