Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. I. Von dem Wesen hier eine Veränderung vorgehen soll; sowird entweder von der Materie et- was hinweggenommen, oder hinzuge- setzet, oder auch ein Theil in die Stelle des andern versetzet. Wenn etwas von einem Theile hinweg genommen wird, so wird es kleiner: wird etwas hinzugesetzet, so wird es grösser. Diese Aenderung in der Grösse ist allzeit gewiß (§. 65. met.). Hinge- gen entstehet nicht zugleich auch jederzeit ei- ne Aenderung in der Figur; sondern es kan auch die Figur verbleiben die ein Cörper hat, indem etwas hinzugesetzet, oder davon ge- nommen wird. Wenn die Figur bleiben soll, die der Cörper hat, kan es nur auf ei- nerley Art geschehen, nemlich wenn die Theile rings herum auf eine ähnliche Art hinzugesetzt, oder davon genommen werden: wenn sie aber verändert wird, gehet es auf unzehlich viele Arten an (§. 68. Met.). Und demnach wird in den meisten Vergrösse- rungen und Verkleinerungen der Cörper zugleich die Figur geändert. Was die Versetzung der Theile betrifft, so kan da- durch gleichfalls in einem Falle die Figur unverändert bleiben, nemlich wenn ein ähn- liches Theil in die Stelle eines ähnlichen gesetzet, das ist, zweyer ähnlicher Theile Stelle mit einander verwechselt wird (§. 18. Met.): hingegen in allen übrigen Fällen kommet eine andere Figur heraus (§. 54. Met.)
Cap. I. Von dem Weſen hier eine Veraͤnderung vorgehen ſoll; ſowird entweder von der Materie et- was hinweggenommen, oder hinzuge- ſetzet, oder auch ein Theil in die Stelle des andern verſetzet. Wenn etwas von einem Theile hinweg genommen wird, ſo wird es kleiner: wird etwas hinzugeſetzet, ſo wird es groͤſſer. Dieſe Aenderung in der Groͤſſe iſt allzeit gewiß (§. 65. met.). Hinge- gen entſtehet nicht zugleich auch jederzeit ei- ne Aenderung in der Figur; ſondern es kan auch die Figur verbleiben die ein Coͤrper hat, indem etwas hinzugeſetzet, oder davon ge- nommen wird. Wenn die Figur bleiben ſoll, die der Coͤrper hat, kan es nur auf ei- nerley Art geſchehen, nemlich wenn die Theile rings herum auf eine aͤhnliche Art hinzugeſetzt, oder davon genommen werden: wenn ſie aber veraͤndert wird, gehet es auf unzehlich viele Arten an (§. 68. Met.). Und demnach wird in den meiſten Vergroͤſſe- rungen und Verkleinerungen der Coͤrper zugleich die Figur geaͤndert. Was die Verſetzung der Theile betrifft, ſo kan da- durch gleichfalls in einem Falle die Figur unveraͤndert bleiben, nemlich wenn ein aͤhn- liches Theil in die Stelle eines aͤhnlichen geſetzet, das iſt, zweyer aͤhnlicher Theile Stelle mit einander verwechſelt wird (§. 18. Met.): hingegen in allen uͤbrigen Faͤllen kommet eine andere Figur heraus (§. 54. Met.)
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Cap. I. Von dem Weſen
hier eine Veraͤnderung vorgehen ſoll; ſo
wird entweder von der Materie et-
was hinweggenommen, oder hinzuge-
ſetzet, oder auch ein Theil in die Stelle
des andern verſetzet. Wenn etwas von
einem Theile hinweg genommen wird, ſo
wird es kleiner: wird etwas hinzugeſetzet,
ſo wird es groͤſſer. Dieſe Aenderung in der
Groͤſſe iſt allzeit gewiß (§. 65. met.). Hinge-
gen entſtehet nicht zugleich auch jederzeit ei-
ne Aenderung in der Figur; ſondern es kan
auch die Figur verbleiben die ein Coͤrper hat,
indem etwas hinzugeſetzet, oder davon ge-
nommen wird. Wenn die Figur bleiben
ſoll, die der Coͤrper hat, kan es nur auf ei-
nerley Art geſchehen, nemlich wenn die
Theile rings herum auf eine aͤhnliche Art
hinzugeſetzt, oder davon genommen werden:
wenn ſie aber veraͤndert wird, gehet es auf
unzehlich viele Arten an (§. 68. Met.). Und
demnach wird in den meiſten Vergroͤſſe-
rungen und Verkleinerungen der Coͤrper
zugleich die Figur geaͤndert. Was die
Verſetzung der Theile betrifft, ſo kan da-
durch gleichfalls in einem Falle die Figur
unveraͤndert bleiben, nemlich wenn ein aͤhn-
liches Theil in die Stelle eines aͤhnlichen
geſetzet, das iſt, zweyer aͤhnlicher Theile
Stelle mit einander verwechſelt wird (§. 18.
Met.): hingegen in allen uͤbrigen Faͤllen
kommet eine andere Figur heraus (§. 54.
Met.)
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