Damit die Kinder von ihrer ersten Kindheit an Lust zur Arbeit, und hin- gen Abscheu für dem Müßiggange bekom- men; so müssen sie allzeit etwas vorhaben und niemahls in der Stille müßig zu sitzen angehalten werden. Weil sie nun aber zur Arbeit noch nicht geschickt sind; so können sie auch nichts thun als spielen. Es ist a- ber das Spiel eine jede Verrichtung, die man zum Zeit-Vertreibe vornimmet. Und demnach müssen Kinder allezeit etwas zu spielen haben. Wer von Kindheit auf ge- wohnet ist immer etwas vorzuhaben, dem fället es auch in erwachsenen Jahren be- schweerlich, wenn er nichts vorhaben soll.
Was bey ihrem Spielen zu beden- cken.
§. 105.
Bey den Spielen der Kinder finde ich zweyerley zu errinnern. Erstlich muß man darauf sehen, daß sie durch das Spielen an solche Handlungen gewöhnet werden, dergleichen sie nach diesem in ihren ernsthafften Verrichtungen nöthig haben. Denn auf solche Weise werden sie zu die- sem vorbereitet, und fället ihnen nachdem nicht schweer, wenn sie von dem Spielen zur Arbeit schreiten: wie aus demjenigen mit mehrern abzunehmen, was in einem ähnlichen Falle von dergleichen Vorberei- tung ausgeführet worden (§. 89). Nem- lich man siehet leicht, wenn bey den ernst- hafften Verrichtungen oder der Arbeit eben dergleichen Handlungen nöthig sind, die sie
bey
Das 3. Cap. Von der
Wie man ihnen Luſt zur Arbeit machet.
§. 104.
Damit die Kinder von ihrer erſten Kindheit an Luſt zur Arbeit, und hin- gen Abſcheu fuͤr dem Muͤßiggange bekom- men; ſo muͤſſen ſie allzeit etwas vorhaben und niemahls in der Stille muͤßig zu ſitzen angehalten werden. Weil ſie nun aber zur Arbeit noch nicht geſchickt ſind; ſo koͤnnen ſie auch nichts thun als ſpielen. Es iſt a- ber das Spiel eine jede Verrichtung, die man zum Zeit-Vertreibe vornimmet. Und demnach muͤſſen Kinder allezeit etwas zu ſpielen haben. Wer von Kindheit auf ge- wohnet iſt immer etwas vorzuhaben, dem faͤllet es auch in erwachſenen Jahren be- ſchweerlich, wenn er nichts vorhaben ſoll.
Was bey ihrem Spielen zu beden- cken.
§. 105.
Bey den Spielen der Kinder finde ich zweyerley zu errinnern. Erſtlich muß man darauf ſehen, daß ſie durch das Spielen an ſolche Handlungen gewoͤhnet werden, dergleichen ſie nach dieſem in ihren ernſthafften Verrichtungen noͤthig haben. Denn auf ſolche Weiſe werden ſie zu die- ſem vorbereitet, und faͤllet ihnen nachdem nicht ſchweer, wenn ſie von dem Spielen zur Arbeit ſchreiten: wie aus demjenigen mit mehrern abzunehmen, was in einem aͤhnlichen Falle von dergleichen Vorberei- tung ausgefuͤhret worden (§. 89). Nem- lich man ſiehet leicht, wenn bey den ernſt- hafften Verrichtungen oder der Arbeit eben dergleichen Handlungen noͤthig ſind, die ſie
bey
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Das 3. Cap. Von der
§. 104.Damit die Kinder von ihrer
erſten Kindheit an Luſt zur Arbeit, und hin-
gen Abſcheu fuͤr dem Muͤßiggange bekom-
men; ſo muͤſſen ſie allzeit etwas vorhaben
und niemahls in der Stille muͤßig zu ſitzen
angehalten werden. Weil ſie nun aber zur
Arbeit noch nicht geſchickt ſind; ſo koͤnnen
ſie auch nichts thun als ſpielen. Es iſt a-
ber das Spiel eine jede Verrichtung, die
man zum Zeit-Vertreibe vornimmet. Und
demnach muͤſſen Kinder allezeit etwas zu
ſpielen haben. Wer von Kindheit auf ge-
wohnet iſt immer etwas vorzuhaben, dem
faͤllet es auch in erwachſenen Jahren be-
ſchweerlich, wenn er nichts vorhaben ſoll.
§. 105.Bey den Spielen der Kinder
finde ich zweyerley zu errinnern. Erſtlich
muß man darauf ſehen, daß ſie durch das
Spielen an ſolche Handlungen gewoͤhnet
werden, dergleichen ſie nach dieſem in ihren
ernſthafften Verrichtungen noͤthig haben.
Denn auf ſolche Weiſe werden ſie zu die-
ſem vorbereitet, und faͤllet ihnen nachdem
nicht ſchweer, wenn ſie von dem Spielen
zur Arbeit ſchreiten: wie aus demjenigen
mit mehrern abzunehmen, was in einem
aͤhnlichen Falle von dergleichen Vorberei-
tung ausgefuͤhret worden (§. 89). Nem-
lich man ſiehet leicht, wenn bey den ernſt-
hafften Verrichtungen oder der Arbeit eben
dergleichen Handlungen noͤthig ſind, die ſie
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/94>, abgerufen am 27.11.2024.
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