Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_116.001 pwo_116.004 § 61. pwo_116.005 pwo_116.006Wesen und Wandlungen der epischen Dichtung. Erst jetzt werden wir in der Lage sein, den Grundzug und die pwo_116.007 Der nicht ursprüngliche, sondern erst von der griechischen Litteraturentwicklung pwo_116.009 Die erzählten Begebenheiten bestehen zunächst in den Thaten pwo_116.021 Die Zeit, in welche die epische Dichtung uns versetzt, ist die pwo_116.029 pwo_116.001 pwo_116.004 § 61. pwo_116.005 pwo_116.006Wesen und Wandlungen der epischen Dichtung. Erst jetzt werden wir in der Lage sein, den Grundzug und die pwo_116.007 Der nicht ursprüngliche, sondern erst von der griechischen Litteraturentwicklung pwo_116.009 Die erzählten Begebenheiten bestehen zunächst in den Thaten pwo_116.021 Die Zeit, in welche die epische Dichtung uns versetzt, ist die pwo_116.029 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0130" n="116"/><lb n="pwo_116.001"/> treffender Richtung bewegt: er verwendet Jdyll als Gesamtbezeichnung <lb n="pwo_116.002"/> für diejenige sentimentalische Dichtung, welche die Natur, zu der sie <lb n="pwo_116.003"/> hinstrebte, als erreicht vorstellt.</p> </div> <div n="3"> <lb n="pwo_116.004"/> <head> <hi rendition="#c">§ 61. <lb n="pwo_116.005"/> Wesen und Wandlungen der epischen Dichtung.</hi> </head> <lb n="pwo_116.006"/> <p> Erst jetzt werden wir in der Lage sein, den Grundzug und die <lb n="pwo_116.007"/> Variationen der epischen Entwicklung zusammenfassend zu überschauen.</p> <lb n="pwo_116.008"/> <p> Der nicht ursprüngliche, sondern erst von der griechischen Litteraturentwicklung <lb n="pwo_116.009"/> eingeführte Name <hi rendition="#g">Epos</hi> – Wort, Rede – bezeichnet <lb n="pwo_116.010"/> allgemein die zunächst allein ausgebildete dichterische Gattung. <lb n="pwo_116.011"/> Was wir als Grundzug solcher ältesten Poesie fast allerorten klar erkennen, <lb n="pwo_116.012"/> was jedenfalls das Wesen der in Griechenland als episch bezeichneten <lb n="pwo_116.013"/> wie der anderwärts entsprechenden Poesie ausmacht, ist <lb n="pwo_116.014"/> <hi rendition="#g">Erzählung.</hi> Nicht nur die nationale Geschichte, wie in der Blüte <lb n="pwo_116.015"/> der epischen Gattung, wird erzählt: gleich anfangs setzt der Mythos <lb n="pwo_116.016"/> die unmittelbare, dauernde Anschauung der Natur singularisierend in <lb n="pwo_116.017"/> entwickelnde Erzählung einmal geschehener Begebenheiten um, und noch <lb n="pwo_116.018"/> das allegorische Epos kleidet seine Jdeen in den Schein von Geschehnissen, <lb n="pwo_116.019"/> über die es zu berichten gelte.</p> <lb n="pwo_116.020"/> <p> Die erzählten Begebenheiten bestehen zunächst in den <hi rendition="#g">Thaten</hi> <lb n="pwo_116.021"/> der Götter, die wie Stammesheroen angesehen werden, dann in den <lb n="pwo_116.022"/> Thaten der <hi rendition="#g">Helden;</hi> noch das Jdyll entfaltet das Thun und Treiben <lb n="pwo_116.023"/> seiner kleinen Welt, deren Gestalten ihm als Muster naturgemäßen, <lb n="pwo_116.024"/> glückseligen Lebens erscheinen; auch das reflektierende Epos, weiterhin <lb n="pwo_116.025"/> der Roman und selbst die Novelle bewahren noch mindestens als <lb n="pwo_116.026"/> Grundlage oder Kanevas die Handlungen besonderer, einer vorzüglichen <lb n="pwo_116.027"/> Teilnahme würdiger Personen.</p> <lb n="pwo_116.028"/> <p> Die Zeit, in welche die epische Dichtung uns versetzt, ist die <lb n="pwo_116.029"/> <hi rendition="#g">Vergangenheit.</hi> Das bekundet sich nicht nur durch den geschichtlichen <lb n="pwo_116.030"/> Kern des Epos in seiner Blütezeit, wird wiederum gerade auch <lb n="pwo_116.031"/> an den beiden Extremen der epischen Entwicklung augenscheinlich: die <lb n="pwo_116.032"/> Thaten der Götter, die sich dem Dichter immer gegenwärtig offenbaren, <lb n="pwo_116.033"/> werden ausdrücklich in die Vergangenheit, wie bereits betont, <lb n="pwo_116.034"/> als einmal <hi rendition="#g">geschehen,</hi> zurückverlegt; entsprechend verfährt der Zeitroman, </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0130]
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treffender Richtung bewegt: er verwendet Jdyll als Gesamtbezeichnung pwo_116.002
für diejenige sentimentalische Dichtung, welche die Natur, zu der sie pwo_116.003
hinstrebte, als erreicht vorstellt.
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§ 61. pwo_116.005
Wesen und Wandlungen der epischen Dichtung. pwo_116.006
Erst jetzt werden wir in der Lage sein, den Grundzug und die pwo_116.007
Variationen der epischen Entwicklung zusammenfassend zu überschauen.
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Der nicht ursprüngliche, sondern erst von der griechischen Litteraturentwicklung pwo_116.009
eingeführte Name Epos – Wort, Rede – bezeichnet pwo_116.010
allgemein die zunächst allein ausgebildete dichterische Gattung. pwo_116.011
Was wir als Grundzug solcher ältesten Poesie fast allerorten klar erkennen, pwo_116.012
was jedenfalls das Wesen der in Griechenland als episch bezeichneten pwo_116.013
wie der anderwärts entsprechenden Poesie ausmacht, ist pwo_116.014
Erzählung. Nicht nur die nationale Geschichte, wie in der Blüte pwo_116.015
der epischen Gattung, wird erzählt: gleich anfangs setzt der Mythos pwo_116.016
die unmittelbare, dauernde Anschauung der Natur singularisierend in pwo_116.017
entwickelnde Erzählung einmal geschehener Begebenheiten um, und noch pwo_116.018
das allegorische Epos kleidet seine Jdeen in den Schein von Geschehnissen, pwo_116.019
über die es zu berichten gelte.
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Die erzählten Begebenheiten bestehen zunächst in den Thaten pwo_116.021
der Götter, die wie Stammesheroen angesehen werden, dann in den pwo_116.022
Thaten der Helden; noch das Jdyll entfaltet das Thun und Treiben pwo_116.023
seiner kleinen Welt, deren Gestalten ihm als Muster naturgemäßen, pwo_116.024
glückseligen Lebens erscheinen; auch das reflektierende Epos, weiterhin pwo_116.025
der Roman und selbst die Novelle bewahren noch mindestens als pwo_116.026
Grundlage oder Kanevas die Handlungen besonderer, einer vorzüglichen pwo_116.027
Teilnahme würdiger Personen.
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Die Zeit, in welche die epische Dichtung uns versetzt, ist die pwo_116.029
Vergangenheit. Das bekundet sich nicht nur durch den geschichtlichen pwo_116.030
Kern des Epos in seiner Blütezeit, wird wiederum gerade auch pwo_116.031
an den beiden Extremen der epischen Entwicklung augenscheinlich: die pwo_116.032
Thaten der Götter, die sich dem Dichter immer gegenwärtig offenbaren, pwo_116.033
werden ausdrücklich in die Vergangenheit, wie bereits betont, pwo_116.034
als einmal geschehen, zurückverlegt; entsprechend verfährt der Zeitroman,
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