Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Das 3. Capitel Von der wieder ändern lassen (§. 384 Mor.): so hatman mit dem grösten Fleiße darauf Acht zu haben, daß ihnen keine Vorurtheile und Jrrthümer beygebracht, auch sie nicht zu Aberglauben verleitet, und in bösen Nei- gungen und Affecten gestärcket werden. Jn diesem Stücke wird es leider gar sehr versehen, indem die erste Auferziehung sol- chen Personen anvertrauet wird, die in Vorurtheilen, Jrrthümern und Aberglau- ben stecken, und daher durch ihre erdich- tete Historien, die sie den Kindern zu er- zehlen pflegen, auch durch allerhand Jrr- thümer, die sie ihnen als Bewegungs- Gründe von etwas abzustehen, beybringen, grossen Schaden stifften. Man findet es, was dergleichen Verfahren nach sich zie- het, auch wenn man zu Jahren kommet, und durch völligen Verstand die Nichtigkeit der beygebrachten Vorur heile und Jrr- thümer erkennet, von denen daher rühren- den Neigungen und Affecten aber sich doch nicht loß reißen kan, weil sie einmahl zu tief eingewurtzelt: wovon die Ursache an einem andern Orte (§. 419 Mor.) gezei- get worden. in Besse- rung des Willens zu sehen. §. 95, Was die Besserung des Wil- (§. 372.
Das 3. Capitel Von der wieder aͤndern laſſen (§. 384 Mor.): ſo hatman mit dem groͤſten Fleiße darauf Acht zu haben, daß ihnen keine Vorurtheile und Jrrthuͤmer beygebracht, auch ſie nicht zu Aberglauben verleitet, und in boͤſen Nei- gungen und Affecten geſtaͤrcket werden. Jn dieſem Stuͤcke wird es leider gar ſehr verſehen, indem die erſte Auferziehung ſol- chen Perſonen anvertrauet wird, die in Vorurtheilen, Jrrthuͤmern und Aberglau- ben ſtecken, und daher durch ihre erdich- tete Hiſtorien, die ſie den Kindern zu er- zehlen pflegen, auch durch allerhand Jrr- thuͤmer, die ſie ihnen als Bewegungs- Gruͤnde von etwas abzuſtehen, beybringen, groſſen Schaden ſtifften. Man findet es, was dergleichen Verfahren nach ſich zie- het, auch wenn man zu Jahren kommet, und durch voͤlligen Verſtand die Nichtigkeit der beygebrachten Vorur heile und Jrr- thuͤmer erkennet, von denen daher ruͤhren- den Neigungen und Affecten aber ſich doch nicht loß reißen kan, weil ſie einmahl zu tief eingewurtzelt: wovon die Urſache an einem andern Orte (§. 419 Mor.) gezei- get worden. in Beſſe- rung des Willens zu ſehen. §. 95, Was die Beſſerung des Wil- (§. 372.
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Das 3. Capitel Von der
wieder aͤndern laſſen (§. 384 Mor.): ſo hat
man mit dem groͤſten Fleiße darauf Acht zu
haben, daß ihnen keine Vorurtheile und
Jrrthuͤmer beygebracht, auch ſie nicht zu
Aberglauben verleitet, und in boͤſen Nei-
gungen und Affecten geſtaͤrcket werden.
Jn dieſem Stuͤcke wird es leider gar ſehr
verſehen, indem die erſte Auferziehung ſol-
chen Perſonen anvertrauet wird, die in
Vorurtheilen, Jrrthuͤmern und Aberglau-
ben ſtecken, und daher durch ihre erdich-
tete Hiſtorien, die ſie den Kindern zu er-
zehlen pflegen, auch durch allerhand Jrr-
thuͤmer, die ſie ihnen als Bewegungs-
Gruͤnde von etwas abzuſtehen, beybringen,
groſſen Schaden ſtifften. Man findet es,
was dergleichen Verfahren nach ſich zie-
het, auch wenn man zu Jahren kommet, und
durch voͤlligen Verſtand die Nichtigkeit
der beygebrachten Vorur heile und Jrr-
thuͤmer erkennet, von denen daher ruͤhren-
den Neigungen und Affecten aber ſich doch
nicht loß reißen kan, weil ſie einmahl zu
tief eingewurtzelt: wovon die Urſache an
einem andern Orte (§. 419 Mor.) gezei-
get worden.
§. 95,Was die Beſſerung des Wil-
lens betrifft, ſo haben Eltern mit aller
Sorgfalt darnach zuſtreben, wie ſie den
Kindern eine Begierde nach dem Guten,
hingegen einen Abſcheu fuͤr dem Boͤſen
(§. 372.
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