Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.der Pflantzen. ser von 110 Granen bis 249 zugenommenhatte und 13140 Gran Wasser waren ver- zehret worden; hingegen die in dem trüben Wasser war von 76 Granen bis auf 244 Gran gestiegen und waren 10731 Gran Wasser aufgegangen. Weil nun die Pflantze mehr wächset und doch weniger Wasser verzehret, wenn es von der Erde trübe, als wenn es reine ist; so schliesset er, daß die Erde die eigentliche Nahrung ist. Allein es wäre gut gewesen, wenn er für die Gewisheit mehr gesorget hätte. Denn er hätte sollen das Wasser ausdämpffen las- sen in beyden Gläsern und nachdem zusehen, ob in dem andern so viel mehr irrdische Ma- terie übrig bliebe, als er Erde hineingerüh- ret, massen in diesem Falle sichs klärlich ge- zeiget hätte, ob einige von der Erde mit in die Pflantze gegangen oder nicht. Denn wenn gleich eine Pflantze in mit Erde trübe ge- machtem Wasser mehr zunimmet, als in anderem: so folget doch deswegen noch nicht, daß die Erde mit in dieselbe gehet und zur Nahrung angewandt wird. Es kan in der guten Garten Erde etwas anders vor- handen seyn, das das Wasser so zureden auslauget und mit in die Pflantze steiget da- rinnen aber die Dauung befördert, daß der Nahrungs-Safft nahrhaffter wird: wel- ches schon dadurch einige Wahrscheinlich- keit erhält, weil weniger Abgang des Was- sers
der Pflantzen. ſer von 110 Granen bis 249 zugenommenhatte und 13140 Gran Waſſer waren ver- zehret worden; hingegen die in dem truͤben Waſſer war von 76 Granen bis auf 244 Gran geſtiegen und waren 10731 Gran Waſſer aufgegangen. Weil nun die Pflantze mehr waͤchſet und doch weniger Waſſer verzehret, wenn es von der Erde truͤbe, als wenn es reine iſt; ſo ſchlieſſet er, daß die Erde die eigentliche Nahrung iſt. Allein es waͤre gut geweſen, wenn er fuͤr die Gewisheit mehr geſorget haͤtte. Denn er haͤtte ſollen das Waſſer ausdaͤmpffen laſ- ſen in beyden Glaͤſern und nachdem zuſehen, ob in dem andern ſo viel mehr irrdiſche Ma- terie uͤbrig bliebe, als er Erde hineingeruͤh- ret, maſſen in dieſem Falle ſichs klaͤrlich ge- zeiget haͤtte, ob einige von der Erde mit in die Pflantze gegangen oder nicht. Denn wenn gleich eine Pflantze in mit Erde truͤbe ge- machtem Waſſer mehr zunimmet, als in anderem: ſo folget doch deswegen noch nicht, daß die Erde mit in dieſelbe gehet und zur Nahrung angewandt wird. Es kan in der guten Garten Erde etwas anders vor- handen ſeyn, das das Waſſer ſo zureden auslauget und mit in die Pflantze ſteiget da- rinnen aber die Dauung befoͤrdert, daß der Nahrungs-Safft nahrhaffter wird: wel- ches ſchon dadurch einige Wahrſcheinlich- keit erhaͤlt, weil weniger Abgang des Waſ- ſers
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der Pflantzen.
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hatte und 13140 Gran Waſſer waren ver-
zehret worden; hingegen die in dem truͤben
Waſſer war von 76 Granen bis auf 244
Gran geſtiegen und waren 10731 Gran
Waſſer aufgegangen. Weil nun die
Pflantze mehr waͤchſet und doch weniger
Waſſer verzehret, wenn es von der Erde
truͤbe, als wenn es reine iſt; ſo ſchlieſſet er,
daß die Erde die eigentliche Nahrung iſt.
Allein es waͤre gut geweſen, wenn er fuͤr die
Gewisheit mehr geſorget haͤtte. Denn er
haͤtte ſollen das Waſſer ausdaͤmpffen laſ-
ſen in beyden Glaͤſern und nachdem zuſehen,
ob in dem andern ſo viel mehr irrdiſche Ma-
terie uͤbrig bliebe, als er Erde hineingeruͤh-
ret, maſſen in dieſem Falle ſichs klaͤrlich ge-
zeiget haͤtte, ob einige von der Erde mit in die
Pflantze gegangen oder nicht. Denn wenn
gleich eine Pflantze in mit Erde truͤbe ge-
machtem Waſſer mehr zunimmet, als in
anderem: ſo folget doch deswegen noch
nicht, daß die Erde mit in dieſelbe gehet und
zur Nahrung angewandt wird. Es kan in
der guten Garten Erde etwas anders vor-
handen ſeyn, das das Waſſer ſo zureden
auslauget und mit in die Pflantze ſteiget da-
rinnen aber die Dauung befoͤrdert, daß der
Nahrungs-Safft nahrhaffter wird: wel-
ches ſchon dadurch einige Wahrſcheinlich-
keit erhaͤlt, weil weniger Abgang des Waſ-
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