ge vor die Augen bringen und sie gewöhnen darauf zusehen, auch so bald sie reden ler- nen, darnach zu fragen, wie dieses oder je- nes heisse. Jemehr man nun ihnen derglei- che Begriffe beybringen kan, je besser ist es: denn sie legen nicht allein dadurch den Grund zu mehrerer Erkäntnis, sondern wer- den auch lehrbegierig, das ist, sie erlan- gen eine Begierde von allem, was ihnen vorkommet, Unterricht zu haben.
Wie man sie zu deutli- chen vor- bereiten sol.
§. 89.
Da nun in der Natur kein Sprung geschiehet, sondern alles nach und nach kommet (§. 686. 765. Met.), so muß man auch von einem Grade der Erkäntnis nicht gleich zu dem andern schreiten, sondern viel- mehr wenn man mit dem ersten zu Stande kommen, damit noch weiter dergestalt fort- fahren, daß man zugleich zu dem folgenden sich vorbereitet. Derowegen weil von Sei- ten unser, woferne wir zu einem deutlichen Begriffe gelangen wollen, erfordert wird, daß wir alles, was sich in einem Dinge ei- niger massen von einander unterscheiden läs- set, zuerst besonders betrachten, darnach eines gegen das andere halten und auf die Ordnung und Verknüpffung sorgfältig acht geben (§. 19. c. 1. Log.); so wird zu dieser Vorbereitung zweyerley erfordert, nemlich 1. daß man sich gewöhnet auf eine Sache recht acht zu haben, und 2. eines nach dem an- dern besonders zu betrachten und zu überle-
gen.
Das 3. Capitel Von der
ge vor die Augen bringen und ſie gewoͤhnen darauf zuſehen, auch ſo bald ſie reden ler- nen, darnach zu fragen, wie dieſes oder je- nes heiſſe. Jemehr man nun ihnen derglei- che Begriffe beybringen kan, je beſſer iſt es: denn ſie legen nicht allein dadurch den Grund zu mehrerer Erkaͤntnis, ſondern wer- den auch lehrbegierig, das iſt, ſie erlan- gen eine Begierde von allem, was ihnen vorkommet, Unterricht zu haben.
Wie man ſie zu deutli- chen vor- bereiten ſol.
§. 89.
Da nun in der Natur kein Sprung geſchiehet, ſondern alles nach und nach kommet (§. 686. 765. Met.), ſo muß man auch von einem Grade der Erkaͤntnis nicht gleich zu dem andern ſchreiten, ſondern viel- mehr wenn man mit dem erſten zu Stande kommen, damit noch weiter dergeſtalt fort- fahren, daß man zugleich zu dem folgenden ſich vorbereitet. Derowegen weil von Sei- ten unſer, woferne wir zu einem deutlichen Begriffe gelangen wollen, erfordert wird, daß wir alles, was ſich in einem Dinge ei- niger maſſen von einander unterſcheiden laͤſ- ſet, zuerſt beſonders betrachten, darnach eines gegen das andere halten und auf die Ordnung und Verknuͤpffung ſorgfaͤltig acht geben (§. 19. c. 1. Log.); ſo wird zu dieſer Vorbereitung zweyerley erfordert, nemlich 1. daß man ſich gewoͤhnet auf eine Sache recht acht zu haben, und 2. eines nach dem an- dern beſonders zu betrachten und zu uͤberle-
gen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0080"n="62"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das 3. Capitel Von der</hi></fw><lb/>
ge vor die Augen bringen und ſie gewoͤhnen<lb/>
darauf zuſehen, auch ſo bald ſie reden ler-<lb/>
nen, darnach zu fragen, wie dieſes oder je-<lb/>
nes heiſſe. Jemehr man nun ihnen derglei-<lb/>
che Begriffe beybringen kan, je beſſer iſt<lb/>
es: denn ſie legen nicht allein dadurch den<lb/>
Grund zu mehrerer Erkaͤntnis, ſondern wer-<lb/>
den auch <hirendition="#fr">lehrbegierig,</hi> das iſt, ſie erlan-<lb/>
gen eine Begierde von allem, was ihnen<lb/>
vorkommet, Unterricht zu haben.</p><lb/><noteplace="left">Wie man<lb/>ſie zu<lb/>
deutli-<lb/>
chen vor-<lb/>
bereiten<lb/>ſol.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 89.</head><p>Da nun in der Natur kein<lb/>
Sprung geſchiehet, ſondern alles nach und<lb/>
nach kommet (§. 686. 765. <hirendition="#aq">Met.</hi>), ſo muß man<lb/>
auch von einem Grade der Erkaͤntnis nicht<lb/>
gleich zu dem andern ſchreiten, ſondern viel-<lb/>
mehr wenn man mit dem erſten zu Stande<lb/>
kommen, damit noch weiter dergeſtalt fort-<lb/>
fahren, daß man zugleich zu dem folgenden<lb/>ſich vorbereitet. Derowegen weil von Sei-<lb/>
ten unſer, woferne wir zu einem deutlichen<lb/>
Begriffe gelangen wollen, erfordert wird,<lb/>
daß wir alles, was ſich in einem Dinge ei-<lb/>
niger maſſen von einander unterſcheiden laͤſ-<lb/>ſet, zuerſt beſonders betrachten, darnach<lb/>
eines gegen das andere halten und auf die<lb/>
Ordnung und Verknuͤpffung ſorgfaͤltig acht<lb/>
geben (§. 19. <hirendition="#aq">c. 1. Log.</hi>); ſo wird zu dieſer<lb/>
Vorbereitung zweyerley erfordert, nemlich<lb/>
1. daß man ſich gewoͤhnet auf eine Sache<lb/>
recht acht zu haben, und 2. eines nach dem an-<lb/>
dern beſonders zu betrachten und zu uͤberle-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gen.</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[62/0080]
Das 3. Capitel Von der
ge vor die Augen bringen und ſie gewoͤhnen
darauf zuſehen, auch ſo bald ſie reden ler-
nen, darnach zu fragen, wie dieſes oder je-
nes heiſſe. Jemehr man nun ihnen derglei-
che Begriffe beybringen kan, je beſſer iſt
es: denn ſie legen nicht allein dadurch den
Grund zu mehrerer Erkaͤntnis, ſondern wer-
den auch lehrbegierig, das iſt, ſie erlan-
gen eine Begierde von allem, was ihnen
vorkommet, Unterricht zu haben.
§. 89.Da nun in der Natur kein
Sprung geſchiehet, ſondern alles nach und
nach kommet (§. 686. 765. Met.), ſo muß man
auch von einem Grade der Erkaͤntnis nicht
gleich zu dem andern ſchreiten, ſondern viel-
mehr wenn man mit dem erſten zu Stande
kommen, damit noch weiter dergeſtalt fort-
fahren, daß man zugleich zu dem folgenden
ſich vorbereitet. Derowegen weil von Sei-
ten unſer, woferne wir zu einem deutlichen
Begriffe gelangen wollen, erfordert wird,
daß wir alles, was ſich in einem Dinge ei-
niger maſſen von einander unterſcheiden laͤſ-
ſet, zuerſt beſonders betrachten, darnach
eines gegen das andere halten und auf die
Ordnung und Verknuͤpffung ſorgfaͤltig acht
geben (§. 19. c. 1. Log.); ſo wird zu dieſer
Vorbereitung zweyerley erfordert, nemlich
1. daß man ſich gewoͤhnet auf eine Sache
recht acht zu haben, und 2. eines nach dem an-
dern beſonders zu betrachten und zu uͤberle-
gen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/80>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.