Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_107.001 Sehen wir indes selbst von dem idyllischen Grundzug der pwo_107.002 Wielands epische Gedichte andererseits nehmen den Stil der pwo_107.014 Jn Byrons Poesie sehen wir vollends die Erzählung nur zum pwo_107.017 Auch in der Gegenwart herrscht der subjektive Stil durchaus pwo_107.020 pwo_107.025 § 59. pwo_107.026 pwo_107.027Roman und Novelle. Jn die Verfallzeit des Versepos fällt die Ausbildung der Prosaerzählung. pwo_107.028 pwo_107.001 Sehen wir indes selbst von dem idyllischen Grundzug der pwo_107.002 Wielands epische Gedichte andererseits nehmen den Stil der pwo_107.014 Jn Byrons Poesie sehen wir vollends die Erzählung nur zum pwo_107.017 Auch in der Gegenwart herrscht der subjektive Stil durchaus pwo_107.020 pwo_107.025 § 59. pwo_107.026 pwo_107.027Roman und Novelle. Jn die Verfallzeit des Versepos fällt die Ausbildung der Prosaerzählung. pwo_107.028 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0121" n="107"/> <lb n="pwo_107.001"/> <p> Sehen wir indes selbst von dem idyllischen Grundzug der <lb n="pwo_107.002"/> <hi rendition="#g">Goetheschen</hi> Dichtung „Hermann und Dorothea“ ab, so bedingt <lb n="pwo_107.003"/> der bewußte Anschluß an den Stil Homers die Feststellung, daß es <lb n="pwo_107.004"/> sich hier nicht mehr um ein neues Stadium in der organischen Entwicklung <lb n="pwo_107.005"/> des epischen Stils handelt; vielmehr ermöglicht in der Neuzeit <lb n="pwo_107.006"/> das Eingreifen litteraturgeschichtlicher Studien den bewußten Anschluß <lb n="pwo_107.007"/> an jede beliebige Stilart fremder Zeiten und Zonen. Wenn <lb n="pwo_107.008"/> von allen solchen Versuchen dieser den harmonischsten Eindruck erweckt, <lb n="pwo_107.009"/> so liegt die Erklärung außer in der Kunst Goethes vor allem darin, <lb n="pwo_107.010"/> daß Homer, wie wir sahen, eine gewisse Harmonie des epischen <lb n="pwo_107.011"/> Stils, einen gewissen Ausgleich liedartiger und schriftgemäßer Elemente <lb n="pwo_107.012"/> darstellt.</p> <lb n="pwo_107.013"/> <p> <hi rendition="#g">Wielands</hi> epische Gedichte andererseits nehmen den Stil der <lb n="pwo_107.014"/> romanischen Ritterdichtung auf, um auch ihn in seiner Art zu meisterhafter <lb n="pwo_107.015"/> Harmonie zu führen.</p> <lb n="pwo_107.016"/> <p> Jn <hi rendition="#g">Byrons</hi> Poesie sehen wir vollends die Erzählung nur zum <lb n="pwo_107.017"/> Faden eingeschrumpft, dem die leidenschaftlich lyrischen Gefühle aufgereiht <lb n="pwo_107.018"/> sind.</p> <lb n="pwo_107.019"/> <p> Auch in der Gegenwart herrscht der subjektive Stil durchaus <lb n="pwo_107.020"/> vor; ist es doch zu direkt lyrischen Einlagen gekommen. Daß er auf <lb n="pwo_107.021"/> kleine Gegenstände gewandt ist, daß er Naturburschen, Spielleute <lb n="pwo_107.022"/> u. dgl. zu Helden wählt, bezeichnet vollends das Herabsinken des <lb n="pwo_107.023"/> Epos von jener Höhe, die seine Herkunft aus dem Heroenzeitalter <lb n="pwo_107.024"/> bekundete.</p> </div> <div n="3"> <lb n="pwo_107.025"/> <head> <hi rendition="#c">§ 59. <lb n="pwo_107.026"/> Roman und Novelle.</hi> </head> <lb n="pwo_107.027"/> <p> Jn die Verfallzeit des Versepos fällt die Ausbildung der Prosaerzählung. <lb n="pwo_107.028"/> Bei den meisten alten wie neueren Völkern läßt sich übereinstimmend <lb n="pwo_107.029"/> das Zusammentreffen gewisser Umstände beobachten, sobald <lb n="pwo_107.030"/> die Erzählung prosaisches Gewand zuzulassen beginnt: Die Poesie ist <lb n="pwo_107.031"/> verflacht, die Versform in Auflösung, andererseits die Prosasprache in <lb n="pwo_107.032"/> gelenkiger Ausbildung begriffen. Aber auch die Träger der Poesie <lb n="pwo_107.033"/> wie der Bildung überhaupt haben gewechselt: anstelle des fahrenden <lb n="pwo_107.034"/> Ritters ist das Bürgertum der festen Städte wirtschaftlich zur Herrschaft </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [107/0121]
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Sehen wir indes selbst von dem idyllischen Grundzug der pwo_107.002
Goetheschen Dichtung „Hermann und Dorothea“ ab, so bedingt pwo_107.003
der bewußte Anschluß an den Stil Homers die Feststellung, daß es pwo_107.004
sich hier nicht mehr um ein neues Stadium in der organischen Entwicklung pwo_107.005
des epischen Stils handelt; vielmehr ermöglicht in der Neuzeit pwo_107.006
das Eingreifen litteraturgeschichtlicher Studien den bewußten Anschluß pwo_107.007
an jede beliebige Stilart fremder Zeiten und Zonen. Wenn pwo_107.008
von allen solchen Versuchen dieser den harmonischsten Eindruck erweckt, pwo_107.009
so liegt die Erklärung außer in der Kunst Goethes vor allem darin, pwo_107.010
daß Homer, wie wir sahen, eine gewisse Harmonie des epischen pwo_107.011
Stils, einen gewissen Ausgleich liedartiger und schriftgemäßer Elemente pwo_107.012
darstellt.
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Wielands epische Gedichte andererseits nehmen den Stil der pwo_107.014
romanischen Ritterdichtung auf, um auch ihn in seiner Art zu meisterhafter pwo_107.015
Harmonie zu führen.
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Jn Byrons Poesie sehen wir vollends die Erzählung nur zum pwo_107.017
Faden eingeschrumpft, dem die leidenschaftlich lyrischen Gefühle aufgereiht pwo_107.018
sind.
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Auch in der Gegenwart herrscht der subjektive Stil durchaus pwo_107.020
vor; ist es doch zu direkt lyrischen Einlagen gekommen. Daß er auf pwo_107.021
kleine Gegenstände gewandt ist, daß er Naturburschen, Spielleute pwo_107.022
u. dgl. zu Helden wählt, bezeichnet vollends das Herabsinken des pwo_107.023
Epos von jener Höhe, die seine Herkunft aus dem Heroenzeitalter pwo_107.024
bekundete.
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Roman und Novelle. pwo_107.027
Jn die Verfallzeit des Versepos fällt die Ausbildung der Prosaerzählung. pwo_107.028
Bei den meisten alten wie neueren Völkern läßt sich übereinstimmend pwo_107.029
das Zusammentreffen gewisser Umstände beobachten, sobald pwo_107.030
die Erzählung prosaisches Gewand zuzulassen beginnt: Die Poesie ist pwo_107.031
verflacht, die Versform in Auflösung, andererseits die Prosasprache in pwo_107.032
gelenkiger Ausbildung begriffen. Aber auch die Träger der Poesie pwo_107.033
wie der Bildung überhaupt haben gewechselt: anstelle des fahrenden pwo_107.034
Ritters ist das Bürgertum der festen Städte wirtschaftlich zur Herrschaft
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