Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. XIII. Von der Ernährung
hellet, ob sich die Lufft in die Lunge
mit dem Blute vermischet, oder nicht.
Dergleichen hat der berühmte Wittten-
bergische Medicus Herr Berger (a)
angestellet und gefunden, daß, wenn man
in einen Aast der Lufft-Röhre eines Hun-
des oder anderen Thieres bläset, oder auch
warmes Wasser hinein spritzet und eine
Weile damit anhält, solches allezeit mit
Schaume durch die Lungen-Blut-Ader zu-
rücke kommet, unerachtet die Lunge gantz un-
beweglich ist, noch von einer äusseren Gewalt
gedruckt wird. Wenn man hingegen das
Wasser in die Lungen-Puls-Ader spritzet,
so hat er ebenfalls erfahren, daß es durch den
Aast der Lufft-Röhre heraus kommet. Es
ist demnach aus diesem Versuche klar, daß
sowohl aus den Puls-Adern der Lunge ein
Weg in die Aeste der Lufft-Röhren und hin-
gegen wiederumb aus diesen einer in die
Blut-Adern der Lunge vorhanden seyn
muß. Er erinnert auch selbst, daß schon
Sylvius, Swammerdam und Truston diese
Versuche angestellet. Nun ist wohl wahr,
daß viele darauf nicht sehen wollen: allein
wir fragen nichts darnach, ob einige eine
Wahrheit verwerffen, oder, wenn es ihnen
gefället, auch gar verachten und schelten,
woferne wir sie nur gegründet befinden. Jch

meine
(a) lib. 1. de natura humana c. 4. p. 47

Cap. XIII. Von der Ernaͤhrung
hellet, ob ſich die Lufft in die Lunge
mit dem Blute vermiſchet, oder nicht.
Dergleichen hat der beruͤhmte Wittten-
bergiſche Medicus Herr Berger (a)
angeſtellet und gefunden, daß, wenn man
in einen Aaſt der Lufft-Roͤhre eines Hun-
des oder anderen Thieres blaͤſet, oder auch
warmes Waſſer hinein ſpritzet und eine
Weile damit anhaͤlt, ſolches allezeit mit
Schaume durch die Lungen-Blut-Ader zu-
ruͤcke kom̃et, unerachtet die Lunge gantz un-
beweglich iſt, noch von einer aͤuſſeren Gewalt
gedruckt wird. Wenn man hingegen das
Waſſer in die Lungen-Puls-Ader ſpritzet,
ſo hat er ebenfalls erfahren, daß es durch den
Aaſt der Lufft-Roͤhre heraus kommet. Es
iſt demnach aus dieſem Verſuche klar, daß
ſowohl aus den Puls-Adern der Lunge ein
Weg in die Aeſte der Lufft-Roͤhren und hin-
gegen wiederumb aus dieſen einer in die
Blut-Adern der Lunge vorhanden ſeyn
muß. Er erinnert auch ſelbſt, daß ſchon
Sylvius, Swammerdam und Truſton dieſe
Verſuche angeſtellet. Nun iſt wohl wahr,
daß viele darauf nicht ſehen wollen: allein
wir fragen nichts darnach, ob einige eine
Wahrheit verwerffen, oder, wenn es ihnen
gefaͤllet, auch gar verachten und ſchelten,
woferne wir ſie nur gegruͤndet befinden. Jch

meine
(a) lib. 1. de natura humana c. 4. p. 47
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0708" n="672"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. XIII.</hi> Von der Erna&#x0364;hrung</hi></fw><lb/>
hellet, ob &#x017F;ich die Lufft in die Lunge<lb/>
mit dem Blute vermi&#x017F;chet, oder nicht.<lb/>
Dergleichen hat der beru&#x0364;hmte Wittten-<lb/>
bergi&#x017F;che <hi rendition="#aq">Medicus</hi> Herr <hi rendition="#fr">Berger</hi> <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">lib. 1. de natura humana c. 4. p.</hi> 47</note><lb/>
ange&#x017F;tellet und gefunden, daß, wenn man<lb/>
in einen Aa&#x017F;t der Lufft-Ro&#x0364;hre eines Hun-<lb/>
des oder anderen Thieres bla&#x0364;&#x017F;et, oder auch<lb/>
warmes Wa&#x017F;&#x017F;er hinein &#x017F;pritzet und eine<lb/>
Weile damit anha&#x0364;lt, &#x017F;olches allezeit mit<lb/>
Schaume durch die Lungen-Blut-Ader zu-<lb/>
ru&#x0364;cke kom&#x0303;et, unerachtet die Lunge gantz un-<lb/>
beweglich i&#x017F;t, noch von einer a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;eren Gewalt<lb/>
gedruckt wird. Wenn man hingegen das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er in die Lungen-Puls-Ader &#x017F;pritzet,<lb/>
&#x017F;o hat er ebenfalls erfahren, daß es durch den<lb/>
Aa&#x017F;t der Lufft-Ro&#x0364;hre heraus kommet. Es<lb/>
i&#x017F;t demnach aus die&#x017F;em Ver&#x017F;uche klar, daß<lb/>
&#x017F;owohl aus den Puls-Adern der Lunge ein<lb/>
Weg in die Ae&#x017F;te der Lufft-Ro&#x0364;hren und hin-<lb/>
gegen wiederumb aus die&#x017F;en einer in die<lb/>
Blut-Adern der Lunge vorhanden &#x017F;eyn<lb/>
muß. Er erinnert auch &#x017F;elb&#x017F;t, daß &#x017F;chon<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Sylvius, Swammerdam</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Tru&#x017F;ton</hi></hi> die&#x017F;e<lb/>
Ver&#x017F;uche ange&#x017F;tellet. Nun i&#x017F;t wohl wahr,<lb/>
daß viele darauf nicht &#x017F;ehen wollen: allein<lb/>
wir fragen nichts darnach, ob einige eine<lb/>
Wahrheit verwerffen, oder, wenn es ihnen<lb/>
gefa&#x0364;llet, auch gar verachten und &#x017F;chelten,<lb/>
woferne wir &#x017F;ie nur gegru&#x0364;ndet befinden. Jch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">meine</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[672/0708] Cap. XIII. Von der Ernaͤhrung hellet, ob ſich die Lufft in die Lunge mit dem Blute vermiſchet, oder nicht. Dergleichen hat der beruͤhmte Wittten- bergiſche Medicus Herr Berger (a) angeſtellet und gefunden, daß, wenn man in einen Aaſt der Lufft-Roͤhre eines Hun- des oder anderen Thieres blaͤſet, oder auch warmes Waſſer hinein ſpritzet und eine Weile damit anhaͤlt, ſolches allezeit mit Schaume durch die Lungen-Blut-Ader zu- ruͤcke kom̃et, unerachtet die Lunge gantz un- beweglich iſt, noch von einer aͤuſſeren Gewalt gedruckt wird. Wenn man hingegen das Waſſer in die Lungen-Puls-Ader ſpritzet, ſo hat er ebenfalls erfahren, daß es durch den Aaſt der Lufft-Roͤhre heraus kommet. Es iſt demnach aus dieſem Verſuche klar, daß ſowohl aus den Puls-Adern der Lunge ein Weg in die Aeſte der Lufft-Roͤhren und hin- gegen wiederumb aus dieſen einer in die Blut-Adern der Lunge vorhanden ſeyn muß. Er erinnert auch ſelbſt, daß ſchon Sylvius, Swammerdam und Truſton dieſe Verſuche angeſtellet. Nun iſt wohl wahr, daß viele darauf nicht ſehen wollen: allein wir fragen nichts darnach, ob einige eine Wahrheit verwerffen, oder, wenn es ihnen gefaͤllet, auch gar verachten und ſchelten, woferne wir ſie nur gegruͤndet befinden. Jch meine (a) lib. 1. de natura humana c. 4. p. 47

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/708
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/708>, abgerufen am 25.11.2024.