Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

der Menschen und Thiere.
das hier der bewegliche Zahn, welcher mit
dem Läuffer überein kommet, unten und
hingegen der unbewegliche, welcher die
Stelle des Boden-Steines vertritt, oben
ist. Jn dem aber die Speise von den Ba-
cken-Zähnen zermalmet wird, laufft der
Mund voll Speichel und wird mit der Spei-
se vermischet. Und diese Vermischung der
Speise mit dem Speichel nebst ihrer Zer-
malmung zusammen genommen ist es, was
man das Käuen zu nennen pfleget. Das
Käuen befördert die Dauung im Magen,
massen auch selbst die Chymie zeiget, daß,
wenn man etwas auflösen will, dasselbe zu-
vor in kleine Stücklein muß zerschnitten, o-
der sonst auf andere Weise zerdrücket oder
zerquetschet werden Franciscus Bayle
(a) führet an, es pflege öffters zu gesche-
hen, daß die Speisen im Magen in eine
Fäulnis geriethen, wenn man z. E. gar zu
grosse Stücklein Fleisch verschlingte. Ob
er es aus der Erfahrung genommen, oder
nicht, lässet sich nicht wohl errathen. Al-
lein es ist eben nicht nöthig, daß eine Fäul-
nis im Magen entstehe; es ist genung,
wenn grobe Stücklein nicht genung aufge-
löset werden. Dieses letztere kan man erfah-

ren,
(a) Instit. Phys. Tom. 3. Tract. 2. de cor-
pore animali lib. 2. dissert. 1. art. 3. §. 29.
p. m.
291.
S s 4

der Menſchen und Thiere.
das hier der bewegliche Zahn, welcher mit
dem Laͤuffer uͤberein kommet, unten und
hingegen der unbewegliche, welcher die
Stelle des Boden-Steines vertritt, oben
iſt. Jn dem aber die Speiſe von den Ba-
cken-Zaͤhnen zermalmet wird, laufft der
Mund voll Speichel und wird mit der Spei-
ſe vermiſchet. Und dieſe Vermiſchung der
Speiſe mit dem Speichel nebſt ihrer Zer-
malmung zuſammen genommen iſt es, was
man das Kaͤuen zu nennen pfleget. Das
Kaͤuen befoͤrdert die Dauung im Magen,
maſſen auch ſelbſt die Chymie zeiget, daß,
wenn man etwas aufloͤſen will, daſſelbe zu-
vor in kleine Stuͤcklein muß zerſchnitten, o-
der ſonſt auf andere Weiſe zerdruͤcket oder
zerquetſchet werden Franciſcus Bayle
(a) fuͤhret an, es pflege oͤffters zu geſche-
hen, daß die Speiſen im Magen in eine
Faͤulnis geriethen, wenn man z. E. gar zu
groſſe Stuͤcklein Fleiſch verſchlingte. Ob
er es aus der Erfahrung genommen, oder
nicht, laͤſſet ſich nicht wohl errathen. Al-
lein es iſt eben nicht noͤthig, daß eine Faͤul-
nis im Magen entſtehe; es iſt genung,
wenn grobe Stuͤcklein nicht genung aufge-
loͤſet werden. Dieſes letztere kan man erfah-

ren,
(a) Inſtit. Phyſ. Tom. 3. Tract. 2. de cor-
pore animali lib. 2. diſſert. 1. art. 3. §. 29.
p. m.
291.
S s 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0683" n="647"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Men&#x017F;chen und Thiere.</hi></fw><lb/>
das hier der bewegliche Zahn, welcher mit<lb/>
dem <hi rendition="#fr">La&#x0364;uffer</hi> u&#x0364;berein kommet, unten und<lb/>
hingegen der unbewegliche, welcher die<lb/>
Stelle des <hi rendition="#fr">Boden-Steines</hi> vertritt, oben<lb/>
i&#x017F;t. Jn dem aber die Spei&#x017F;e von den Ba-<lb/>
cken-Za&#x0364;hnen zermalmet wird, laufft der<lb/>
Mund voll Speichel und wird mit der Spei-<lb/>
&#x017F;e vermi&#x017F;chet. Und die&#x017F;e Vermi&#x017F;chung der<lb/>
Spei&#x017F;e mit dem Speichel neb&#x017F;t ihrer Zer-<lb/>
malmung zu&#x017F;ammen genommen i&#x017F;t es, was<lb/>
man das <hi rendition="#fr">Ka&#x0364;uen</hi> zu nennen pfleget. Das<lb/>
Ka&#x0364;uen befo&#x0364;rdert die Dauung im Magen,<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;en auch &#x017F;elb&#x017F;t die Chymie zeiget, daß,<lb/>
wenn man etwas auflo&#x0364;&#x017F;en will, da&#x017F;&#x017F;elbe zu-<lb/>
vor in kleine Stu&#x0364;cklein muß zer&#x017F;chnitten, o-<lb/>
der &#x017F;on&#x017F;t auf andere Wei&#x017F;e zerdru&#x0364;cket oder<lb/>
zerquet&#x017F;chet werden <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Franci&#x017F;cus Bayle</hi></hi><lb/><note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">In&#x017F;tit. Phy&#x017F;. Tom. 3. Tract. 2. de cor-<lb/>
pore animali lib. 2. di&#x017F;&#x017F;ert. 1. art. 3. §. 29.<lb/>
p. m.</hi> 291.</note> fu&#x0364;hret an, es pflege o&#x0364;ffters zu ge&#x017F;che-<lb/>
hen, daß die Spei&#x017F;en im Magen in eine<lb/>
Fa&#x0364;ulnis geriethen, wenn man z. E. gar zu<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Stu&#x0364;cklein Flei&#x017F;ch ver&#x017F;chlingte. Ob<lb/>
er es aus der Erfahrung genommen, oder<lb/>
nicht, la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich nicht wohl errathen. Al-<lb/>
lein es i&#x017F;t eben nicht no&#x0364;thig, daß eine Fa&#x0364;ul-<lb/>
nis im Magen ent&#x017F;tehe; es i&#x017F;t genung,<lb/>
wenn grobe Stu&#x0364;cklein nicht genung aufge-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;et werden. Die&#x017F;es letztere kan man erfah-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S s 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ren,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[647/0683] der Menſchen und Thiere. das hier der bewegliche Zahn, welcher mit dem Laͤuffer uͤberein kommet, unten und hingegen der unbewegliche, welcher die Stelle des Boden-Steines vertritt, oben iſt. Jn dem aber die Speiſe von den Ba- cken-Zaͤhnen zermalmet wird, laufft der Mund voll Speichel und wird mit der Spei- ſe vermiſchet. Und dieſe Vermiſchung der Speiſe mit dem Speichel nebſt ihrer Zer- malmung zuſammen genommen iſt es, was man das Kaͤuen zu nennen pfleget. Das Kaͤuen befoͤrdert die Dauung im Magen, maſſen auch ſelbſt die Chymie zeiget, daß, wenn man etwas aufloͤſen will, daſſelbe zu- vor in kleine Stuͤcklein muß zerſchnitten, o- der ſonſt auf andere Weiſe zerdruͤcket oder zerquetſchet werden Franciſcus Bayle (a) fuͤhret an, es pflege oͤffters zu geſche- hen, daß die Speiſen im Magen in eine Faͤulnis geriethen, wenn man z. E. gar zu groſſe Stuͤcklein Fleiſch verſchlingte. Ob er es aus der Erfahrung genommen, oder nicht, laͤſſet ſich nicht wohl errathen. Al- lein es iſt eben nicht noͤthig, daß eine Faͤul- nis im Magen entſtehe; es iſt genung, wenn grobe Stuͤcklein nicht genung aufge- loͤſet werden. Dieſes letztere kan man erfah- ren, (a) Inſtit. Phyſ. Tom. 3. Tract. 2. de cor- pore animali lib. 2. diſſert. 1. art. 3. §. 29. p. m. 291. S s 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/683
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/683>, abgerufen am 25.11.2024.