Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. III. Von dem Winde. hielt sie in ihrer Höhe mit der Lufft zur Sei-ten die Wage. Derowegen weil ietzund ihre Krafft vermehret worden, wird sie mit ihr ausser wagerechten Stand gesetzet, und demnach muß sie sich dahin bewegen, wo sie weniger Wiederstand findet. Auf solche Weise kan oben ein Wind entstehen, da es unten windstille ist, oder auch oben ein stärckerer Wind, als unten anzutreffen, in- gleichen oben ein Wind aus einer andern Gegend blasen als unten: welches alles der Erfahrung gemäß befuden wird. Es hat aber verschiedene Ursachen, warum in einem Orte auf dem Erdboden die Lufft wärmer seyn kan, als in dem andern. Wir wissen, daß nicht eine Materie so warm wird, als die andere, ob gleich die Sonne eine so viel und so lange bescheinet als die andere (§. 110 T. II. Exper.). Also wird es in Orten, wo Stein-Klippen sind und viel Sand ist, wär- mer als an andern: wovon wir unten umständlicher reden werden. So ist auch bekandt, daß sich in einem Orte Hinder- nisse können in Weg legen, welche die Sonne in ihrem Erwärmen hindern, der- gleichen man in einem andern Orte nicht zu besorgen, als da sind die Schatten der Ber- ge und Wälder, ingleichen die finsteren Wol- cken, die den Himmel überziehen. Aus diesen und dergleichen Umständen kan ein vielfältiger Unterscheid in die ausdehnende Krafft
Cap. III. Von dem Winde. hielt ſie in ihrer Hoͤhe mit der Lufft zur Sei-ten die Wage. Derowegen weil ietzund ihre Krafft vermehret worden, wird ſie mit ihr auſſer wagerechten Stand geſetzet, und demnach muß ſie ſich dahin bewegen, wo ſie weniger Wiederſtand findet. Auf ſolche Weiſe kan oben ein Wind entſtehen, da es unten windſtille iſt, oder auch oben ein ſtaͤrckerer Wind, als unten anzutreffen, in- gleichen oben ein Wind aus einer andern Gegend blaſen als unten: welches alles der Erfahrung gemaͤß befuden wird. Es hat aber verſchiedene Urſachen, warum in einem Orte auf dem Erdboden die Lufft waͤrmer ſeyn kan, als in dem andern. Wir wiſſen, daß nicht eine Materie ſo warm wird, als die andere, ob gleich die Sonne eine ſo viel und ſo lange beſcheinet als die andere (§. 110 T. II. Exper.). Alſo wird es in Orten, wo Stein-Klippen ſind und viel Sand iſt, waͤr- mer als an andern: wovon wir unten umſtaͤndlicher reden werden. So iſt auch bekandt, daß ſich in einem Orte Hinder- niſſe koͤnnen in Weg legen, welche die Sonne in ihrem Erwaͤrmen hindern, der- gleichen man in einem andern Orte nicht zu beſorgen, als da ſind die Schatten der Ber- ge und Waͤlder, ingleichen die finſteren Wol- cken, die den Himmel uͤberziehen. Aus dieſen und dergleichen Umſtaͤnden kan ein vielfaͤltiger Unterſcheid in die ausdehnende Krafft
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Cap. III. Von dem Winde.
hielt ſie in ihrer Hoͤhe mit der Lufft zur Sei-
ten die Wage. Derowegen weil ietzund
ihre Krafft vermehret worden, wird ſie mit
ihr auſſer wagerechten Stand geſetzet, und
demnach muß ſie ſich dahin bewegen, wo ſie
weniger Wiederſtand findet. Auf ſolche
Weiſe kan oben ein Wind entſtehen, da es
unten windſtille iſt, oder auch oben ein
ſtaͤrckerer Wind, als unten anzutreffen, in-
gleichen oben ein Wind aus einer andern
Gegend blaſen als unten: welches alles der
Erfahrung gemaͤß befuden wird. Es hat
aber verſchiedene Urſachen, warum in einem
Orte auf dem Erdboden die Lufft waͤrmer
ſeyn kan, als in dem andern. Wir wiſſen, daß
nicht eine Materie ſo warm wird, als die
andere, ob gleich die Sonne eine ſo viel und
ſo lange beſcheinet als die andere (§. 110 T.
II. Exper.). Alſo wird es in Orten, wo
Stein-Klippen ſind und viel Sand iſt, waͤr-
mer als an andern: wovon wir unten
umſtaͤndlicher reden werden. So iſt auch
bekandt, daß ſich in einem Orte Hinder-
niſſe koͤnnen in Weg legen, welche die
Sonne in ihrem Erwaͤrmen hindern, der-
gleichen man in einem andern Orte nicht zu
beſorgen, als da ſind die Schatten der Ber-
ge und Waͤlder, ingleichen die finſteren Wol-
cken, die den Himmel uͤberziehen. Aus
dieſen und dergleichen Umſtaͤnden kan ein
vielfaͤltiger Unterſcheid in die ausdehnende
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