daß, da der geometrische Cörper bloß das- jenige in sich fasset, was in allen Cörpern überhaupt betrachtet stat finden würde, es möchte eine Welt würcklich da seyn, was für eine nur wolte, auch diejenigen Theile, wel- che man an ihm annimmet so beschaffen sind, daß sie nicht alle zugleich stat finden können. Es sind bloß mögliche Theile, da- von einige mit einander zugleich den Raum erfüllen und ein gantzes ausmachen können, dergestalt daß mehr als auf einerley Weise dadurch ein gantzes herauskommen kan. Wenn man nun alle diese Theile als würcklich ne- ben einander in einem gantzen auf einmahl annimmet; so entstehet dadurch nothwen- dig eine Verwirrung, daraus man nicht kommen kan. Jch will es durch ein Exempel von Zahlen genommen erläutern. Es sey die Zahl 12, deren Theile wir in Betrach- tung ziehen wollen. Niemand wird leug- nen, daß 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10. 11, das ist, alle Zahlen, die kleiner als 12 seyn, Thei- le von der Zahl zwölffe sind: allein es sind nur mögliche, aber nicht würckliche Theile. Nemlich nicht alle zugleich, sondern nur ei- nige unter ihnen können zusammen das gan- tze ausmachen. Wollte man die mögli- chen Theile mit den würcklichen vermengen und den an sich klaren Satz, das gantze ist seinen Theilen zusammen gleich, als et- was wahres annehmen; so folgete daraus,
daß
und der Natur der Coͤrper.
daß, da der geometriſche Coͤrper bloß das- jenige in ſich faſſet, was in allen Coͤrpern uͤberhaupt betrachtet ſtat finden wuͤrde, es moͤchte eine Welt wuͤrcklich da ſeyn, was fuͤr eine nur wolte, auch diejenigen Theile, wel- che man an ihm annimmet ſo beſchaffen ſind, daß ſie nicht alle zugleich ſtat finden koͤnnen. Es ſind bloß moͤgliche Theile, da- von einige mit einander zugleich den Raum erfuͤllen und ein gantzes ausmachen koͤnnen, dergeſtalt daß mehr als auf einerley Weiſe dadurch ein gantzes herauskom̃en kan. Weñ man nun alle dieſe Theile als wuͤrcklich ne- ben einander in einem gantzen auf einmahl annimmet; ſo entſtehet dadurch nothwen- dig eine Verwirrung, daraus man nicht kommen kan. Jch will es durch ein Exempel von Zahlen genommen erlaͤutern. Es ſey die Zahl 12, deren Theile wir in Betrach- tung ziehen wollen. Niemand wird leug- nen, daß 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10. 11, das iſt, alle Zahlen, die kleiner als 12 ſeyn, Thei- le von der Zahl zwoͤlffe ſind: allein es ſind nur moͤgliche, aber nicht wuͤrckliche Theile. Nemlich nicht alle zugleich, ſondern nur ei- nige unter ihnen koͤnnen zuſammen das gan- tze ausmachen. Wollte man die moͤgli- chen Theile mit den wuͤrcklichen vermengen und den an ſich klaren Satz, das gantze iſt ſeinen Theilen zuſammen gleich, als et- was wahres annehmen; ſo folgete daraus,
daß
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und der Natur der Coͤrper.
daß, da der geometriſche Coͤrper bloß das-
jenige in ſich faſſet, was in allen Coͤrpern
uͤberhaupt betrachtet ſtat finden wuͤrde, es
moͤchte eine Welt wuͤrcklich da ſeyn, was fuͤr
eine nur wolte, auch diejenigen Theile, wel-
che man an ihm annimmet ſo beſchaffen
ſind, daß ſie nicht alle zugleich ſtat finden
koͤnnen. Es ſind bloß moͤgliche Theile, da-
von einige mit einander zugleich den Raum
erfuͤllen und ein gantzes ausmachen koͤnnen,
dergeſtalt daß mehr als auf einerley Weiſe
dadurch ein gantzes herauskom̃en kan. Weñ
man nun alle dieſe Theile als wuͤrcklich ne-
ben einander in einem gantzen auf einmahl
annimmet; ſo entſtehet dadurch nothwen-
dig eine Verwirrung, daraus man nicht
kommen kan. Jch will es durch ein Exempel
von Zahlen genommen erlaͤutern. Es ſey
die Zahl 12, deren Theile wir in Betrach-
tung ziehen wollen. Niemand wird leug-
nen, daß 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10. 11, das
iſt, alle Zahlen, die kleiner als 12 ſeyn, Thei-
le von der Zahl zwoͤlffe ſind: allein es ſind
nur moͤgliche, aber nicht wuͤrckliche Theile.
Nemlich nicht alle zugleich, ſondern nur ei-
nige unter ihnen koͤnnen zuſammen das gan-
tze ausmachen. Wollte man die moͤgli-
chen Theile mit den wuͤrcklichen vermengen
und den an ſich klaren Satz, das gantze iſt
ſeinen Theilen zuſammen gleich, als et-
was wahres annehmen; ſo folgete daraus,
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/49>, abgerufen am 24.11.2024.
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