Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. IX. Von dem Wasser
mehr vermehren, als sie zu derselben Zeit die
Sonne wegen ihrer Entfernung von dem
AEquatore vermindert, und solchergestalt
kan man alsdenn nicht spüren, daß die grö-
sten Fluthen kleiner sind als zu anderer Zeit
des Jahres. Dieses kommet alles mit dem
überein, was wir vorhin aus denen der Kö-
niglichen Academie der Wissenschafften zu
Paris communicirten Observationen an-
geführet. Weil aber auch die Sonne ihre
Krafft mehr zeiget, wenn sie der Erde nahe,
als wenn sie weil von ihr weg ist, aus der
Astronomie aber bekandt, daß sie in den
Winter-Monathen der Erde näher ist als
in den Sommer-Monathen: so muß auch
dieselbe durch ihre Würckung nach Be-
schaffenheit der Umstände den Mond mehr
helffen, oder ihn auch mehr hindern, in den
Winter-Monathen als in den Sommer-
Monathen. Man siehet leicht, daß sich
sehr viele Lehr-Sätze aus diesen Gründen
bestetigen liessen, die den Unterscheid der Eb-
be und Fluth nach dem verschiedenen Stan-
de des Monds und der Sonne gegen die Er-
de klärlich zeigeten, wenn wir die Sache
weitläufftig untersuchen dörfften. Bisher
haben wir nicht acht gehabt auf den Unter-
scheid der Breite der Oerter, oder ihre Ent-
fernung von der Linie darauf gleichwohl
auch zusehen ist, weil der Mond von einen
Orte weiter weg ist als von dem andern, sei-

ne

Cap. IX. Von dem Waſſer
mehr vermehren, als ſie zu derſelben Zeit die
Sonne wegen ihrer Entfernung von dem
Æquatore vermindert, und ſolchergeſtalt
kan man alsdenn nicht ſpuͤren, daß die groͤ-
ſten Fluthen kleiner ſind als zu anderer Zeit
des Jahres. Dieſes kommet alles mit dem
uͤberein, was wir vorhin aus denen der Koͤ-
niglichen Academie der Wiſſenſchafften zu
Paris communicirten Obſervationen an-
gefuͤhret. Weil aber auch die Sonne ihre
Krafft mehr zeiget, wenn ſie der Erde nahe,
als wenn ſie weil von ihr weg iſt, aus der
Aſtronomie aber bekandt, daß ſie in den
Winter-Monathen der Erde naͤher iſt als
in den Sommer-Monathen: ſo muß auch
dieſelbe durch ihre Wuͤrckung nach Be-
ſchaffenheit der Umſtaͤnde den Mond mehr
helffen, oder ihn auch mehr hindern, in den
Winter-Monathen als in den Sommer-
Monathen. Man ſiehet leicht, daß ſich
ſehr viele Lehr-Saͤtze aus dieſen Gruͤnden
beſtetigen lieſſen, die den Unterſcheid der Eb-
be und Fluth nach dem verſchiedenen Stan-
de des Monds und der Sonne gegen die Er-
de klaͤrlich zeigeten, wenn wir die Sache
weitlaͤufftig unterſuchen doͤrfften. Bisher
haben wir nicht acht gehabt auf den Unter-
ſcheid der Breite der Oerter, oder ihre Ent-
fernung von der Linie darauf gleichwohl
auch zuſehen iſt, weil der Mond von einen
Orte weiter weg iſt als von dem andern, ſei-

ne
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0580" n="544"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. IX.</hi> Von dem Wa&#x017F;&#x017F;er</hi></fw><lb/>
mehr vermehren, als &#x017F;ie zu der&#x017F;elben Zeit die<lb/>
Sonne wegen ihrer Entfernung von dem<lb/><hi rendition="#aq">Æquatore</hi> vermindert, und &#x017F;olcherge&#x017F;talt<lb/>
kan man alsdenn nicht &#x017F;pu&#x0364;ren, daß die gro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten Fluthen kleiner &#x017F;ind als zu anderer Zeit<lb/>
des Jahres. Die&#x017F;es kommet alles mit dem<lb/>
u&#x0364;berein, was wir vorhin aus denen der Ko&#x0364;-<lb/>
niglichen Academie der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften zu<lb/>
Paris communicirten Ob&#x017F;ervationen an-<lb/>
gefu&#x0364;hret. Weil aber auch die Sonne ihre<lb/>
Krafft mehr zeiget, wenn &#x017F;ie der Erde nahe,<lb/>
als wenn &#x017F;ie weil von ihr weg i&#x017F;t, aus der<lb/>
A&#x017F;tronomie aber bekandt, daß &#x017F;ie in den<lb/>
Winter-Monathen der Erde na&#x0364;her i&#x017F;t als<lb/>
in den Sommer-Monathen: &#x017F;o muß auch<lb/>
die&#x017F;elbe durch ihre Wu&#x0364;rckung nach Be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit der Um&#x017F;ta&#x0364;nde den Mond mehr<lb/>
helffen, oder ihn auch mehr hindern, in den<lb/>
Winter-Monathen als in den Sommer-<lb/>
Monathen. Man &#x017F;iehet leicht, daß &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;ehr viele Lehr-Sa&#x0364;tze aus die&#x017F;en Gru&#x0364;nden<lb/>
be&#x017F;tetigen lie&#x017F;&#x017F;en, die den Unter&#x017F;cheid der Eb-<lb/>
be und Fluth nach dem ver&#x017F;chiedenen Stan-<lb/>
de des Monds und der Sonne gegen die Er-<lb/>
de kla&#x0364;rlich zeigeten, wenn wir die Sache<lb/>
weitla&#x0364;ufftig unter&#x017F;uchen do&#x0364;rfften. Bisher<lb/>
haben wir nicht acht gehabt auf den Unter-<lb/>
&#x017F;cheid der Breite der Oerter, oder ihre Ent-<lb/>
fernung von der Linie darauf gleichwohl<lb/>
auch zu&#x017F;ehen i&#x017F;t, weil der Mond von einen<lb/>
Orte weiter weg i&#x017F;t als von dem andern, &#x017F;ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ne</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[544/0580] Cap. IX. Von dem Waſſer mehr vermehren, als ſie zu derſelben Zeit die Sonne wegen ihrer Entfernung von dem Æquatore vermindert, und ſolchergeſtalt kan man alsdenn nicht ſpuͤren, daß die groͤ- ſten Fluthen kleiner ſind als zu anderer Zeit des Jahres. Dieſes kommet alles mit dem uͤberein, was wir vorhin aus denen der Koͤ- niglichen Academie der Wiſſenſchafften zu Paris communicirten Obſervationen an- gefuͤhret. Weil aber auch die Sonne ihre Krafft mehr zeiget, wenn ſie der Erde nahe, als wenn ſie weil von ihr weg iſt, aus der Aſtronomie aber bekandt, daß ſie in den Winter-Monathen der Erde naͤher iſt als in den Sommer-Monathen: ſo muß auch dieſelbe durch ihre Wuͤrckung nach Be- ſchaffenheit der Umſtaͤnde den Mond mehr helffen, oder ihn auch mehr hindern, in den Winter-Monathen als in den Sommer- Monathen. Man ſiehet leicht, daß ſich ſehr viele Lehr-Saͤtze aus dieſen Gruͤnden beſtetigen lieſſen, die den Unterſcheid der Eb- be und Fluth nach dem verſchiedenen Stan- de des Monds und der Sonne gegen die Er- de klaͤrlich zeigeten, wenn wir die Sache weitlaͤufftig unterſuchen doͤrfften. Bisher haben wir nicht acht gehabt auf den Unter- ſcheid der Breite der Oerter, oder ihre Ent- fernung von der Linie darauf gleichwohl auch zuſehen iſt, weil der Mond von einen Orte weiter weg iſt als von dem andern, ſei- ne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/580
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/580>, abgerufen am 25.11.2024.