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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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Cap. II. Von der Lufft.
sehr dünne Materie ist in Ansehung des
Wassers (§. 86. T. I. Exper.); so ist leicht
zuerachten, daß eine Materie, die noch dün-
ner als sie ist, keine feste Materie seyn kan.
Und solchergestalt fället nicht allein die
Chrystalline Materie der alten weg, dar-
aus sie den Himmel zusammengesetzet; son-
dern es ist auch zugleich klar, daß der Him-
mels-Raum mit einer subtilen flüßigen
Materie erfüllet sey, die viel dünner ist als
unsere Lufft: welche wir eben die Him-
mels-Lufft
nennen (§. 121).

§. 198.

Weil die Strahlen der Son-Daß wir
die Son-
ne eher
sehen, ehe
sie auf-
gehet.

ne in der Lufft gebrochen werden, so kommen
sie auch eher in unser Auge, ehe sie aufgehet.
Wenn sie aber in unser Auge kommen, ehe
sie von etwas anders reflectiret werden, so
bringen sie das Bildnis der Sonne mit
sich, das ist, sie machen, daß wir die Sonne
sehen (§. 150 T. II. Exper.). Und also
können wir die Sonne sehen, ehe sie aufge-
het, und noch erblicken, wenn sie schon wie-
der untergegangen. Die Erfahrung der
Astronomorum stimmet auch damit ü-
berein (§. 217. 218 Astron.).

§. 199.

Weil das Licht in der Lufft ge-Daß man
keinen
Stern
an dem
Orte sie-
het, wo
er stehet

brochen wird (§. 191), und wir den Stern
in einer geraden Linie mit dem gebrochenen
Strahle sehen; so sehen wir keinen Stern
an seinem Orte, wo er würcklich stehet. Wo
wir Sterne sehen, da stehen keine: hinge-

gen
S 5

Cap. II. Von der Lufft.
ſehr duͤnne Materie iſt in Anſehung des
Waſſers (§. 86. T. I. Exper.); ſo iſt leicht
zuerachten, daß eine Materie, die noch duͤn-
ner als ſie iſt, keine feſte Materie ſeyn kan.
Und ſolchergeſtalt faͤllet nicht allein die
Chryſtalline Materie der alten weg, dar-
aus ſie den Himmel zuſammengeſetzet; ſon-
dern es iſt auch zugleich klar, daß der Him-
mels-Raum mit einer ſubtilen fluͤßigen
Materie erfuͤllet ſey, die viel duͤnner iſt als
unſere Lufft: welche wir eben die Him-
mels-Lufft
nennen (§. 121).

§. 198.

Weil die Strahlen der Son-Daß wir
die Son-
ne eher
ſehen, ehe
ſie auf-
gehet.

ne in der Lufft gebrochen werden, ſo kommen
ſie auch eher in unſer Auge, ehe ſie aufgehet.
Wenn ſie aber in unſer Auge kommen, ehe
ſie von etwas anders reflectiret werden, ſo
bringen ſie das Bildnis der Sonne mit
ſich, das iſt, ſie machen, daß wir die Sonne
ſehen (§. 150 T. II. Exper.). Und alſo
koͤnnen wir die Sonne ſehen, ehe ſie aufge-
het, und noch erblicken, wenn ſie ſchon wie-
der untergegangen. Die Erfahrung der
Aſtronomorum ſtimmet auch damit uͤ-
berein (§. 217. 218 Aſtron.).

§. 199.

Weil das Licht in der Lufft ge-Daß man
keinen
Stern
an dem
Orte ſie-
het, wo
er ſtehet

brochen wird (§. 191), und wir den Stern
in einer geraden Linie mit dem gebrochenen
Strahle ſehen; ſo ſehen wir keinen Stern
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gen
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[281/0317] Cap. II. Von der Lufft. ſehr duͤnne Materie iſt in Anſehung des Waſſers (§. 86. T. I. Exper.); ſo iſt leicht zuerachten, daß eine Materie, die noch duͤn- ner als ſie iſt, keine feſte Materie ſeyn kan. Und ſolchergeſtalt faͤllet nicht allein die Chryſtalline Materie der alten weg, dar- aus ſie den Himmel zuſammengeſetzet; ſon- dern es iſt auch zugleich klar, daß der Him- mels-Raum mit einer ſubtilen fluͤßigen Materie erfuͤllet ſey, die viel duͤnner iſt als unſere Lufft: welche wir eben die Him- mels-Lufft nennen (§. 121). §. 198. Weil die Strahlen der Son- ne in der Lufft gebrochen werden, ſo kommen ſie auch eher in unſer Auge, ehe ſie aufgehet. Wenn ſie aber in unſer Auge kommen, ehe ſie von etwas anders reflectiret werden, ſo bringen ſie das Bildnis der Sonne mit ſich, das iſt, ſie machen, daß wir die Sonne ſehen (§. 150 T. II. Exper.). Und alſo koͤnnen wir die Sonne ſehen, ehe ſie aufge- het, und noch erblicken, wenn ſie ſchon wie- der untergegangen. Die Erfahrung der Aſtronomorum ſtimmet auch damit uͤ- berein (§. 217. 218 Aſtron.). Daß wir die Son- ne eher ſehen, ehe ſie auf- gehet. §. 199. Weil das Licht in der Lufft ge- brochen wird (§. 191), und wir den Stern in einer geraden Linie mit dem gebrochenen Strahle ſehen; ſo ſehen wir keinen Stern an ſeinem Orte, wo er wuͤrcklich ſtehet. Wo wir Sterne ſehen, da ſtehen keine: hinge- gen Daß man keinen Stern an dem Orte ſie- het, wo er ſtehet S 5

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/317>, abgerufen am 22.11.2024.