Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. XIV. Von den Sinnen. und die Stimme an die Zähne ein weniganstösset, die nicht gar zu weit von einander gebracht sind. Das i wird wie das e aus- gesprochen, nur das die Zunge in der Mit- ten etwas erhaben gemacht wird, damit der Raum zwischen ihr und dem Gaumen enger wird und, weil sich die Lufft alsdenn geschwinder beweget (§. 348), die Stimme etwas stärcker an die Zähne anschlägt. Das o und u entstehen durch die Lagen der Lippen. Wenn sie hinten gegen den Win- ckel zu beyden Seiten einander berühren, mitten im Munde aber von einander blei- ben und daher ein wenig hervor gespizt werden, wie wenn man blasen wil; so höret man das o; hingegen erschallt das u, wenn der Mund mehr zugespizt wird, wie wenn man starck blasen wil. Und solchergestalt kan man einem, der da redet, aus dem Mun- de absehen, was er für einen lautbahren Buchstaben ausspricht. Die stummen Buchstaben werden nicht weniger durch Veränderung der Figur des Mundes, und durch Hülffe der Zunge und Zähne formi- ret, und lautbahr gemacht, wenn laut- bahre dazu kommen. z. E. das m erfor- dert eine starcke Zusammendruckung der Lippen, das p eine noch stärckere, das b aber eine gelinde. Wenn demnach zu dem m ein a vorher kommet, so thut man den Mund weit auf und druckt die Lippen vor- nen X x 4
Cap. XIV. Von den Sinnen. und die Stimme an die Zaͤhne ein weniganſtoͤſſet, die nicht gar zu weit von einander gebracht ſind. Das i wird wie das e aus- geſprochen, nur das die Zunge in der Mit- ten etwas erhaben gemacht wird, damit der Raum zwiſchen ihr und dem Gaumen enger wird und, weil ſich die Lufft alsdenn geſchwinder beweget (§. 348), die Stimme etwas ſtaͤrcker an die Zaͤhne anſchlaͤgt. Das o und u entſtehen durch die Lagen der Lippen. Wenn ſie hinten gegen den Win- ckel zu beyden Seiten einander beruͤhren, mitten im Munde aber von einander blei- ben und daher ein wenig hervor geſpizt werden, wie wenn man blaſen wil; ſo hoͤret man das o; hingegen erſchallt das u, wenn der Mund mehr zugeſpizt wird, wie wenn man ſtarck blaſen wil. Und ſolchergeſtalt kan man einem, der da redet, aus dem Mun- de abſehen, was er fuͤr einen lautbahren Buchſtaben ausſpricht. Die ſtummen Buchſtaben werden nicht weniger durch Veraͤnderung der Figur des Mundes, und durch Huͤlffe der Zunge und Zaͤhne formi- ret, und lautbahr gemacht, wenn laut- bahre dazu kommen. z. E. das m erfor- dert eine ſtarcke Zuſammendruckung der Lippen, das p eine noch ſtaͤrckere, das b aber eine gelinde. Wenn demnach zu dem m ein a vorher kommet, ſo thut man den Mund weit auf und druckt die Lippen vor- nen X x 4
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Cap. XIV. Von den Sinnen.
und die Stimme an die Zaͤhne ein wenig
anſtoͤſſet, die nicht gar zu weit von einander
gebracht ſind. Das i wird wie das e aus-
geſprochen, nur das die Zunge in der Mit-
ten etwas erhaben gemacht wird, damit
der Raum zwiſchen ihr und dem Gaumen
enger wird und, weil ſich die Lufft alsdenn
geſchwinder beweget (§. 348), die Stimme
etwas ſtaͤrcker an die Zaͤhne anſchlaͤgt.
Das o und u entſtehen durch die Lagen der
Lippen. Wenn ſie hinten gegen den Win-
ckel zu beyden Seiten einander beruͤhren,
mitten im Munde aber von einander blei-
ben und daher ein wenig hervor geſpizt
werden, wie wenn man blaſen wil; ſo hoͤret
man das o; hingegen erſchallt das u, wenn
der Mund mehr zugeſpizt wird, wie wenn
man ſtarck blaſen wil. Und ſolchergeſtalt
kan man einem, der da redet, aus dem Mun-
de abſehen, was er fuͤr einen lautbahren
Buchſtaben ausſpricht. Die ſtummen
Buchſtaben werden nicht weniger durch
Veraͤnderung der Figur des Mundes, und
durch Huͤlffe der Zunge und Zaͤhne formi-
ret, und lautbahr gemacht, wenn laut-
bahre dazu kommen. z. E. das m erfor-
dert eine ſtarcke Zuſammendruckung der
Lippen, das p eine noch ſtaͤrckere, das b
aber eine gelinde. Wenn demnach zu dem
m ein a vorher kommet, ſo thut man den
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