Warumb die Dün- ste in kal- ter Lufft sichtbahr werden,
§. 251.
Da ich behauptet, daß die Kälte dadurch die Dünste nicht dichter an sich ma- chen kan, weil die in ihnen eingeschlossene Lufft kalt wird (§. 249): so werden vielleicht einige vermeinen, es sey der Erfahrung zu- wieder, als vermöge welcher gewiß ist, daß man in kalter Lufft Dünste sehen kan, die man in warmer nicht siehet. Wir finden ein Exempel an unserem Athem. Wenn es warm ist, kan man die Dünste, die er bey sich führet, nicht sehen: wenn es aber kalt ist, so siehet man den Hauch, wie er aus dem Munde oder auch zu den Nasen-Löchern heraus fähret. Allein wenn sie recht auf die Erfahrung acht haben, wie sichs gebühret; werden sie bald sehen, daß sie sich dazu gar nicht schicket, wovon die Rede ist. Wir fragen hier, ob ein Dunst, der nichts anders ist als ein Bläselein Wasser (§. 85. T. II. Exper.), dadurch von schweererer Art wer- den kan, weil die eingeschlossene Lufft ihre Wärme verlieret. Diejenigen, welche es behaupten wollen, setzen zum Grunde, daß die Lufft, welche das Wasser ausspan- net, durch die Kälte in einen engeren Raum gebracht wird (§. 133 T. I. Exper.) und schliessen daher, weil die Ursache des Auf- blasens gehoben wird, so könne auch das Bläselein nicht so sehr aufgeblasen verblei- ben, folgends müsse es sich zusammen ziehen und einen kleineren Raum einnehmen, als
vor-
Cap. V. Von dem Ausfſteigen
Warumb die Duͤn- ſte in kal- ter Lufft ſichtbahr werden,
§. 251.
Da ich behauptet, daß die Kaͤlte dadurch die Duͤnſte nicht dichter an ſich ma- chen kan, weil die in ihnen eingeſchloſſene Lufft kalt wird (§. 249): ſo werden vielleicht einige vermeinen, es ſey der Erfahrung zu- wieder, als vermoͤge welcher gewiß iſt, daß man in kalter Lufft Duͤnſte ſehen kan, die man in warmer nicht ſiehet. Wir finden ein Exempel an unſerem Athem. Wenn es warm iſt, kan man die Duͤnſte, die er bey ſich fuͤhret, nicht ſehen: wenn es aber kalt iſt, ſo ſiehet man den Hauch, wie er aus dem Munde oder auch zu den Naſen-Loͤchern heraus faͤhret. Allein wenn ſie recht auf die Erfahrung acht haben, wie ſichs gebuͤhret; werden ſie bald ſehen, daß ſie ſich dazu gar nicht ſchicket, wovon die Rede iſt. Wir fragen hier, ob ein Dunſt, der nichts anders iſt als ein Blaͤſelein Waſſer (§. 85. T. II. Exper.), dadurch von ſchweererer Art wer- den kan, weil die eingeſchloſſene Lufft ihre Waͤrme verlieret. Diejenigen, welche es behaupten wollen, ſetzen zum Grunde, daß die Lufft, welche das Waſſer ausſpan- net, durch die Kaͤlte in einen engeren Raum gebracht wird (§. 133 T. I. Exper.) und ſchlieſſen daher, weil die Urſache des Auf- blaſens gehoben wird, ſo koͤnne auch das Blaͤſelein nicht ſo ſehr aufgeblaſen verblei- ben, folgends muͤſſe es ſich zuſammen ziehen und einen kleineren Raum einnehmen, als
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Cap. V. Von dem Ausfſteigen
§. 251. Da ich behauptet, daß die Kaͤlte
dadurch die Duͤnſte nicht dichter an ſich ma-
chen kan, weil die in ihnen eingeſchloſſene
Lufft kalt wird (§. 249): ſo werden vielleicht
einige vermeinen, es ſey der Erfahrung zu-
wieder, als vermoͤge welcher gewiß iſt, daß
man in kalter Lufft Duͤnſte ſehen kan, die
man in warmer nicht ſiehet. Wir finden
ein Exempel an unſerem Athem. Wenn es
warm iſt, kan man die Duͤnſte, die er bey ſich
fuͤhret, nicht ſehen: wenn es aber kalt iſt,
ſo ſiehet man den Hauch, wie er aus dem
Munde oder auch zu den Naſen-Loͤchern
heraus faͤhret. Allein wenn ſie recht auf die
Erfahrung acht haben, wie ſichs gebuͤhret;
werden ſie bald ſehen, daß ſie ſich dazu gar
nicht ſchicket, wovon die Rede iſt. Wir
fragen hier, ob ein Dunſt, der nichts anders
iſt als ein Blaͤſelein Waſſer (§. 85. T. II.
Exper.), dadurch von ſchweererer Art wer-
den kan, weil die eingeſchloſſene Lufft ihre
Waͤrme verlieret. Diejenigen, welche
es behaupten wollen, ſetzen zum Grunde,
daß die Lufft, welche das Waſſer ausſpan-
net, durch die Kaͤlte in einen engeren Raum
gebracht wird (§. 133 T. I. Exper.) und
ſchlieſſen daher, weil die Urſache des Auf-
blaſens gehoben wird, ſo koͤnne auch das
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/378>, abgerufen am 25.11.2024.
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