ben erkennen lernen. Wer dieses alles in acht nimmet, der wird niemahls zu frühzei- tig von der Kunst auf die Natur schlüssen und aus Betrachtung der Kunst viel gutes lernen können, was er in Erklärung der Na- tur gebrauchen kan.
§. 32.
Da man gesehen, daß die eigen-Ob ein- fache Materi- en in der Natur vorhan- den. thümliche Materien der Cörper, die in un- sere Sinnen fallen und mit denen wir zu thun haben, sich in andere nicht allein durch die Chymie auflösen lassen, sondern auch selbst von der Natur aufgelöset werden, durch deren Vermischung sie entstanden; so ist man auf die Gedancken gerathen, ob nicht einige Materien vorhanden sind, durch deren Vermischung alle übrigen heraus kommen, die sich aber selbst nicht weiter in andere auflösen lassen. Und diese hat man einfache Materien, oder Elemente ge- nennet, auch sich eingebildet, als wenn in diesen Materien Theile angetroffen würden, die nicht weiter als dem Orte nach von ein- ander unterschieden sind. Nun ist zwar das letztere nicht ungereimet (§. 587 Met.): allein deswegen kan doch nicht so gleich das erstere schlechterdinges verworffen werden, denn es könten dessen ungeachtet doch ge- wisse Materien in einer determinirten Anzahl in der Natur anzutreffen seyn, durch deren Vermischung alle die übrigen heraus kämen, die in unsere Sinnen fallen. Ge-
setzt
D 5
und der Natur der Coͤrper.
ben erkennen lernen. Wer dieſes alles in acht nimmet, der wird niemahls zu fruͤhzei- tig von der Kunſt auf die Natur ſchluͤſſen und aus Betrachtung der Kunſt viel gutes lernen koͤnnen, was er in Erklaͤrung der Na- tur gebrauchen kan.
§. 32.
Da man geſehen, daß die eigen-Ob ein- fache Materi- en in der Natur vorhan- den. thuͤmliche Materien der Coͤrper, die in un- ſere Sinnen fallen und mit denen wir zu thun haben, ſich in andere nicht allein durch die Chymie aufloͤſen laſſen, ſondern auch ſelbſt von der Natur aufgeloͤſet werden, durch deren Vermiſchung ſie entſtanden; ſo iſt man auf die Gedancken gerathen, ob nicht einige Materien vorhanden ſind, durch deren Vermiſchung alle uͤbrigen heraus kommen, die ſich aber ſelbſt nicht weiter in andere aufloͤſen laſſen. Und dieſe hat man einfache Materien, oder Elemente ge- nennet, auch ſich eingebildet, als wenn in dieſen Materien Theile angetroffen wuͤrden, die nicht weiter als dem Orte nach von ein- ander unterſchieden ſind. Nun iſt zwar das letztere nicht ungereimet (§. 587 Met.): allein deswegen kan doch nicht ſo gleich das erſtere ſchlechterdinges verworffen werden, denn es koͤnten deſſen ungeachtet doch ge- wiſſe Materien in einer determinirten Anzahl in der Natur anzutreffen ſeyn, durch deren Vermiſchung alle die uͤbrigen heraus kaͤmen, die in unſere Sinnen fallen. Ge-
ſetzt
D 5
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und der Natur der Coͤrper.
ben erkennen lernen. Wer dieſes alles in
acht nimmet, der wird niemahls zu fruͤhzei-
tig von der Kunſt auf die Natur ſchluͤſſen
und aus Betrachtung der Kunſt viel gutes
lernen koͤnnen, was er in Erklaͤrung der Na-
tur gebrauchen kan.
§. 32. Da man geſehen, daß die eigen-
thuͤmliche Materien der Coͤrper, die in un-
ſere Sinnen fallen und mit denen wir zu
thun haben, ſich in andere nicht allein durch
die Chymie aufloͤſen laſſen, ſondern auch
ſelbſt von der Natur aufgeloͤſet werden,
durch deren Vermiſchung ſie entſtanden;
ſo iſt man auf die Gedancken gerathen, ob
nicht einige Materien vorhanden ſind, durch
deren Vermiſchung alle uͤbrigen heraus
kommen, die ſich aber ſelbſt nicht weiter in
andere aufloͤſen laſſen. Und dieſe hat man
einfache Materien, oder Elemente ge-
nennet, auch ſich eingebildet, als wenn in
dieſen Materien Theile angetroffen wuͤrden,
die nicht weiter als dem Orte nach von ein-
ander unterſchieden ſind. Nun iſt zwar
das letztere nicht ungereimet (§. 587 Met.):
allein deswegen kan doch nicht ſo gleich das
erſtere ſchlechterdinges verworffen werden,
denn es koͤnten deſſen ungeachtet doch ge-
wiſſe Materien in einer determinirten
Anzahl in der Natur anzutreffen ſeyn, durch
deren Vermiſchung alle die uͤbrigen heraus
kaͤmen, die in unſere Sinnen fallen. Ge-
ſetzt
Ob ein-
fache
Materi-
en in der
Natur
vorhan-
den.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/93>, abgerufen am 28.11.2024.
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