zog, die dem Mond gegen über von einem stillen Winde getrieben ward, der dazu- mahl bald voll und über dem Horizont bis 30 Grad erhaben war. Darinnen nahm er einen weissen Regenbogen wahr, der eine Weile daurete, nach diesem aber ver- schwand. Das Licht des Monds ist schwach und die Dünste sind nicht wässerig genung, noch in grosse Tröpflein zusammen geflossen gewesen: derowegen ist kein Wun- der, daß es an Farben gefehlet (§. 292). Daß die Schwäche des Mond-Lichtes nicht allein Schuld daran gewesen, warumb die Far- ben gefehlet, werden wir bald aus dem fol- genden ersehen, wenn wir von dem Hoffe um den Mond reden werden, der unterweilen die schönsten Regenbogen-Farben hat.
Wenn der Re- gen bogen verkehrt gesehen wird.
§. 305.
Man pflegt auch anzugeben, als wenn man verkehrte Regen-Bogen in der Lufft gesehen hätte, die Cartesius schon zuerklären gesucht b. Es stehet nemlich der Regen-Bogen verkehrt, wenn die erha- bene Seite und der Scheitel des Bogens gegen die Erde, die Höhle aber und die Schenckel gegen den Himmel gekehrt sind. Cartesius hat gewiesen, wie dergleichen möglich ist, wenn der Regenbogen, der hin- ter unserem Rücken stehet, sich von einem Wasser in die Regen-Tropffen reflectirt,
welche
bTract, de Meteorisc, 28. §. 13. p. m. 225. 226
Cap. VII. Von dem Regenbogen,
zog, die dem Mond gegen uͤber von einem ſtillen Winde getrieben ward, der dazu- mahl bald voll und uͤber dem Horizont bis 30 Grad erhaben war. Darinnen nahm er einen weiſſen Regenbogen wahr, der eine Weile daurete, nach dieſem aber ver- ſchwand. Das Licht des Monds iſt ſchwach und die Duͤnſte ſind nicht waͤſſerig genung, noch in groſſe Troͤpflein zuſammen gefloſſen geweſen: derowegen iſt kein Wun- der, daß es an Farben gefehlet (§. 292). Daß die Schwaͤche des Mond-Lichtes nicht allein Schuld daran geweſen, warumb die Far- ben gefehlet, werden wir bald aus dem fol- genden erſehen, wenn wir von dem Hoffe um den Mond reden werden, der unterweilen die ſchoͤnſten Regenbogen-Farben hat.
Wenn der Re- gen bogen verkehrt geſehen wird.
§. 305.
Man pflegt auch anzugeben, als wenn man verkehrte Regen-Bogen in der Lufft geſehen haͤtte, die Carteſius ſchon zuerklaͤren geſucht b. Es ſtehet nemlich der Regen-Bogen verkehrt, wenn die erha- bene Seite und der Scheitel des Bogens gegen die Erde, die Hoͤhle aber und die Schenckel gegen den Himmel gekehrt ſind. Carteſius hat gewieſen, wie dergleichen moͤglich iſt, wenn der Regenbogen, der hin- ter unſerem Ruͤcken ſtehet, ſich von einem Waſſer in die Regen-Tropffen reflectirt,
welche
bTract, de Meteorisc, 28. §. 13. p. m. 225. 226
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0440"n="404"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Cap. VII.</hi> Von dem Regenbogen,</hi></fw><lb/>
zog, die dem Mond gegen uͤber von einem<lb/>ſtillen Winde getrieben ward, der dazu-<lb/>
mahl bald voll und uͤber dem Horizont bis<lb/>
30 Grad erhaben war. Darinnen nahm<lb/>
er einen weiſſen Regenbogen wahr, der eine<lb/>
Weile daurete, nach dieſem aber ver-<lb/>ſchwand. Das Licht des Monds iſt<lb/>ſchwach und die Duͤnſte ſind nicht waͤſſerig<lb/>
genung, noch in groſſe Troͤpflein zuſammen<lb/>
gefloſſen geweſen: derowegen iſt kein Wun-<lb/>
der, daß es an Farben gefehlet (§. 292). Daß<lb/>
die Schwaͤche des Mond-Lichtes nicht allein<lb/>
Schuld daran geweſen, warumb die Far-<lb/>
ben gefehlet, werden wir bald aus dem fol-<lb/>
genden erſehen, wenn wir von dem Hoffe um<lb/>
den Mond reden werden, der unterweilen<lb/>
die ſchoͤnſten Regenbogen-Farben hat.</p><lb/><noteplace="left">Wenn<lb/>
der Re-<lb/>
gen bogen<lb/>
verkehrt<lb/>
geſehen<lb/>
wird.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 305.</head><p>Man pflegt auch anzugeben,<lb/>
als wenn man verkehrte Regen-Bogen in<lb/>
der Lufft geſehen haͤtte, die <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Carteſius</hi></hi>ſchon<lb/>
zuerklaͤren geſucht <noteplace="foot"n="b"><hirendition="#aq">Tract, de Meteorisc, 28. §. 13. p. m.</hi> 225. 226</note>. Es ſtehet nemlich<lb/>
der Regen-Bogen verkehrt, wenn die erha-<lb/>
bene Seite und der Scheitel des Bogens<lb/>
gegen die Erde, die Hoͤhle aber und die<lb/>
Schenckel gegen den Himmel gekehrt ſind.<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Carteſius</hi></hi> hat gewieſen, wie dergleichen<lb/>
moͤglich iſt, wenn der Regenbogen, der hin-<lb/>
ter unſerem Ruͤcken ſtehet, ſich von einem<lb/>
Waſſer in die Regen-Tropffen reflectirt,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">welche</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[404/0440]
Cap. VII. Von dem Regenbogen,
zog, die dem Mond gegen uͤber von einem
ſtillen Winde getrieben ward, der dazu-
mahl bald voll und uͤber dem Horizont bis
30 Grad erhaben war. Darinnen nahm
er einen weiſſen Regenbogen wahr, der eine
Weile daurete, nach dieſem aber ver-
ſchwand. Das Licht des Monds iſt
ſchwach und die Duͤnſte ſind nicht waͤſſerig
genung, noch in groſſe Troͤpflein zuſammen
gefloſſen geweſen: derowegen iſt kein Wun-
der, daß es an Farben gefehlet (§. 292). Daß
die Schwaͤche des Mond-Lichtes nicht allein
Schuld daran geweſen, warumb die Far-
ben gefehlet, werden wir bald aus dem fol-
genden erſehen, wenn wir von dem Hoffe um
den Mond reden werden, der unterweilen
die ſchoͤnſten Regenbogen-Farben hat.
§. 305. Man pflegt auch anzugeben,
als wenn man verkehrte Regen-Bogen in
der Lufft geſehen haͤtte, die Carteſius ſchon
zuerklaͤren geſucht b. Es ſtehet nemlich
der Regen-Bogen verkehrt, wenn die erha-
bene Seite und der Scheitel des Bogens
gegen die Erde, die Hoͤhle aber und die
Schenckel gegen den Himmel gekehrt ſind.
Carteſius hat gewieſen, wie dergleichen
moͤglich iſt, wenn der Regenbogen, der hin-
ter unſerem Ruͤcken ſtehet, ſich von einem
Waſſer in die Regen-Tropffen reflectirt,
welche
b Tract, de Meteorisc, 28. §. 13. p. m. 225. 226
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/440>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.