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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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Cap. XI. Von dem Wachsthum
Vergrösserungs-Glaß zeiget es auch noch
deutlicher. Jch habe Blätter von vielerley
Bäumen vielfältig betrachtet und niemahls
anders als so gefunden. Es ist wohl wahr,
daß, wenn man alle Aestlein, die nach der
Breite des Blates zu sehen sind, zusammen
nehmen solte, ein viel dickerer Stiel heraus
kommen würde, als er unten ist: allein zu-
geschweigen, daß jedes eine besondere Rin-
de hat, und man zuförderst dieselbe abson-
dern müste, ehe sich die Vergleichung der
Grösse anstellen lässet, so können auch die
Röhrlein und das Marck nebst der bläsich-
ten Materie stärcker wachsen als in dem
Stiele, wo sie bey einander sind, wovon sich
auch nachdem die Ursache zeigen wird. Auff
eben solche Weise entspringen die übrigen
Zweiglein aus diesen kleinen Aesten und so
weiter fort, biß endlich die letzten Fäselein
sich in sich selbst verlieren: die übrige Mate-
rie, welche man utriculos zu nennen pfleget,
erscheinet durch ein Vergrösserungs Glaß,
wenn man das Häutlein mit einem subti-
len Federmesserlein abgesondert, wie ordent-
lich neben einander gelegte Reihen Küglein.
Unterdessen wenn man dieselben weiter ver-
grössert, so findet man in ihnen eine Menge
so kleiner Theilgen, die man nicht genau er-
kennen und unterscheiden kan. Jhre Far-
be ist gantz grüne und eben von ihnen hat
das Blat seine grüne Farbe. Daß aber

zwi-

Cap. XI. Von dem Wachsthum
Vergroͤſſerungs-Glaß zeiget es auch noch
deutlicher. Jch habe Blaͤtter von vielerley
Baͤumen vielfaͤltig betrachtet und niemahls
anders als ſo gefunden. Es iſt wohl wahr,
daß, wenn man alle Aeſtlein, die nach der
Breite des Blates zu ſehen ſind, zuſammen
nehmen ſolte, ein viel dickerer Stiel heraus
kommen wuͤrde, als er unten iſt: allein zu-
geſchweigen, daß jedes eine beſondere Rin-
de hat, und man zufoͤrderſt dieſelbe abſon-
dern muͤſte, ehe ſich die Vergleichung der
Groͤſſe anſtellen laͤſſet, ſo koͤnnen auch die
Roͤhrlein und das Marck nebſt der blaͤſich-
ten Materie ſtaͤrcker wachſen als in dem
Stiele, wo ſie bey einander ſind, wovon ſich
auch nachdem die Urſache zeigen wird. Auff
eben ſolche Weiſe entſpringen die uͤbrigen
Zweiglein aus dieſen kleinen Aeſten und ſo
weiter fort, biß endlich die letzten Faͤſelein
ſich in ſich ſelbſt verlieren: die uͤbrige Mate-
rie, welche man utriculos zu nennen pfleget,
erſcheinet durch ein Vergroͤſſerungs Glaß,
wenn man das Haͤutlein mit einem ſubti-
len Federmeſſerlein abgeſondert, wie ordent-
lich neben einander gelegte Reihen Kuͤglein.
Unterdeſſen wenn man dieſelben weiter ver-
groͤſſert, ſo findet man in ihnen eine Menge
ſo kleiner Theilgen, die man nicht genau er-
kennen und unterſcheiden kan. Jhre Far-
be iſt gantz gruͤne und eben von ihnen hat
das Blat ſeine gruͤne Farbe. Daß aber

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[612/0648] Cap. XI. Von dem Wachsthum Vergroͤſſerungs-Glaß zeiget es auch noch deutlicher. Jch habe Blaͤtter von vielerley Baͤumen vielfaͤltig betrachtet und niemahls anders als ſo gefunden. Es iſt wohl wahr, daß, wenn man alle Aeſtlein, die nach der Breite des Blates zu ſehen ſind, zuſammen nehmen ſolte, ein viel dickerer Stiel heraus kommen wuͤrde, als er unten iſt: allein zu- geſchweigen, daß jedes eine beſondere Rin- de hat, und man zufoͤrderſt dieſelbe abſon- dern muͤſte, ehe ſich die Vergleichung der Groͤſſe anſtellen laͤſſet, ſo koͤnnen auch die Roͤhrlein und das Marck nebſt der blaͤſich- ten Materie ſtaͤrcker wachſen als in dem Stiele, wo ſie bey einander ſind, wovon ſich auch nachdem die Urſache zeigen wird. Auff eben ſolche Weiſe entſpringen die uͤbrigen Zweiglein aus dieſen kleinen Aeſten und ſo weiter fort, biß endlich die letzten Faͤſelein ſich in ſich ſelbſt verlieren: die uͤbrige Mate- rie, welche man utriculos zu nennen pfleget, erſcheinet durch ein Vergroͤſſerungs Glaß, wenn man das Haͤutlein mit einem ſubti- len Federmeſſerlein abgeſondert, wie ordent- lich neben einander gelegte Reihen Kuͤglein. Unterdeſſen wenn man dieſelben weiter ver- groͤſſert, ſo findet man in ihnen eine Menge ſo kleiner Theilgen, die man nicht genau er- kennen und unterſcheiden kan. Jhre Far- be iſt gantz gruͤne und eben von ihnen hat das Blat ſeine gruͤne Farbe. Daß aber zwi-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/648>, abgerufen am 25.11.2024.