Ob eine voll kom- men dich- te Ma- terie in der Welt anzutref- fen.
§. 40.
Unter allen cörperlichen Dingen, die wir kennen, finden wir nichts dichteres als das Gold (§. 188. T. I. Exper.). Da nun aber dieses gleichwohl in seinen kleinen Theilen Zwischen-Räumlein hat (§. 72 T. III. Exper.); so ist es nicht vollkommen dichte (§. 37), folgends treffen wir auf dem Erdboden unter denen Materien, welche in die Sinnen fallen, keine an, die vollkom- men dichte wäre. Es ist nun aber die Fra- ge, ob nicht eine Materie möglich sey, die vollkommen dichte ist. Wenn eine Ma- terie vollkommen dichte ist, so gehen ihre Theile in einem fort und sind dannenhero bloß dem Orte nach von einander unter- schieden (§. 37). Derowegen sind sie ein- ander ähnlich (§. 18. Met.). Da es nun aber gleichwohl unmöglich ist, daß auch die allerkleinesten Theile, man mag sie so kleine annehmen, als man immer will, einander ähnlich sind (§. 187 Met.); so gehet es auch nicht an, daß eine Materie vollkommen dichte. Es lässet sich dieses auch noch auf eine andere Weise erweisen. Wenn ein Cörper vollkommen dichte ist; so kan kein Theil dem andern weichen und daher lässet er sich nicht zusammen drucken, indem ein anderer an ihn stösset. Nun kan aber kein Cörper den andern bewegen, als wenn im Anstossen seine Theile, welche einander be- rühren, zusammen gedruckt werden (§. 665
Met.).
Cap. II. Von dem Unterſcheide
Ob eine voll kom- men dich- te Ma- terie in der Welt anzutref- fen.
§. 40.
Unter allen coͤrperlichen Dingen, die wir kennen, finden wir nichts dichteres als das Gold (§. 188. T. I. Exper.). Da nun aber dieſes gleichwohl in ſeinen kleinen Theilen Zwiſchen-Raͤumlein hat (§. 72 T. III. Exper.); ſo iſt es nicht vollkommen dichte (§. 37), folgends treffen wir auf dem Erdboden unter denen Materien, welche in die Sinnen fallen, keine an, die vollkom- men dichte waͤre. Es iſt nun aber die Fra- ge, ob nicht eine Materie moͤglich ſey, die vollkommen dichte iſt. Wenn eine Ma- terie vollkommen dichte iſt, ſo gehen ihre Theile in einem fort und ſind dannenhero bloß dem Orte nach von einander unter- ſchieden (§. 37). Derowegen ſind ſie ein- ander aͤhnlich (§. 18. Met.). Da es nun aber gleichwohl unmoͤglich iſt, daß auch die allerkleineſten Theile, man mag ſie ſo kleine annehmen, als man immer will, einander aͤhnlich ſind (§. 187 Met.); ſo gehet es auch nicht an, daß eine Materie vollkommen dichte. Es laͤſſet ſich dieſes auch noch auf eine andere Weiſe erweiſen. Wenn ein Coͤrper vollkommen dichte iſt; ſo kan kein Theil dem andern weichen und daher laͤſſet er ſich nicht zuſammen drucken, indem ein anderer an ihn ſtoͤſſet. Nun kan aber kein Coͤrper den andern bewegen, als wenn im Anſtoſſen ſeine Theile, welche einander be- ruͤhren, zuſammen gedruckt werden (§. 665
Met.).
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Cap. II. Von dem Unterſcheide
§. 40. Unter allen coͤrperlichen Dingen,
die wir kennen, finden wir nichts dichteres
als das Gold (§. 188. T. I. Exper.). Da
nun aber dieſes gleichwohl in ſeinen kleinen
Theilen Zwiſchen-Raͤumlein hat (§. 72 T.
III. Exper.); ſo iſt es nicht vollkommen
dichte (§. 37), folgends treffen wir auf dem
Erdboden unter denen Materien, welche in
die Sinnen fallen, keine an, die vollkom-
men dichte waͤre. Es iſt nun aber die Fra-
ge, ob nicht eine Materie moͤglich ſey, die
vollkommen dichte iſt. Wenn eine Ma-
terie vollkommen dichte iſt, ſo gehen ihre
Theile in einem fort und ſind dannenhero
bloß dem Orte nach von einander unter-
ſchieden (§. 37). Derowegen ſind ſie ein-
ander aͤhnlich (§. 18. Met.). Da es nun
aber gleichwohl unmoͤglich iſt, daß auch die
allerkleineſten Theile, man mag ſie ſo kleine
annehmen, als man immer will, einander
aͤhnlich ſind (§. 187 Met.); ſo gehet es auch
nicht an, daß eine Materie vollkommen
dichte. Es laͤſſet ſich dieſes auch noch auf
eine andere Weiſe erweiſen. Wenn ein
Coͤrper vollkommen dichte iſt; ſo kan kein
Theil dem andern weichen und daher laͤſſet
er ſich nicht zuſammen drucken, indem ein
anderer an ihn ſtoͤſſet. Nun kan aber kein
Coͤrper den andern bewegen, als wenn im
Anſtoſſen ſeine Theile, welche einander be-
ruͤhren, zuſammen gedruckt werden (§. 665
Met.).
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/106>, abgerufen am 25.11.2024.
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