Warumb sich die Wolcken zerthei- len, wenn die Lufft schweer wird.
§. 262.
Wenn die Lufft schweerer wird, so zertheilen sich die Wolcken und fahren gantz aus einander, daß man nicht siehet, wo sie bleiben (§. 40. T. II. Exper.). Sobald die Lufft schweerer wird, so wird sie auch dichter, massen die Last der oberen die un- ter ihr lieget zusammen drucket und dichte macht (§. 189), die Dichtigkeit aber in Pro- portion der Last, die sie drucket, zunimmet (§. 124. T. I. Exper.). Die Dünste haben einerley Art der Schweere mit der Lufft, da- rinnen sie angetroffen werden (§ 195 T. I. Exper.). Derowegen indem die Lufft dichter oder vonschweererer Art wird, stei- gen sie noch höher (§. 195 T. I. Exper.). Und da die Lufft oben weiter ist als un- ten, finden sie einen grösseren Raum sich auszubreiten: weil auch dieselben nicht auf einmahl, sondern nach und nach in die Höhe steigen und die Luft niemahls gantz windstille ist, wie man aus der Bewegung der Wol- cken abnehmen kan; so werden diejenigen, welche höher gestiegen, durch den Wind verjaget, ehe mehrere nachfolgen können. Es gehet auch noch auf eine andere Art an, daß sich die Dünste zertheilen und unsichtbahr werden, ohne daß sie höher steigen dörffen. Jch habe durch einen Versuch gewiesen, daß die Dünste unter einer gläsernen Glo- cke, die sich in einen Nebel zusammen gezo- gen, sich dadurch zertheilet, indem ich meh-
rere
Cap. V. Von dem Aufſteigen
Warumb ſich die Wolcken zerthei- len, wenn die Lufft ſchweer wird.
§. 262.
Wenn die Lufft ſchweerer wird, ſo zertheilen ſich die Wolcken und fahren gantz aus einander, daß man nicht ſiehet, wo ſie bleiben (§. 40. T. II. Exper.). Sobald die Lufft ſchweerer wird, ſo wird ſie auch dichter, maſſen die Laſt der oberen die un- ter ihr lieget zuſammen drucket und dichte macht (§. 189), die Dichtigkeit aber in Pro- portion der Laſt, die ſie drucket, zunimmet (§. 124. T. I. Exper.). Die Duͤnſte haben einerley Art der Schweere mit der Lufft, da- rinnen ſie angetroffen werden (§ 195 T. I. Exper.). Derowegen indem die Lufft dichter oder vonſchweererer Art wird, ſtei- gen ſie noch hoͤher (§. 195 T. I. Exper.). Und da die Lufft oben weiter iſt als un- ten, finden ſie einen groͤſſeren Raum ſich auszubreiten: weil auch dieſelben nicht auf einmahl, ſondern nach und nach in die Hoͤhe ſteigen und die Luft niemahls gantz windſtille iſt, wie man aus der Bewegung der Wol- cken abnehmen kan; ſo werden diejenigen, welche hoͤher geſtiegen, durch den Wind verjaget, ehe mehrere nachfolgen koͤnnen. Es gehet auch noch auf eine andere Art an, daß ſich die Duͤnſte zertheilen und unſichtbahr werden, ohne daß ſie hoͤher ſteigen doͤrffen. Jch habe durch einen Verſuch gewieſen, daß die Duͤnſte unter einer glaͤſernen Glo- cke, die ſich in einen Nebel zuſammen gezo- gen, ſich dadurch zertheilet, indem ich meh-
rere
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0394"n="258[358]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Cap. V.</hi> Von dem Aufſteigen</hi></fw><lb/><noteplace="left">Warumb<lb/>ſich die<lb/>
Wolcken<lb/>
zerthei-<lb/>
len, wenn<lb/>
die Lufft<lb/>ſchweer<lb/>
wird.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 262.</head><p>Wenn die Lufft ſchweerer wird,<lb/>ſo zertheilen ſich die Wolcken und fahren<lb/>
gantz aus einander, daß man nicht ſiehet, wo<lb/>ſie bleiben (§. 40. <hirendition="#aq">T. II. Exper.</hi>). Sobald<lb/>
die Lufft ſchweerer wird, ſo wird ſie auch<lb/>
dichter, maſſen die Laſt der oberen die un-<lb/>
ter ihr lieget zuſammen drucket und dichte<lb/>
macht (§. 189), die Dichtigkeit aber in Pro-<lb/>
portion der Laſt, die ſie drucket, zunimmet (§.<lb/>
124. <hirendition="#aq">T. I. Exper.</hi>). Die Duͤnſte haben<lb/>
einerley Art der Schweere mit der Lufft, da-<lb/>
rinnen ſie angetroffen werden (§ 195 <hirendition="#aq">T. I.<lb/>
Exper.</hi>). Derowegen indem die Lufft<lb/>
dichter oder vonſchweererer Art wird, ſtei-<lb/>
gen ſie noch hoͤher (§. 195 <hirendition="#aq">T. I. Exper.</hi>).<lb/>
Und da die Lufft oben weiter iſt als un-<lb/>
ten, finden ſie einen groͤſſeren Raum ſich<lb/>
auszubreiten: weil auch dieſelben nicht auf<lb/>
einmahl, ſondern nach und nach in die Hoͤhe<lb/>ſteigen und die Luft niemahls gantz windſtille<lb/>
iſt, wie man aus der Bewegung der Wol-<lb/>
cken abnehmen kan; ſo werden diejenigen,<lb/>
welche hoͤher geſtiegen, durch den Wind<lb/>
verjaget, ehe mehrere nachfolgen koͤnnen. Es<lb/>
gehet auch noch auf eine andere Art an, daß<lb/>ſich die Duͤnſte zertheilen und unſichtbahr<lb/>
werden, ohne daß ſie hoͤher ſteigen doͤrffen.<lb/>
Jch habe durch einen Verſuch gewieſen,<lb/>
daß die Duͤnſte unter einer glaͤſernen Glo-<lb/>
cke, die ſich in einen Nebel zuſammen gezo-<lb/>
gen, ſich dadurch zertheilet, indem ich meh-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">rere</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[258[358]/0394]
Cap. V. Von dem Aufſteigen
§. 262. Wenn die Lufft ſchweerer wird,
ſo zertheilen ſich die Wolcken und fahren
gantz aus einander, daß man nicht ſiehet, wo
ſie bleiben (§. 40. T. II. Exper.). Sobald
die Lufft ſchweerer wird, ſo wird ſie auch
dichter, maſſen die Laſt der oberen die un-
ter ihr lieget zuſammen drucket und dichte
macht (§. 189), die Dichtigkeit aber in Pro-
portion der Laſt, die ſie drucket, zunimmet (§.
124. T. I. Exper.). Die Duͤnſte haben
einerley Art der Schweere mit der Lufft, da-
rinnen ſie angetroffen werden (§ 195 T. I.
Exper.). Derowegen indem die Lufft
dichter oder vonſchweererer Art wird, ſtei-
gen ſie noch hoͤher (§. 195 T. I. Exper.).
Und da die Lufft oben weiter iſt als un-
ten, finden ſie einen groͤſſeren Raum ſich
auszubreiten: weil auch dieſelben nicht auf
einmahl, ſondern nach und nach in die Hoͤhe
ſteigen und die Luft niemahls gantz windſtille
iſt, wie man aus der Bewegung der Wol-
cken abnehmen kan; ſo werden diejenigen,
welche hoͤher geſtiegen, durch den Wind
verjaget, ehe mehrere nachfolgen koͤnnen. Es
gehet auch noch auf eine andere Art an, daß
ſich die Duͤnſte zertheilen und unſichtbahr
werden, ohne daß ſie hoͤher ſteigen doͤrffen.
Jch habe durch einen Verſuch gewieſen,
daß die Duͤnſte unter einer glaͤſernen Glo-
cke, die ſich in einen Nebel zuſammen gezo-
gen, ſich dadurch zertheilet, indem ich meh-
rere
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 258[358]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/394>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.