daß unterweilen auch von der Kälte ein Cör- per harte werden kan, wenn die veränderli- che Materie dadurch harte wird, die ihn weich machte. Z. E. Rüben, Aepffel und Birnen machet der Safft weich, der in ih- nen ist und die festen Theile derselben durch- fließt. Dieser Safft hat wie das Wasser seine Flüßigkeit von der Wärme: denn wenn ihm die Wärme entgehet, so gefrieret er. Da nun das Eis harte ist, welches die Zwischen Räumlein der festen Theile erfül- let; so können auch diese Cörper nicht nach- geben, wenn sie gedrucket werden und sol- chergestalt sind sie harte (§. 45). Auf glei- che Weise wird der Erdboden im strengen Winter harte, der im Herbste von dem Re- gen war erweichet worden, wenn das in den Zwischen-Räumlein der Erde befindliche Wasser gefrieret. Eben so findet man im ge- meinen Leben, daß die weiche Wäsche gantz harte wird, wenn sie naß ist und gefrieret.
§. 70.
Wenn ein Cörper von einer ver-Wenn ein Cörper durch Vermeh- rung der beständi- gen Ma- terie har- te wird. änderlichen oder auch fremden Materie weich wird, so wird ein gewisses Maaß die- ser Materie dazu erfordert. Nicht alle Wärme machet das Wachs weich, sondern nur wenn sie in gewissem Maaße vorhan- den. Denn wenn der Cörper weich wer- den soll, so muß die veränderliche oder auch fremde Materie nicht allein in die von seiner beständigen Materie leeren Räumlein drin- gen, sondern auch weiter zwischen die Thei-
le
G 3
wegen der veraͤnderlichen Materie.
daß unterweilen auch von der Kaͤlte ein Coͤr- per harte werden kan, wenn die veraͤnderli- che Materie dadurch harte wird, die ihn weich machte. Z. E. Ruͤben, Aepffel und Birnen machet der Safft weich, der in ih- nen iſt und die feſten Theile derſelben durch- fließt. Dieſer Safft hat wie das Waſſer ſeine Fluͤßigkeit von der Waͤrme: denn wenn ihm die Waͤrme entgehet, ſo gefrieret er. Da nun das Eis harte iſt, welches die Zwiſchen Raͤumlein der feſten Theile erfuͤl- let; ſo koͤnnen auch dieſe Coͤrper nicht nach- geben, wenn ſie gedrucket werden und ſol- chergeſtalt ſind ſie harte (§. 45). Auf glei- che Weiſe wird der Erdboden im ſtrengen Winter harte, der im Herbſte von dem Re- gen war erweichet worden, wenn das in den Zwiſchen-Raͤumlein der Erde befindliche Waſſer gefrieret. Eben ſo findet man im ge- meinen Leben, daß die weiche Waͤſche gantz harte wird, wenn ſie naß iſt und gefrieret.
§. 70.
Wenn ein Coͤrper von einer ver-Wenn ein Coͤrper durch Vermeh- rung der beſtaͤndi- gen Ma- terie har- te wird. aͤnderlichen oder auch fremden Materie weich wird, ſo wird ein gewiſſes Maaß die- ſer Materie dazu erfordert. Nicht alle Waͤrme machet das Wachs weich, ſondern nur wenn ſie in gewiſſem Maaße vorhan- den. Denn wenn der Coͤrper weich wer- den ſoll, ſo muß die veraͤnderliche oder auch fremde Materie nicht allein in die von ſeiner beſtaͤndigen Materie leeren Raͤumlein drin- gen, ſondern auch weiter zwiſchen die Thei-
le
G 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0137"n="101"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">wegen der veraͤnderlichen Materie.</hi></fw><lb/>
daß unterweilen auch von der Kaͤlte ein Coͤr-<lb/>
per harte werden kan, wenn die veraͤnderli-<lb/>
che Materie dadurch harte wird, die ihn<lb/>
weich machte. Z. E. Ruͤben, Aepffel und<lb/>
Birnen machet der Safft weich, der in ih-<lb/>
nen iſt und die feſten Theile derſelben durch-<lb/>
fließt. Dieſer Safft hat wie das Waſſer<lb/>ſeine Fluͤßigkeit von der Waͤrme: denn<lb/>
wenn ihm die Waͤrme entgehet, ſo gefrieret<lb/>
er. Da nun das Eis harte iſt, welches die<lb/>
Zwiſchen Raͤumlein der feſten Theile erfuͤl-<lb/>
let; ſo koͤnnen auch dieſe Coͤrper nicht nach-<lb/>
geben, wenn ſie gedrucket werden und ſol-<lb/>
chergeſtalt ſind ſie harte (§. 45). Auf glei-<lb/>
che Weiſe wird der Erdboden im ſtrengen<lb/>
Winter harte, der im Herbſte von dem Re-<lb/>
gen war erweichet worden, wenn das in den<lb/>
Zwiſchen-Raͤumlein der Erde befindliche<lb/>
Waſſer gefrieret. Eben ſo findet man im ge-<lb/>
meinen Leben, daß die weiche Waͤſche gantz<lb/>
harte wird, wenn ſie naß iſt und gefrieret.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 70.</head><p>Wenn ein Coͤrper von einer ver-<noteplace="right">Wenn ein<lb/>
Coͤrper<lb/>
durch<lb/>
Vermeh-<lb/>
rung der<lb/>
beſtaͤndi-<lb/>
gen Ma-<lb/>
terie har-<lb/>
te wird.</note><lb/>
aͤnderlichen oder auch fremden Materie<lb/>
weich wird, ſo wird ein gewiſſes Maaß die-<lb/>ſer Materie dazu erfordert. Nicht alle<lb/>
Waͤrme machet das Wachs weich, ſondern<lb/>
nur wenn ſie in gewiſſem Maaße vorhan-<lb/>
den. Denn wenn der Coͤrper weich wer-<lb/>
den ſoll, ſo muß die veraͤnderliche oder auch<lb/>
fremde Materie nicht allein in die von ſeiner<lb/>
beſtaͤndigen Materie leeren Raͤumlein drin-<lb/>
gen, ſondern auch weiter zwiſchen die Thei-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">le</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[101/0137]
wegen der veraͤnderlichen Materie.
daß unterweilen auch von der Kaͤlte ein Coͤr-
per harte werden kan, wenn die veraͤnderli-
che Materie dadurch harte wird, die ihn
weich machte. Z. E. Ruͤben, Aepffel und
Birnen machet der Safft weich, der in ih-
nen iſt und die feſten Theile derſelben durch-
fließt. Dieſer Safft hat wie das Waſſer
ſeine Fluͤßigkeit von der Waͤrme: denn
wenn ihm die Waͤrme entgehet, ſo gefrieret
er. Da nun das Eis harte iſt, welches die
Zwiſchen Raͤumlein der feſten Theile erfuͤl-
let; ſo koͤnnen auch dieſe Coͤrper nicht nach-
geben, wenn ſie gedrucket werden und ſol-
chergeſtalt ſind ſie harte (§. 45). Auf glei-
che Weiſe wird der Erdboden im ſtrengen
Winter harte, der im Herbſte von dem Re-
gen war erweichet worden, wenn das in den
Zwiſchen-Raͤumlein der Erde befindliche
Waſſer gefrieret. Eben ſo findet man im ge-
meinen Leben, daß die weiche Waͤſche gantz
harte wird, wenn ſie naß iſt und gefrieret.
§. 70. Wenn ein Coͤrper von einer ver-
aͤnderlichen oder auch fremden Materie
weich wird, ſo wird ein gewiſſes Maaß die-
ſer Materie dazu erfordert. Nicht alle
Waͤrme machet das Wachs weich, ſondern
nur wenn ſie in gewiſſem Maaße vorhan-
den. Denn wenn der Coͤrper weich wer-
den ſoll, ſo muß die veraͤnderliche oder auch
fremde Materie nicht allein in die von ſeiner
beſtaͤndigen Materie leeren Raͤumlein drin-
gen, ſondern auch weiter zwiſchen die Thei-
le
Wenn ein
Coͤrper
durch
Vermeh-
rung der
beſtaͤndi-
gen Ma-
terie har-
te wird.
G 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/137>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.