als es vorher war, z. E. daß eine Pflantze noch eine Pflantze verbliebe, wenn sie in A- sche verbrennet wird: sondern man behaup- tet bloß, daß die Würcklichkeit des Wesens aufhöre und an stat des vorigen Dinges ein anderes seine Würcklichkeit erreichet, das dem Wesen nach von dem vorigen un- terschieden ist, als daß in unserem Falle an stat der Pflantze, die vorher da war, Asche heraus kommet.
Auf wel- che Ver- änderun- gen wir zusehen haben.
§. 20.
Wir bemühen uns um die Er- käntnis der Natur, damit wir davon den Grund anzuzeigen wissen, was sich darin- nen veränderliches ereignet (§. 5. proleg. Log), und vorher sehen können, was un- ter diesen oder andern Umständen diese o- der jene Ursachen veränderliches hervor- bringen können, damit wir die Natur nach unserem Gefallen können würcken lassen, was wir begehren, und solchergestalt die er- langte Erkäntnis zu unserem Nutzen an- wenden. Da die Materie würcklich so subtil zertheilet ist, daß wir die Kleinigkeit der Theile weder mit der Vernunfft errei- chen, noch mit der Einbildnng fassen kön- nen (§. 684. met.), das ist, in unendliche Theile (§. 5), auch über dieses in der Mate- rie eines Cörpers allerhand Arten der Be- wegungen anzutreffen sind, die wir uns je- mahls deutlich zubegreiffen keine Hoffnung machen dörffen (§. 10); über dieses aber
vor
Cap. I. Von dem Weſen
als es vorher war, z. E. daß eine Pflantze noch eine Pflantze verbliebe, wenn ſie in A- ſche verbrennet wird: ſondern man behaup- tet bloß, daß die Wuͤrcklichkeit des Weſens aufhoͤre und an ſtat des vorigen Dinges ein anderes ſeine Wuͤrcklichkeit erreichet, das dem Weſen nach von dem vorigen un- terſchieden iſt, als daß in unſerem Falle an ſtat der Pflantze, die vorher da war, Aſche heraus kommet.
Auf wel- che Ver- aͤnderun- gen wir zuſehen haben.
§. 20.
Wir bemuͤhen uns um die Er- kaͤntnis der Natur, damit wir davon den Grund anzuzeigen wiſſen, was ſich darin- nen veraͤnderliches ereignet (§. 5. proleg. Log), und vorher ſehen koͤnnen, was un- ter dieſen oder andern Umſtaͤnden dieſe o- der jene Urſachen veraͤnderliches hervor- bringen koͤnnen, damit wir die Natur nach unſerem Gefallen koͤnnen wuͤrcken laſſen, was wir begehren, und ſolchergeſtalt die er- langte Erkaͤntnis zu unſerem Nutzen an- wenden. Da die Materie wuͤrcklich ſo ſubtil zertheilet iſt, daß wir die Kleinigkeit der Theile weder mit der Vernunfft errei- chen, noch mit der Einbildnng faſſen koͤn- nen (§. 684. met.), das iſt, in unendliche Theile (§. 5), auch uͤber dieſes in der Mate- rie eines Coͤrpers allerhand Arten der Be- wegungen anzutreffen ſind, die wir uns je- mahls deutlich zubegreiffen keine Hoffnung machen doͤrffen (§. 10); uͤber dieſes aber
vor
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Cap. I. Von dem Weſen
als es vorher war, z. E. daß eine Pflantze
noch eine Pflantze verbliebe, wenn ſie in A-
ſche verbrennet wird: ſondern man behaup-
tet bloß, daß die Wuͤrcklichkeit des Weſens
aufhoͤre und an ſtat des vorigen Dinges
ein anderes ſeine Wuͤrcklichkeit erreichet,
das dem Weſen nach von dem vorigen un-
terſchieden iſt, als daß in unſerem Falle an
ſtat der Pflantze, die vorher da war, Aſche
heraus kommet.
§. 20. Wir bemuͤhen uns um die Er-
kaͤntnis der Natur, damit wir davon den
Grund anzuzeigen wiſſen, was ſich darin-
nen veraͤnderliches ereignet (§. 5. proleg.
Log), und vorher ſehen koͤnnen, was un-
ter dieſen oder andern Umſtaͤnden dieſe o-
der jene Urſachen veraͤnderliches hervor-
bringen koͤnnen, damit wir die Natur nach
unſerem Gefallen koͤnnen wuͤrcken laſſen,
was wir begehren, und ſolchergeſtalt die er-
langte Erkaͤntnis zu unſerem Nutzen an-
wenden. Da die Materie wuͤrcklich ſo
ſubtil zertheilet iſt, daß wir die Kleinigkeit
der Theile weder mit der Vernunfft errei-
chen, noch mit der Einbildnng faſſen koͤn-
nen (§. 684. met.), das iſt, in unendliche
Theile (§. 5), auch uͤber dieſes in der Mate-
rie eines Coͤrpers allerhand Arten der Be-
wegungen anzutreffen ſind, die wir uns je-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/72>, abgerufen am 28.11.2024.
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