Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.der Dünste, Nebel und Wolcken. vorhin. Auf solche Weise würde ein jedervon den Dünsten kleiner, als er vorher war. Dadurch nun, daß eine Sache kleiner wird als vorhin, kan sie nicht sichtbahr werden: es findet vielmehr das Wiederspiel stat (§. 30 Optic.). Es muß demnach eine andere Ursache haben, daß man Dünste, die man in warmer Lufft nicht sichet, in kalter sehen kan. Wir wollen bey dem Hauche verblei- ben, der aus unserem Munde fähret. Die Lufft, welche aus den Lungen kommet ist warm und dünne; hingegen die äussere kalt und dichte (§. 133 T. I. Exper.) und kommen dadurch die Dünste näher zusam- men als sie vorher waren. Ob man sie nun gleich nicht sehenkonnte, da sie in der Lufft vertheilet waren und, indem sie heraus fahren, sich gleich durch einen weiten Raum ausbreiten, wie in warmer Lufft geschiehet; so werden sie doch sichtbahr, wenn sie nahe zusammen kommen. Daß keine andere Ursache hier weiter zu suchen sey, kan man auch daraus erkennen. Wenn es im Som- mer auf einen durch den Sonnenschein er- hitzten Berg, da er sandicht ist, regnet, und der Regen bald wieder übergehet; so lö- set sich das Regen-Wasser gleich wieder in Dünste auf. Jn der Nähe kan man ent- weder gar nichts sehen, oder es kommet ei- nem vor, wie wenn es nur ein wenig rauch- te. Sobald man aber weit wegkommet, daß Y 4
der Duͤnſte, Nebel und Wolcken. vorhin. Auf ſolche Weiſe wuͤrde ein jedervon den Duͤnſten kleiner, als er vorher war. Dadurch nun, daß eine Sache kleiner wird als vorhin, kan ſie nicht ſichtbahr werden: es findet vielmehr das Wiederſpiel ſtat (§. 30 Optic.). Es muß demnach eine andere Urſache haben, daß man Duͤnſte, die man in warmer Lufft nicht ſichet, in kalter ſehen kan. Wir wollen bey dem Hauche verblei- ben, der aus unſerem Munde faͤhret. Die Lufft, welche aus den Lungen kommet iſt warm und duͤnne; hingegen die aͤuſſere kalt und dichte (§. 133 T. I. Exper.) und kommen dadurch die Duͤnſte naͤher zuſam- men als ſie vorher waren. Ob man ſie nun gleich nicht ſehenkonnte, da ſie in der Lufft vertheilet waren und, indem ſie heraus fahren, ſich gleich durch einen weiten Raum ausbreiten, wie in warmer Lufft geſchiehet; ſo werden ſie doch ſichtbahr, wenn ſie nahe zuſammen kommen. Daß keine andere Urſache hier weiter zu ſuchen ſey, kan man auch daraus erkennen. Wenn es im Som- mer auf einen durch den Sonnenſchein er- hitzten Berg, da er ſandicht iſt, regnet, und der Regen bald wieder uͤbergehet; ſo loͤ- ſet ſich das Regen-Waſſer gleich wieder in Duͤnſte auf. Jn der Naͤhe kan man ent- weder gar nichts ſehen, oder es kommet ei- nem vor, wie wenn es nur ein wenig rauch- te. Sobald man aber weit wegkommet, daß Y 4
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der Duͤnſte, Nebel und Wolcken.
vorhin. Auf ſolche Weiſe wuͤrde ein jeder
von den Duͤnſten kleiner, als er vorher war.
Dadurch nun, daß eine Sache kleiner wird
als vorhin, kan ſie nicht ſichtbahr werden:
es findet vielmehr das Wiederſpiel ſtat (§.
30 Optic.). Es muß demnach eine andere
Urſache haben, daß man Duͤnſte, die man in
warmer Lufft nicht ſichet, in kalter ſehen
kan. Wir wollen bey dem Hauche verblei-
ben, der aus unſerem Munde faͤhret. Die
Lufft, welche aus den Lungen kommet iſt
warm und duͤnne; hingegen die aͤuſſere
kalt und dichte (§. 133 T. I. Exper.) und
kommen dadurch die Duͤnſte naͤher zuſam-
men als ſie vorher waren. Ob man ſie
nun gleich nicht ſehenkonnte, da ſie in der
Lufft vertheilet waren und, indem ſie heraus
fahren, ſich gleich durch einen weiten Raum
ausbreiten, wie in warmer Lufft geſchiehet;
ſo werden ſie doch ſichtbahr, wenn ſie nahe
zuſammen kommen. Daß keine andere
Urſache hier weiter zu ſuchen ſey, kan man
auch daraus erkennen. Wenn es im Som-
mer auf einen durch den Sonnenſchein er-
hitzten Berg, da er ſandicht iſt, regnet, und
der Regen bald wieder uͤbergehet; ſo loͤ-
ſet ſich das Regen-Waſſer gleich wieder in
Duͤnſte auf. Jn der Naͤhe kan man ent-
weder gar nichts ſehen, oder es kommet ei-
nem vor, wie wenn es nur ein wenig rauch-
te. Sobald man aber weit wegkommet,
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