nicht grösser als ein Haar vom Barte ge- wesen, abgeschnitten und, nach dem er sie anfangs eingeweichet und auf einem Gla- se trocken lassen, unter das Vergrösse- rungs-Glaß gebracht. Da er den wahr- genommen, daß ein einiger von solchen sub- tilen Nerven aus vielfältigen kleinen Röhr- lein bestehet, darinnen ein Safft vorhan- den, als welcher nach diesem, da das Scheiblein trocken war, wie ein kleiner Hügel zusehen gewesen.
Wie wir Athem hohlen.
§. 437.
Unter den steten Bewegungen, die ununterbrochen im Leibe vorgehen, ist insonderheit das Athem hohlen, welches deswegen ins besondere zu erklären, weil es aus der allgemeinen Erklärung der Be- wegung, so durch die Mäuslein geschiehet, nicht kan verstanden werden. Die Lun- gen bestehen aus lauter kleinen Bläßlein, darein sich endlich die Aestlein von den grössern Aesten der Lufft-Röhre zertheilen: denn daher kommet es, daß, wenn man durch die Lufft-Röhre Lufft hinein bläset, dieselbe durch die gantze Lunge fähret und sie aufbläset (§. 101. T. III. Exper.) Wenn nun die Mäuslein zwischen den Rippen sich zusammen ziehen (§. 435) so wird da- durch der Ober-Leib (thorax) von innen erweitert und muß als denn die in der Lun- ge enhaltene Lufft sie erweitern (§. 101. 102. T. III. Exper.). Weil nun aber da-
durch
Cap. XV. Von der Bewegung
nicht groͤſſer als ein Haar vom Barte ge- weſen, abgeſchnitten und, nach dem er ſie anfangs eingeweichet und auf einem Gla- ſe trocken laſſen, unter das Vergroͤſſe- rungs-Glaß gebracht. Da er den wahr- genommen, daß ein einiger von ſolchen ſub- tilen Nerven aus vielfaͤltigen kleinen Roͤhr- lein beſtehet, darinnen ein Safft vorhan- den, als welcher nach dieſem, da das Scheiblein trocken war, wie ein kleiner Huͤgel zuſehen geweſen.
Wie wir Athem hohlen.
§. 437.
Unter den ſteten Bewegungen, die ununterbrochen im Leibe vorgehen, iſt inſonderheit das Athem hohlen, welches deswegen ins beſondere zu erklaͤren, weil es aus der allgemeinen Erklaͤrung der Be- wegung, ſo durch die Maͤuslein geſchiehet, nicht kan verſtanden werden. Die Lun- gen beſtehen aus lauter kleinen Blaͤßlein, darein ſich endlich die Aeſtlein von den groͤſſern Aeſten der Lufft-Roͤhre zertheilen: denn daher kommet es, daß, wenn man durch die Lufft-Roͤhre Lufft hinein blaͤſet, dieſelbe durch die gantze Lunge faͤhret und ſie aufblaͤſet (§. 101. T. III. Exper.) Wenn nun die Maͤuslein zwiſchen den Rippen ſich zuſammen ziehen (§. 435) ſo wird da- durch der Ober-Leib (thorax) von innen erweitert und muß als denn die in der Lun- ge enhaltene Lufft ſie erweitern (§. 101. 102. T. III. Exper.). Weil nun aber da-
durch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0742"n="706"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Cap. XV.</hi> Von der Bewegung</hi></fw><lb/>
nicht groͤſſer als ein Haar vom Barte ge-<lb/>
weſen, abgeſchnitten und, nach dem er ſie<lb/>
anfangs eingeweichet und auf einem Gla-<lb/>ſe trocken laſſen, unter das Vergroͤſſe-<lb/>
rungs-Glaß gebracht. Da er den wahr-<lb/>
genommen, daß ein einiger von ſolchen ſub-<lb/>
tilen Nerven aus vielfaͤltigen kleinen Roͤhr-<lb/>
lein beſtehet, darinnen ein <hirendition="#fr">S</hi>afft vorhan-<lb/>
den, als welcher nach dieſem, da das<lb/>
Scheiblein trocken war, wie ein kleiner<lb/>
Huͤgel zuſehen geweſen.</p><lb/><noteplace="left">Wie wir<lb/>
Athem<lb/>
hohlen.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 437.</head><p>Unter den ſteten Bewegungen,<lb/>
die ununterbrochen im Leibe vorgehen,<lb/>
iſt inſonderheit das Athem hohlen, welches<lb/>
deswegen ins beſondere zu erklaͤren, weil<lb/>
es aus der allgemeinen Erklaͤrung der Be-<lb/>
wegung, ſo durch die Maͤuslein geſchiehet,<lb/>
nicht kan verſtanden werden. Die Lun-<lb/>
gen beſtehen aus lauter kleinen Blaͤßlein,<lb/>
darein ſich endlich die Aeſtlein von den<lb/>
groͤſſern Aeſten der Lufft-Roͤhre zertheilen:<lb/>
denn daher kommet es, daß, wenn man<lb/>
durch die Lufft-Roͤhre Lufft hinein blaͤſet,<lb/>
dieſelbe durch die gantze Lunge faͤhret und<lb/>ſie aufblaͤſet (§. 101. <hirendition="#aq">T. III. Exper.</hi>) Wenn<lb/>
nun die Maͤuslein zwiſchen den Rippen<lb/>ſich zuſammen ziehen (§. 435) ſo wird da-<lb/>
durch der <hirendition="#fr">Ober-Leib</hi> (<hirendition="#aq"><hirendition="#i">thorax</hi></hi>) von innen<lb/>
erweitert und muß als denn die in der Lun-<lb/>
ge enhaltene Lufft ſie erweitern (§. 101.<lb/>
102. <hirendition="#aq">T. III. Exper.</hi>). Weil nun aber da-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">durch</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[706/0742]
Cap. XV. Von der Bewegung
nicht groͤſſer als ein Haar vom Barte ge-
weſen, abgeſchnitten und, nach dem er ſie
anfangs eingeweichet und auf einem Gla-
ſe trocken laſſen, unter das Vergroͤſſe-
rungs-Glaß gebracht. Da er den wahr-
genommen, daß ein einiger von ſolchen ſub-
tilen Nerven aus vielfaͤltigen kleinen Roͤhr-
lein beſtehet, darinnen ein Safft vorhan-
den, als welcher nach dieſem, da das
Scheiblein trocken war, wie ein kleiner
Huͤgel zuſehen geweſen.
§. 437. Unter den ſteten Bewegungen,
die ununterbrochen im Leibe vorgehen,
iſt inſonderheit das Athem hohlen, welches
deswegen ins beſondere zu erklaͤren, weil
es aus der allgemeinen Erklaͤrung der Be-
wegung, ſo durch die Maͤuslein geſchiehet,
nicht kan verſtanden werden. Die Lun-
gen beſtehen aus lauter kleinen Blaͤßlein,
darein ſich endlich die Aeſtlein von den
groͤſſern Aeſten der Lufft-Roͤhre zertheilen:
denn daher kommet es, daß, wenn man
durch die Lufft-Roͤhre Lufft hinein blaͤſet,
dieſelbe durch die gantze Lunge faͤhret und
ſie aufblaͤſet (§. 101. T. III. Exper.) Wenn
nun die Maͤuslein zwiſchen den Rippen
ſich zuſammen ziehen (§. 435) ſo wird da-
durch der Ober-Leib (thorax) von innen
erweitert und muß als denn die in der Lun-
ge enhaltene Lufft ſie erweitern (§. 101.
102. T. III. Exper.). Weil nun aber da-
durch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 706. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/742>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.