Aus der See steigen täglich eine grosse Menge Dünste auf (§. 86. T. II. Ex- per.) und daher muß die Lufft, welche über der See ist, mit mehreren Dünsten erfüllet seyn, als die über dem festen Lande stehet. Derowegen wenn der Wind über die See bläset, so bringet er Lufft mit vielen wäßeri- gen Dünsten mit sich und demnach ist er feuchte (§ 216): hingegen wenn er über trockenes Land bläset, oder auch des Win- ters über gefrornes Wasser, so ist er trocken (§. cit.|).
Ob der Wind, so über die gefrorne See blä- set, feuch- te seyn kan.
§. 222.
Das Eis und der Schnee dün- sten noch immer aus und zwar desto mehr, je grösser die Kälte ist (§. 87. T. II. Exper.): wie man denn auch findet, daß bey zuneh- mender Kälte, das Wasser noch immer tief- fer gefrieret, und also seine Wärme ihm durch das bereits gefrorne Eis entgehen muß, indem die äussere Lufft, welche es be- rühret, kälter wird als sie vorher war (§. 76.). Derowegen wird die Lufft über dem gefrornen Wasser auch noch mit Dün- sten erfüllet. Wenn demnach der Wind aus einem solchen Orte bläset, so kan er noch Dünste mit sich bringen, die in unse- rer wärmeren Lufft wässerig werden und sie feuchte machen. Und aus dieser Ursache gehet es auch an, daß der Wind, welcher ü- ber die gefrorne See bläset, noch feuchte ver- bleibet. Wiewohl da aus der gefrornen
See
Cap. III. Von dem Winde.
Wenn ein Wind| feuchte iſt.
§. 221.
Aus der See ſteigen taͤglich eine groſſe Menge Duͤnſte auf (§. 86. T. II. Ex- per.) und daher muß die Lufft, welche uͤber der See iſt, mit mehreren Duͤnſten erfuͤllet ſeyn, als die uͤber dem feſten Lande ſtehet. Derowegen wenn der Wind uͤber die See blaͤſet, ſo bringet er Lufft mit vielen waͤßeri- gen Duͤnſten mit ſich und demnach iſt er feuchte (§ 216): hingegen wenn er uͤber trockenes Land blaͤſet, oder auch des Win- ters uͤber gefrornes Waſſer, ſo iſt er trocken (§. cit.|).
Ob der Wind, ſo uͤber die gefrorne See blaͤ- ſet, feuch- te ſeyn kan.
§. 222.
Das Eis und der Schnee duͤn- ſten noch immer aus und zwar deſto mehr, je groͤſſer die Kaͤlte iſt (§. 87. T. II. Exper.): wie man denn auch findet, daß bey zuneh- mender Kaͤlte, das Waſſer noch immer tief- fer gefrieret, und alſo ſeine Waͤrme ihm durch das bereits gefrorne Eis entgehen muß, indem die aͤuſſere Lufft, welche es be- ruͤhret, kaͤlter wird als ſie vorher war (§. 76.). Derowegen wird die Lufft uͤber dem gefrornen Waſſer auch noch mit Duͤn- ſten erfuͤllet. Wenn demnach der Wind aus einem ſolchen Orte blaͤſet, ſo kan er noch Duͤnſte mit ſich bringen, die in unſe- rer waͤrmeren Lufft waͤſſerig werden und ſie feuchte machen. Und aus dieſer Urſache gehet es auch an, daß der Wind, welcher uͤ- ber die gefrorne See blaͤſet, noch feuchte ver- bleibet. Wiewohl da aus der gefrornen
See
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0338"n="302"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Cap. III.</hi> Von dem Winde.</hi></fw><lb/><noteplace="left">Wenn ein<lb/>
Wind|<lb/>
feuchte<lb/>
iſt.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 221.</head><p>Aus der See ſteigen taͤglich eine<lb/>
groſſe Menge Duͤnſte auf (§. 86. <hirendition="#aq">T. II. Ex-<lb/>
per.</hi>) und daher muß die Lufft, welche uͤber<lb/>
der See iſt, mit mehreren Duͤnſten erfuͤllet<lb/>ſeyn, als die uͤber dem feſten Lande ſtehet.<lb/>
Derowegen wenn der Wind uͤber die See<lb/>
blaͤſet, ſo bringet er Lufft mit vielen waͤßeri-<lb/>
gen Duͤnſten mit ſich und demnach iſt er<lb/>
feuchte (§ 216): hingegen wenn er uͤber<lb/>
trockenes Land blaͤſet, oder auch des Win-<lb/>
ters uͤber gefrornes Waſſer, ſo iſt er trocken<lb/>
(§. <hirendition="#aq">cit.</hi>|).</p><lb/><noteplace="left">Ob der<lb/>
Wind, ſo<lb/>
uͤber die<lb/>
gefrorne<lb/>
See blaͤ-<lb/>ſet, feuch-<lb/>
te ſeyn<lb/>
kan.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 222.</head><p>Das Eis und der Schnee duͤn-<lb/>ſten noch immer aus und zwar deſto mehr,<lb/>
je groͤſſer die Kaͤlte iſt (§. 87. <hirendition="#aq">T. II. Exper.</hi>):<lb/>
wie man denn auch findet, daß bey zuneh-<lb/>
mender Kaͤlte, das Waſſer noch immer tief-<lb/>
fer gefrieret, und alſo ſeine Waͤrme ihm<lb/>
durch das bereits gefrorne Eis entgehen<lb/>
muß, indem die aͤuſſere Lufft, welche es be-<lb/>
ruͤhret, kaͤlter wird als ſie vorher war (§.<lb/>
76.). Derowegen wird die Lufft uͤber<lb/>
dem gefrornen Waſſer auch noch mit Duͤn-<lb/>ſten erfuͤllet. Wenn demnach der Wind<lb/>
aus einem ſolchen Orte blaͤſet, ſo kan er<lb/>
noch Duͤnſte mit ſich bringen, die in unſe-<lb/>
rer waͤrmeren Lufft waͤſſerig werden und ſie<lb/>
feuchte machen. Und aus dieſer Urſache<lb/>
gehet es auch an, daß der Wind, welcher uͤ-<lb/>
ber die gefrorne See blaͤſet, noch feuchte ver-<lb/>
bleibet. Wiewohl da aus der gefrornen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">See</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[302/0338]
Cap. III. Von dem Winde.
§. 221. Aus der See ſteigen taͤglich eine
groſſe Menge Duͤnſte auf (§. 86. T. II. Ex-
per.) und daher muß die Lufft, welche uͤber
der See iſt, mit mehreren Duͤnſten erfuͤllet
ſeyn, als die uͤber dem feſten Lande ſtehet.
Derowegen wenn der Wind uͤber die See
blaͤſet, ſo bringet er Lufft mit vielen waͤßeri-
gen Duͤnſten mit ſich und demnach iſt er
feuchte (§ 216): hingegen wenn er uͤber
trockenes Land blaͤſet, oder auch des Win-
ters uͤber gefrornes Waſſer, ſo iſt er trocken
(§. cit.|).
§. 222. Das Eis und der Schnee duͤn-
ſten noch immer aus und zwar deſto mehr,
je groͤſſer die Kaͤlte iſt (§. 87. T. II. Exper.):
wie man denn auch findet, daß bey zuneh-
mender Kaͤlte, das Waſſer noch immer tief-
fer gefrieret, und alſo ſeine Waͤrme ihm
durch das bereits gefrorne Eis entgehen
muß, indem die aͤuſſere Lufft, welche es be-
ruͤhret, kaͤlter wird als ſie vorher war (§.
76.). Derowegen wird die Lufft uͤber
dem gefrornen Waſſer auch noch mit Duͤn-
ſten erfuͤllet. Wenn demnach der Wind
aus einem ſolchen Orte blaͤſet, ſo kan er
noch Duͤnſte mit ſich bringen, die in unſe-
rer waͤrmeren Lufft waͤſſerig werden und ſie
feuchte machen. Und aus dieſer Urſache
gehet es auch an, daß der Wind, welcher uͤ-
ber die gefrorne See blaͤſet, noch feuchte ver-
bleibet. Wiewohl da aus der gefrornen
See
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/338>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.