Wasser (Liquor amnii). Da die Mut- ter-Scheide (vagina Uteri) inwendig sehr tuntzlich ist; so lässet sie sich auch starck aus- dehnen, daß die Frucht durch einen so engen Gang dennoch ihren Ausgang findet: wel- ches man kaum glauben sollte, wenn die Sache nicht aus der täglichen Erfahrung bekandt wäre. Die Frucht hänget an der Nabel-Schnure, und wird davon abgelö- set. Und kommet nach ihr die Nachge- burth (secundinae), welche aus dem Le- ber-Kuchen (placenta uteri) und den Häutleinen, dem äusseren (Chorio) und in- neren (amnio), bestehet, darinnen die Frucht in Mutter-Leibe als in einer Blase lag. Von der inneren Haut bleibet unter- weilen den Kindern etwas auf dem Haupte kleben und alsdenn nennet man es das Häublein (Galeam).
§. 453.
Jn Mutter-Leibe lieget die FruchtOb das Kind in Mutter Leibe A- them hohlet und wie sich in ihm das Geblütte beweget. in den Häuten und in dem darinnen enthal- tenem Wasser (§. 452). Derowegen ist nicht möglich, daß es Athem hohlen kan, als wozu Lufft erfordert wird (§. 430). Und deswegen findet man, daß die Lungen, ehe die Frucht Athem gehohlet, so dichte sind, daß sie im Wasser untersincken, da sie hin- gegen schwimmen, wenn sie einmahl Athem gehohlet, und die Lufft hinein gedrungen
und
der Menſchen und Thiere ꝛc.
Waſſer (Liquor amnii). Da die Mut- ter-Scheide (vagina Uteri) inwendig ſehr tuntzlich iſt; ſo laͤſſet ſie ſich auch ſtarck aus- dehnen, daß die Frucht durch einen ſo engen Gang dennoch ihren Ausgang findet: wel- ches man kaum glauben ſollte, wenn die Sache nicht aus der taͤglichen Erfahrung bekandt waͤre. Die Frucht haͤnget an der Nabel-Schnure, und wird davon abgeloͤ- ſet. Und kommet nach ihr die Nachge- burth (ſecundinæ), welche aus dem Le- ber-Kuchen (placenta uteri) und den Haͤutleinen, dem aͤuſſeren (Chorio) und in- neren (amnio), beſtehet, darinnen die Frucht in Mutter-Leibe als in einer Blaſe lag. Von der inneren Haut bleibet unter- weilen den Kindern etwas auf dem Haupte kleben und alsdenn nennet man es das Haͤublein (Galeam).
§. 453.
Jn Mutter-Leibe lieget die FruchtOb das Kind in Mutter Leibe A- them hohlet und wie ſich in ihm das Gebluͤtte beweget. in den Haͤuten und in dem darinnen enthal- tenem Waſſer (§. 452). Derowegen iſt nicht moͤglich, daß es Athem hohlen kan, als wozu Lufft erfordert wird (§. 430). Und deswegen findet man, daß die Lungen, ehe die Frucht Athem gehohlet, ſo dichte ſind, daß ſie im Waſſer unterſincken, da ſie hin- gegen ſchwimmen, wenn ſie einmahl Athem gehohlet, und die Lufft hinein gedrungen
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der Menſchen und Thiere ꝛc.
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tuntzlich iſt; ſo laͤſſet ſie ſich auch ſtarck aus-
dehnen, daß die Frucht durch einen ſo engen
Gang dennoch ihren Ausgang findet: wel-
ches man kaum glauben ſollte, wenn die
Sache nicht aus der taͤglichen Erfahrung
bekandt waͤre. Die Frucht haͤnget an der
Nabel-Schnure, und wird davon abgeloͤ-
ſet. Und kommet nach ihr die Nachge-
burth (ſecundinæ), welche aus dem Le-
ber-Kuchen (placenta uteri) und den
Haͤutleinen, dem aͤuſſeren (Chorio) und in-
neren (amnio), beſtehet, darinnen die
Frucht in Mutter-Leibe als in einer Blaſe
lag. Von der inneren Haut bleibet unter-
weilen den Kindern etwas auf dem Haupte
kleben und alsdenn nennet man es das
Haͤublein (Galeam).
§. 453. Jn Mutter-Leibe lieget die Frucht
in den Haͤuten und in dem darinnen enthal-
tenem Waſſer (§. 452). Derowegen iſt
nicht moͤglich, daß es Athem hohlen kan,
als wozu Lufft erfordert wird (§. 430). Und
deswegen findet man, daß die Lungen, ehe
die Frucht Athem gehohlet, ſo dichte ſind,
daß ſie im Waſſer unterſincken, da ſie hin-
gegen ſchwimmen, wenn ſie einmahl Athem
gehohlet, und die Lufft hinein gedrungen
und
Ob das
Kind in
Mutter
Leibe A-
them
hohlet
und wie
ſich in
ihm das
Gebluͤtte
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 731. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/767>, abgerufen am 22.11.2024.
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