wendig einander berühren (§. 58 Met.). Berühren nun die Theile der flüßigen Ma- terien einander, so können sich zwischen ih- nen nicht andere von einer veränderlichen, oder fremden Materie befinden. Es ist wahr, daß dieses einen Schein in den Au- gen derer hat, welche die Subtilität der Materie aus den Augen setzen: so bald wir aber nur daran gedencken, verschwindet auf einmahl aller Zweiffel. Es ist die Materie in so subtile Theile würcklich getheilet, die wir weder mit Sinnen noch mit der Ver- nunfft erreichen können (§. 3), und selbst die Wärme, welche zwischen sie hinein dringet, bleibet nicht in den grossen Zwischen- Räumlein der Cörper, sondern machet sich zwischen die gantz kleinen Theile hinein (§. 223. T. III. Exper.). Man kan sich dem- nach in Beurtheilung dieser Dinge weder auf blosse Augen, noch auf die Vergrösse- rungs-Gläser verlassen, und dannenhero wieder dasjenige, was durch tüchtige Grün- de erhärtet worden (§. 55), aus der Erfah- rung keinen Einwurff machen.
Die Flüs- sigkeit der Materi- en hat nichts mit der Figur zuthun.
§. 57.
Weil nun ausser Zweiffel ist (§. 55. 56), daß die Flüßigkeit der Materie einig und allein von der veränderlichen, oder fremden Materie herrühret, welche die Thei- le der eigenthümlichen trennet und ihre Be- rührung hindert, so hat die Figur der Thei- le mit der Flüßigkeit überhaupt nichts zu
thun.
Cap. III. Vondem Unterſcheide
wendig einander beruͤhren (§. 58 Met.). Beruͤhren nun die Theile der fluͤßigen Ma- terien einander, ſo koͤnnen ſich zwiſchen ih- nen nicht andere von einer veraͤnderlichen, oder fremden Materie befinden. Es iſt wahr, daß dieſes einen Schein in den Au- gen derer hat, welche die Subtilitaͤt der Materie aus den Augen ſetzen: ſo bald wir aber nur daran gedencken, verſchwindet auf einmahl aller Zweiffel. Es iſt die Materie in ſo ſubtile Theile wuͤrcklich getheilet, die wir weder mit Sinnen noch mit der Ver- nunfft erreichen koͤnnen (§. 3), und ſelbſt die Waͤrme, welche zwiſchen ſie hinein dringet, bleibet nicht in den groſſen Zwiſchen- Raͤumlein der Coͤrper, ſondern machet ſich zwiſchen die gantz kleinen Theile hinein (§. 223. T. III. Exper.). Man kan ſich dem- nach in Beurtheilung dieſer Dinge weder auf bloſſe Augen, noch auf die Vergroͤſſe- rungs-Glaͤſer verlaſſen, und dannenhero wieder dasjenige, was durch tuͤchtige Gruͤn- de erhaͤrtet worden (§. 55), aus der Erfah- rung keinen Einwurff machen.
Die Fluͤſ- ſigkeit der Materi- en hat nichts mit der Figur zuthun.
§. 57.
Weil nun auſſer Zweiffel iſt (§. 55. 56), daß die Fluͤßigkeit der Materie einig und allein von der veraͤnderlichen, oder fremden Materie herruͤhret, welche die Thei- le der eigenthuͤmlichen trennet und ihre Be- ruͤhrung hindert, ſo hat die Figur der Thei- le mit der Fluͤßigkeit uͤberhaupt nichts zu
thun.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0124"n="88"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Cap. III.</hi> Vondem Unterſcheide</hi></fw><lb/>
wendig einander beruͤhren (§. 58 <hirendition="#aq">Met.</hi>).<lb/>
Beruͤhren nun die Theile der fluͤßigen Ma-<lb/>
terien einander, ſo koͤnnen ſich zwiſchen ih-<lb/>
nen nicht andere von einer veraͤnderlichen,<lb/>
oder fremden Materie befinden. Es iſt<lb/>
wahr, daß dieſes einen Schein in den Au-<lb/>
gen derer hat, welche die Subtilitaͤt der<lb/>
Materie aus den Augen ſetzen: ſo bald wir<lb/>
aber nur daran gedencken, verſchwindet auf<lb/>
einmahl aller Zweiffel. Es iſt die Materie<lb/>
in ſo ſubtile Theile wuͤrcklich getheilet, die<lb/>
wir weder mit Sinnen noch mit der Ver-<lb/>
nunfft erreichen koͤnnen (§. 3), und ſelbſt die<lb/>
Waͤrme, welche zwiſchen ſie hinein dringet,<lb/>
bleibet nicht in den groſſen Zwiſchen-<lb/>
Raͤumlein der Coͤrper, ſondern machet ſich<lb/>
zwiſchen die gantz kleinen Theile hinein (§.<lb/>
223. <hirendition="#aq">T. III. Exper.</hi>). Man kan ſich dem-<lb/>
nach in Beurtheilung dieſer Dinge weder<lb/>
auf bloſſe Augen, noch auf die Vergroͤſſe-<lb/>
rungs-Glaͤſer verlaſſen, und dannenhero<lb/>
wieder dasjenige, was durch tuͤchtige Gruͤn-<lb/>
de erhaͤrtet worden (§. 55), aus der Erfah-<lb/>
rung keinen Einwurff machen.</p><lb/><noteplace="left">Die Fluͤſ-<lb/>ſigkeit der<lb/>
Materi-<lb/>
en hat<lb/>
nichts<lb/>
mit der<lb/>
Figur<lb/>
zuthun.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 57.</head><p>Weil nun auſſer Zweiffel iſt (§.<lb/>
55. 56), daß die Fluͤßigkeit der Materie einig<lb/>
und allein von der veraͤnderlichen, oder<lb/>
fremden Materie herruͤhret, welche die Thei-<lb/>
le der eigenthuͤmlichen trennet und ihre Be-<lb/>
ruͤhrung hindert, ſo hat die Figur der Thei-<lb/>
le mit der Fluͤßigkeit uͤberhaupt nichts zu<lb/><fwplace="bottom"type="catch">thun.</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[88/0124]
Cap. III. Vondem Unterſcheide
wendig einander beruͤhren (§. 58 Met.).
Beruͤhren nun die Theile der fluͤßigen Ma-
terien einander, ſo koͤnnen ſich zwiſchen ih-
nen nicht andere von einer veraͤnderlichen,
oder fremden Materie befinden. Es iſt
wahr, daß dieſes einen Schein in den Au-
gen derer hat, welche die Subtilitaͤt der
Materie aus den Augen ſetzen: ſo bald wir
aber nur daran gedencken, verſchwindet auf
einmahl aller Zweiffel. Es iſt die Materie
in ſo ſubtile Theile wuͤrcklich getheilet, die
wir weder mit Sinnen noch mit der Ver-
nunfft erreichen koͤnnen (§. 3), und ſelbſt die
Waͤrme, welche zwiſchen ſie hinein dringet,
bleibet nicht in den groſſen Zwiſchen-
Raͤumlein der Coͤrper, ſondern machet ſich
zwiſchen die gantz kleinen Theile hinein (§.
223. T. III. Exper.). Man kan ſich dem-
nach in Beurtheilung dieſer Dinge weder
auf bloſſe Augen, noch auf die Vergroͤſſe-
rungs-Glaͤſer verlaſſen, und dannenhero
wieder dasjenige, was durch tuͤchtige Gruͤn-
de erhaͤrtet worden (§. 55), aus der Erfah-
rung keinen Einwurff machen.
§. 57. Weil nun auſſer Zweiffel iſt (§.
55. 56), daß die Fluͤßigkeit der Materie einig
und allein von der veraͤnderlichen, oder
fremden Materie herruͤhret, welche die Thei-
le der eigenthuͤmlichen trennet und ihre Be-
ruͤhrung hindert, ſo hat die Figur der Thei-
le mit der Fluͤßigkeit uͤberhaupt nichts zu
thun.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/124>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.