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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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auf den Erdboden.
sich hat. Kepler (c) und Cartesius (d)
bleiben bey dem Mond, und geben ihn als
die Ursache der Ebbe und Fluth an, aber
auf verschiedene Weise. Denn jener ei-
gnet dem Mond eine magnetische Krafft zu,
dadurch er das Wasser in der See gleich-
sam an sich ziehet: dieser hingegen nimmet
an, daß der Mond die Himmels-Lufft dru-
cke und seinen Druck durch unsere Lufft bis
auf das Wasser in der See erstrecket, wo-
durch dasselbe gegen die Ufer getrieben wird.
Beyde Meinungen kommen mit den beson-
deren Umständen überein; nur sind sie da-
rinnen unterschieden, daß nach Keplern
das Wasser unter dem Mond aufschwellt,
hingegen nach Cartesio eingedruckt wird.
Weil nun dieser beyden grossen Weltwei-
sen Meinungen mehr Wahrscheinlichkeit
haben als die übrigen: so wollen wir diesel-
ben auch umständlicher vorstellen, damit sie
denen, welche die Historie der Ebbe und
Fluth genauer zu untersuchen Gelegenheit
haben, zeigen mögen, worauf sie eigentlich
acht zugeben haben.

§. 356.

Keplers Meinung hat derKeplers
u. New
tons
Meinung

grosse Mathematicus in Engelland Herr
Newton angenommen und in grösseres

Licht
(c) in Astronomia lunari p. 70
(d) Princip. Phil. part. 4 §. 49 p.m. 158
L l 4

auf den Erdboden.
ſich hat. Kepler (c) und Carteſius (d)
bleiben bey dem Mond, und geben ihn als
die Urſache der Ebbe und Fluth an, aber
auf verſchiedene Weiſe. Denn jener ei-
gnet dem Mond eine magnetiſche Krafft zu,
dadurch er das Waſſer in der See gleich-
ſam an ſich ziehet: dieſer hingegen nimmet
an, daß der Mond die Himmels-Lufft dru-
cke und ſeinen Druck durch unſere Lufft bis
auf das Waſſer in der See erſtrecket, wo-
durch daſſelbe gegen die Ufer getrieben wird.
Beyde Meinungen kommen mit den beſon-
deren Umſtaͤnden uͤberein; nur ſind ſie da-
rinnen unterſchieden, daß nach Keplern
das Waſſer unter dem Mond aufſchwellt,
hingegen nach Carteſio eingedruckt wird.
Weil nun dieſer beyden groſſen Weltwei-
ſen Meinungen mehr Wahrſcheinlichkeit
haben als die uͤbrigen: ſo wollen wir dieſel-
ben auch umſtaͤndlicher vorſtellen, damit ſie
denen, welche die Hiſtorie der Ebbe und
Fluth genauer zu unterſuchen Gelegenheit
haben, zeigen moͤgen, worauf ſie eigentlich
acht zugeben haben.

§. 356.

Keplers Meinung hat derKeplers
u. New
tons
Meinung

groſſe Mathematicus in Engelland Herr
Newton angenommen und in groͤſſeres

Licht
(c) in Aſtronomia lunari p. 70
(d) Princip. Phil. part. 4 §. 49 p.m. 158
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[535/0571] auf den Erdboden. ſich hat. Kepler (c) und Carteſius (d) bleiben bey dem Mond, und geben ihn als die Urſache der Ebbe und Fluth an, aber auf verſchiedene Weiſe. Denn jener ei- gnet dem Mond eine magnetiſche Krafft zu, dadurch er das Waſſer in der See gleich- ſam an ſich ziehet: dieſer hingegen nimmet an, daß der Mond die Himmels-Lufft dru- cke und ſeinen Druck durch unſere Lufft bis auf das Waſſer in der See erſtrecket, wo- durch daſſelbe gegen die Ufer getrieben wird. Beyde Meinungen kommen mit den beſon- deren Umſtaͤnden uͤberein; nur ſind ſie da- rinnen unterſchieden, daß nach Keplern das Waſſer unter dem Mond aufſchwellt, hingegen nach Carteſio eingedruckt wird. Weil nun dieſer beyden groſſen Weltwei- ſen Meinungen mehr Wahrſcheinlichkeit haben als die uͤbrigen: ſo wollen wir dieſel- ben auch umſtaͤndlicher vorſtellen, damit ſie denen, welche die Hiſtorie der Ebbe und Fluth genauer zu unterſuchen Gelegenheit haben, zeigen moͤgen, worauf ſie eigentlich acht zugeben haben. §. 356. Keplers Meinung hat der groſſe Mathematicus in Engelland Herr Newton angenommen und in groͤſſeres Licht Keplers u. New tons Meinung (c) in Aſtronomia lunari p. 70 (d) Princip. Phil. part. 4 §. 49 p.m. 158 L l 4

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/571>, abgerufen am 22.11.2024.