Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 2. Von dem Ehestande.
mehrers
hiervon
erinnert
wird.
rathen zu gebrauchen: allein da wir un-
serm gegenwärtigen Vorhaben ein Gnügen
gethan, wenn wir die allgemeinen Grün-
de, daraus das übrige hergeleitet werden
kan, absonderlich wo uns die Erfahrung
Gelegenheit an die Hand giebet, ausgefüh-
ret; so laße ich es auch vor dieses mahl hier-
bey bewenden.

Warum
das Weib
nach des
Mannes
Tode ihr
einge-
brachtes
haben
muß.
§. 73.

Weil der Mann nur die Nu-
tzung von des Weibes Gütern zu Ubertra-
gung der Last des Ehestandes anwenden
kan (§. 55); so muß auch die Frau nach
seinem Tode alle ihre bewegliche und un-
bewegliche Güter wieder erhalten, inglei-
chen kan der Mann ohne ihre Bewilligung
von den unbeweglichen nichts verkauffen
(§. 920 Mor.) und, wo fern dieses geschehen,
bekommet sie nach seinem Tode die Kauff-
Summa des Geldes, als welche nach die-
sem als ein von ihr eingebrachtes bewegli-
ches Gut anzusehen.

Warum
sie ein
Vorrecht
für an-
dern
Gläubi-
gern hat.
§. 74.

Und solcher gestalt hat das Weib
ein Recht auf des Mannes Güter, in so
weit das ihrige mit darunter enthalten, in-
dem es in der That nicht des Mannes Gü-
ter sind, sondern viel mehr ihre, ob sie gleich
der Mann als seine ausgegeben. Und demnach
hat sie auch billig ein Vorrecht für anderen
Gläubigern des Mannes. Denn wenn sie
das ihrige weggenommen, so ist des Man-
nes Vermögen, was übrig bleibet.

§. 75.

Cap. 2. Von dem Eheſtande.
mehrers
hiervon
erinnert
wird.
rathen zu gebrauchen: allein da wir un-
ſerm gegenwaͤrtigen Vorhaben ein Gnuͤgen
gethan, wenn wir die allgemeinen Gruͤn-
de, daraus das uͤbrige hergeleitet werden
kan, abſonderlich wo uns die Erfahrung
Gelegenheit an die Hand giebet, ausgefuͤh-
ret; ſo laße ich es auch vor dieſes mahl hier-
bey bewenden.

Warum
das Weib
nach des
Mannes
Tode ihr
einge-
brachtes
haben
muß.
§. 73.

Weil der Mann nur die Nu-
tzung von des Weibes Guͤtern zu Ubertra-
gung der Laſt des Eheſtandes anwenden
kan (§. 55); ſo muß auch die Frau nach
ſeinem Tode alle ihre bewegliche und un-
bewegliche Guͤter wieder erhalten, inglei-
chen kan der Mann ohne ihre Bewilligung
von den unbeweglichen nichts verkauffen
(§. 920 Mor.) und, wo fern dieſes geſchehen,
bekommet ſie nach ſeinem Tode die Kauff-
Summa des Geldes, als welche nach die-
ſem als ein von ihr eingebrachtes bewegli-
ches Gut anzuſehen.

Warum
ſie ein
Vorrecht
fuͤr an-
dern
Glaͤubi-
geꝛn hat.
§. 74.

Und ſolcher geſtalt hat das Weib
ein Recht auf des Mannes Guͤter, in ſo
weit das ihrige mit darunter enthalten, in-
dem es in der That nicht des Mannes Guͤ-
ter ſind, ſondern viel mehr ihre, ob ſie gleich
deꝛ Mann als ſeine ausgegeben. Und demnach
hat ſie auch billig ein Vorrecht fuͤr anderen
Glaͤubigern des Mannes. Denn wenn ſie
das ihrige weggenommen, ſo iſt des Man-
nes Vermoͤgen, was uͤbrig bleibet.

§. 75.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0070" n="52"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 2. Von dem Ehe&#x017F;tande.</hi></fw><lb/><note place="left">mehrers<lb/>
hiervon<lb/>
erinnert<lb/>
wird.</note>rathen zu gebrauchen: allein da wir un-<lb/>
&#x017F;erm gegenwa&#x0364;rtigen Vorhaben ein Gnu&#x0364;gen<lb/>
gethan, wenn wir die allgemeinen Gru&#x0364;n-<lb/>
de, daraus das u&#x0364;brige hergeleitet werden<lb/>
kan, ab&#x017F;onderlich wo uns die Erfahrung<lb/>
Gelegenheit an die Hand giebet, ausgefu&#x0364;h-<lb/>
ret; &#x017F;o laße ich es auch vor die&#x017F;es mahl hier-<lb/>
bey bewenden.</p><lb/>
              <note place="left">Warum<lb/>
das Weib<lb/>
nach des<lb/>
Mannes<lb/>
Tode ihr<lb/>
einge-<lb/>
brachtes<lb/>
haben<lb/>
muß.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 73.</head>
              <p>Weil der Mann nur die Nu-<lb/>
tzung von des Weibes Gu&#x0364;tern zu Ubertra-<lb/>
gung der La&#x017F;t des Ehe&#x017F;tandes anwenden<lb/>
kan (§. 55); &#x017F;o muß auch die Frau nach<lb/>
&#x017F;einem Tode alle ihre bewegliche und un-<lb/>
bewegliche Gu&#x0364;ter wieder erhalten, inglei-<lb/>
chen kan der Mann ohne ihre Bewilligung<lb/>
von den unbeweglichen nichts verkauffen<lb/>
(§. 920 <hi rendition="#aq">Mor.</hi>) und, wo fern die&#x017F;es ge&#x017F;chehen,<lb/>
bekommet &#x017F;ie nach &#x017F;einem Tode die Kauff-<lb/>
Summa des Geldes, als welche nach die-<lb/>
&#x017F;em als ein von ihr eingebrachtes bewegli-<lb/>
ches Gut anzu&#x017F;ehen.</p><lb/>
              <note place="left">Warum<lb/>
&#x017F;ie ein<lb/>
Vorrecht<lb/>
fu&#x0364;r an-<lb/>
dern<lb/>
Gla&#x0364;ubi-<lb/>
ge&#xA75B;n hat.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 74.</head>
              <p>Und &#x017F;olcher ge&#x017F;talt hat das Weib<lb/>
ein Recht auf des Mannes Gu&#x0364;ter, in &#x017F;o<lb/>
weit das ihrige mit darunter enthalten, in-<lb/>
dem es in der That nicht des Mannes Gu&#x0364;-<lb/>
ter &#x017F;ind, &#x017F;ondern viel mehr ihre, ob &#x017F;ie gleich<lb/>
de&#xA75B; Mann als &#x017F;eine ausgegeben. Und demnach<lb/>
hat &#x017F;ie auch billig ein Vorrecht fu&#x0364;r anderen<lb/>
Gla&#x0364;ubigern des Mannes. Denn wenn &#x017F;ie<lb/>
das ihrige weggenommen, &#x017F;o i&#x017F;t des Man-<lb/>
nes Vermo&#x0364;gen, was u&#x0364;brig bleibet.</p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§. 75.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0070] Cap. 2. Von dem Eheſtande. rathen zu gebrauchen: allein da wir un- ſerm gegenwaͤrtigen Vorhaben ein Gnuͤgen gethan, wenn wir die allgemeinen Gruͤn- de, daraus das uͤbrige hergeleitet werden kan, abſonderlich wo uns die Erfahrung Gelegenheit an die Hand giebet, ausgefuͤh- ret; ſo laße ich es auch vor dieſes mahl hier- bey bewenden. mehrers hiervon erinnert wird. §. 73.Weil der Mann nur die Nu- tzung von des Weibes Guͤtern zu Ubertra- gung der Laſt des Eheſtandes anwenden kan (§. 55); ſo muß auch die Frau nach ſeinem Tode alle ihre bewegliche und un- bewegliche Guͤter wieder erhalten, inglei- chen kan der Mann ohne ihre Bewilligung von den unbeweglichen nichts verkauffen (§. 920 Mor.) und, wo fern dieſes geſchehen, bekommet ſie nach ſeinem Tode die Kauff- Summa des Geldes, als welche nach die- ſem als ein von ihr eingebrachtes bewegli- ches Gut anzuſehen. §. 74.Und ſolcher geſtalt hat das Weib ein Recht auf des Mannes Guͤter, in ſo weit das ihrige mit darunter enthalten, in- dem es in der That nicht des Mannes Guͤ- ter ſind, ſondern viel mehr ihre, ob ſie gleich deꝛ Mann als ſeine ausgegeben. Und demnach hat ſie auch billig ein Vorrecht fuͤr anderen Glaͤubigern des Mannes. Denn wenn ſie das ihrige weggenommen, ſo iſt des Man- nes Vermoͤgen, was uͤbrig bleibet. §. 75.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/70
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/70>, abgerufen am 24.11.2024.