Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

auf dem Erdboden.
Flüsse wieder in die Quellen zurücke. Al-
lein es hat bald grosse Schwierigkeiten ge-
setzet, wie das Wasser in der Qvelle so hoch
kommen kan, daß es daselbst heraus fleußt.
Aus den Qvellen rinnet das Wasser durch
die Bäche in die Flüsse und aus den Flüssen
fleußt es in die See. Das Wasser fleußt
nicht in die Höhe, sondern wo es hin flies-
sen soll, daselbst muß es immer niedriger
seyn, wie wir bald die Ursachen davon ver-
nehmen werden. Derowegen müssen auch
die Bäche niedriger seyn als die Qvellen,
die Flüsse niedriger als die Bäche und das
Meer niedriger als die Flüsse, folgends gar
viel niedriger als die Quelle. Und die Qvel-
le lieget nicht umb ein weniges höher als
das Meer. Denn ohne darauf acht zu ha-
ben, daß die Qvellen an und auf den Ber-
gen sich befinden, so gehe man nur an einem
Flusse nach der Länge herunter und rechne
das Mühl-Gefälle zusammen, was man bey
den Mühlen, die man nach einander den Fluß
herunter antrift, findet, alsdenn wird man
inne werden, wie viel in einer kleinen Länge
der Fluß sich gesencket hat, und daraus
einiger massen ermessen können, wie gar viel
er sich noch ferner sencken muß, ehe er in
die See kommet. Da nun eine ausge-
machte Sache ist, daß die Qvelle gar sehr
viel höher lieget als das Meer, und gleich-
wohl durch den Druck des See-Wassers in

der

auf dem Erdboden.
Fluͤſſe wieder in die Quellen zuruͤcke. Al-
lein es hat bald groſſe Schwierigkeiten ge-
ſetzet, wie das Waſſer in der Qvelle ſo hoch
kommen kan, daß es daſelbſt heraus fleußt.
Aus den Qvellen rinnet das Waſſer durch
die Baͤche in die Fluͤſſe und aus den Fluͤſſen
fleußt es in die See. Das Waſſer fleußt
nicht in die Hoͤhe, ſondern wo es hin flieſ-
ſen ſoll, daſelbſt muß es immer niedriger
ſeyn, wie wir bald die Urſachen davon ver-
nehmen werden. Derowegen muͤſſen auch
die Baͤche niedriger ſeyn als die Qvellen,
die Fluͤſſe niedriger als die Baͤche und das
Meer niedriger als die Fluͤſſe, folgends gar
viel niedriger als die Quelle. Und die Qvel-
le lieget nicht umb ein weniges hoͤher als
das Meer. Denn ohne darauf acht zu ha-
ben, daß die Qvellen an und auf den Ber-
gen ſich befinden, ſo gehe man nur an einem
Fluſſe nach der Laͤnge herunter und rechne
das Muͤhl-Gefaͤlle zuſammen, was man bey
den Muͤhlẽ, die man nach einander den Fluß
herunter antrift, findet, alsdenn wird man
inne werden, wie viel in einer kleinen Laͤnge
der Fluß ſich geſencket hat, und daraus
einiger maſſen ermeſſen koͤnnen, wie gar viel
er ſich noch ferner ſencken muß, ehe er in
die See kommet. Da nun eine ausge-
machte Sache iſt, daß die Qvelle gar ſehr
viel hoͤher lieget als das Meer, und gleich-
wohl durch den Druck des See-Waſſers in

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0529" n="493"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">auf dem Erdboden.</hi></fw><lb/>
Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e wieder in die Quellen zuru&#x0364;cke. Al-<lb/>
lein es hat bald gro&#x017F;&#x017F;e Schwierigkeiten ge-<lb/>
&#x017F;etzet, wie das Wa&#x017F;&#x017F;er in der Qvelle &#x017F;o hoch<lb/>
kommen kan, daß es da&#x017F;elb&#x017F;t heraus fleußt.<lb/>
Aus den Qvellen rinnet das Wa&#x017F;&#x017F;er durch<lb/>
die Ba&#x0364;che in die Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und aus den Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
fleußt es in die See. Das Wa&#x017F;&#x017F;er fleußt<lb/>
nicht in die Ho&#x0364;he, &#x017F;ondern wo es hin flie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;oll, da&#x017F;elb&#x017F;t muß es immer niedriger<lb/>
&#x017F;eyn, wie wir bald die Ur&#x017F;achen davon ver-<lb/>
nehmen werden. Derowegen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auch<lb/>
die Ba&#x0364;che niedriger &#x017F;eyn als die Qvellen,<lb/>
die Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e niedriger als die Ba&#x0364;che und das<lb/>
Meer niedriger als die Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, folgends gar<lb/>
viel niedriger als die Quelle. Und die Qvel-<lb/>
le lieget nicht umb ein weniges ho&#x0364;her als<lb/>
das Meer. Denn ohne darauf acht zu ha-<lb/>
ben, daß die Qvellen an und auf den Ber-<lb/>
gen &#x017F;ich befinden, &#x017F;o gehe man nur an einem<lb/>
Flu&#x017F;&#x017F;e nach der La&#x0364;nge herunter und rechne<lb/>
das Mu&#x0364;hl-Gefa&#x0364;lle zu&#x017F;ammen, was man bey<lb/>
den Mu&#x0364;hl&#x1EBD;, die man nach einander den Fluß<lb/>
herunter antrift, findet, alsdenn wird man<lb/>
inne werden, wie viel in einer kleinen La&#x0364;nge<lb/>
der Fluß &#x017F;ich ge&#x017F;encket hat, und daraus<lb/>
einiger ma&#x017F;&#x017F;en erme&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen, wie gar viel<lb/>
er &#x017F;ich noch ferner &#x017F;encken muß, ehe er in<lb/>
die See kommet. Da nun eine ausge-<lb/>
machte Sache i&#x017F;t, daß die Qvelle gar &#x017F;ehr<lb/>
viel ho&#x0364;her lieget als das Meer, und gleich-<lb/>
wohl durch den Druck des See-Wa&#x017F;&#x017F;ers in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[493/0529] auf dem Erdboden. Fluͤſſe wieder in die Quellen zuruͤcke. Al- lein es hat bald groſſe Schwierigkeiten ge- ſetzet, wie das Waſſer in der Qvelle ſo hoch kommen kan, daß es daſelbſt heraus fleußt. Aus den Qvellen rinnet das Waſſer durch die Baͤche in die Fluͤſſe und aus den Fluͤſſen fleußt es in die See. Das Waſſer fleußt nicht in die Hoͤhe, ſondern wo es hin flieſ- ſen ſoll, daſelbſt muß es immer niedriger ſeyn, wie wir bald die Urſachen davon ver- nehmen werden. Derowegen muͤſſen auch die Baͤche niedriger ſeyn als die Qvellen, die Fluͤſſe niedriger als die Baͤche und das Meer niedriger als die Fluͤſſe, folgends gar viel niedriger als die Quelle. Und die Qvel- le lieget nicht umb ein weniges hoͤher als das Meer. Denn ohne darauf acht zu ha- ben, daß die Qvellen an und auf den Ber- gen ſich befinden, ſo gehe man nur an einem Fluſſe nach der Laͤnge herunter und rechne das Muͤhl-Gefaͤlle zuſammen, was man bey den Muͤhlẽ, die man nach einander den Fluß herunter antrift, findet, alsdenn wird man inne werden, wie viel in einer kleinen Laͤnge der Fluß ſich geſencket hat, und daraus einiger maſſen ermeſſen koͤnnen, wie gar viel er ſich noch ferner ſencken muß, ehe er in die See kommet. Da nun eine ausge- machte Sache iſt, daß die Qvelle gar ſehr viel hoͤher lieget als das Meer, und gleich- wohl durch den Druck des See-Waſſers in der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/529
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/529>, abgerufen am 22.11.2024.