Erfahrung hat mich das Gegentheil geleh- ret, indem dazumahl, als ich den grossen Hoff um den Mond observirete (§. 306, ein sehr starcker Wind wehete, der doch in ihm nicht das geringste änderte. Man kan auch leicht begreiffen, daß daran nichts gelegen sey, ob dieses Hagel-Körnlein in seiner Stelle ver- bleibet, oder ob ein anderes von eben der Art hinein rücket, indem eines wie das an- dere das Licht reflectiret und refringriret. Wir sehen es ja bey dem Versuche, wo ein Regenbogen durch die herabfallende Tropf- fen in der Lufft zuwege gebracht wird (§. 171 T. II. Exper.), daß derselbe unverrückt in seiner Stelle verbleibet, unerachtet be- ständig neue Tropffen in die Stellekommen, wo man die Regenbogen-Farben siehet. Und eben diese Bewandnis hat es mit dem Regenbogen, der sich in dem aus dem Springbrunnen springendem Wasser zei- get (§. 171 T. II. Exper.).
§. 316.
Wir sehen unterweilen dieWarumb die Son- ne durch die Wol- cken ohne Strah- len zu se- hen. Sonne, sonderlich im Herbste und gegen den Frühling, ohne einigen Glantz wie einen silbernen Teller durch die Wolcken. Jn diesem Falle ist klar, daß die Dünste, dar- aus die Wolcken bestehen (§. 216), nur einen Theil des Sonnen-Lichtes zurücke halten, einen Theil aber noch zu dem Auge herun- ter lassen. Wir sehen demnach die Sonne ohne Strahlen und einen hellen Glantz,
wenn
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und andern Lufft-Erſcheinungen.
Erfahrung hat mich das Gegentheil geleh- ret, indem dazumahl, als ich den groſſen Hoff um den Mond obſervirete (§. 306, ein ſehr ſtarcker Wind wehete, der doch in ihm nicht das geringſte aͤnderte. Man kan auch leicht begreiffen, daß daran nichts gelegen ſey, ob dieſes Hagel-Koͤrnlein in ſeiner Stelle ver- bleibet, oder ob ein anderes von eben der Art hinein ruͤcket, indem eines wie das an- dere das Licht reflectiret und refringriret. Wir ſehen es ja bey dem Verſuche, wo ein Regenbogen durch die herabfallende Tropf- fen in der Lufft zuwege gebracht wird (§. 171 T. II. Exper.), daß derſelbe unverruͤckt in ſeiner Stelle verbleibet, unerachtet be- ſtaͤndig neue Tropffen in die Stellekommen, wo man die Regenbogen-Farben ſiehet. Und eben dieſe Bewandnis hat es mit dem Regenbogen, der ſich in dem aus dem Springbrunnen ſpringendem Waſſer zei- get (§. 171 T. II. Exper.).
§. 316.
Wir ſehen unterweilen dieWarumb die Son- ne durch die Wol- cken ohne Strah- len zu ſe- hen. Sonne, ſonderlich im Herbſte und gegen den Fruͤhling, ohne einigen Glantz wie einen ſilbernen Teller durch die Wolcken. Jn dieſem Falle iſt klar, daß die Duͤnſte, dar- aus die Wolcken beſtehen (§. 216), nur einen Theil des Sonnen-Lichtes zuruͤcke halten, einen Theil aber noch zu dem Auge herun- ter laſſen. Wir ſehen demnach die Sonne ohne Strahlen und einen hellen Glantz,
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und andern Lufft-Erſcheinungen.
Erfahrung hat mich das Gegentheil geleh-
ret, indem dazumahl, als ich den groſſen Hoff
um den Mond obſervirete (§. 306, ein ſehr
ſtarcker Wind wehete, der doch in ihm nicht
das geringſte aͤnderte. Man kan auch leicht
begreiffen, daß daran nichts gelegen ſey, ob
dieſes Hagel-Koͤrnlein in ſeiner Stelle ver-
bleibet, oder ob ein anderes von eben der
Art hinein ruͤcket, indem eines wie das an-
dere das Licht reflectiret und refringriret.
Wir ſehen es ja bey dem Verſuche, wo ein
Regenbogen durch die herabfallende Tropf-
fen in der Lufft zuwege gebracht wird (§.
171 T. II. Exper.), daß derſelbe unverruͤckt
in ſeiner Stelle verbleibet, unerachtet be-
ſtaͤndig neue Tropffen in die Stellekommen,
wo man die Regenbogen-Farben ſiehet.
Und eben dieſe Bewandnis hat es mit dem
Regenbogen, der ſich in dem aus dem
Springbrunnen ſpringendem Waſſer zei-
get (§. 171 T. II. Exper.).
§. 316. Wir ſehen unterweilen die
Sonne, ſonderlich im Herbſte und gegen
den Fruͤhling, ohne einigen Glantz wie einen
ſilbernen Teller durch die Wolcken. Jn
dieſem Falle iſt klar, daß die Duͤnſte, dar-
aus die Wolcken beſtehen (§. 216), nur einen
Theil des Sonnen-Lichtes zuruͤcke halten,
einen Theil aber noch zu dem Auge herun-
ter laſſen. Wir ſehen demnach die Sonne
ohne Strahlen und einen hellen Glantz,
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die Son-
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die Wol-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/459>, abgerufen am 25.11.2024.
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