Derowegen da Potentaten gegen einan- der sich wie einzele Personen verhalten (§. 479.), so ist auch derjenige, welcher den Krieg anfängt oder unvermeidlichen Anlaß dazu giebet, verbunden dem an- dern den Schaden, den er durch den Krieg an Volck und Gelde erlitten, zuer- setzen. Und auf diesem Grunde nebst dem Vergleiche wegen der streitigen Pun- ete, darüber man krieget, beruhen die Friedens-Tractaten. Wenn man dem- nach dieselbe der Vernunfft und natürli- chen Billigkeit gemäß einrichten sol; so muß man demjenigen Theile, der bißher von dem andern Unrecht leiden müssen, zu seinem Rechte und dabey zugleich zu Ersetzung des verursachten Schadens ver- helffen. Es ist wohl freylich wahr, daß, da Potentaten keinen Oberen über sich haben, der sie, wie im gemeinen Wesen der Richter die streitigen Partheyen, zwin- gen kan zuthun, was recht ist, man we- gen der Hartnäckigkeit des andern, der nicht nachgeben wil, wo er sol, sondern auf feine Macht trotzet, nicht allzeit erhal- ten kan, was recht und billig ist: allein wenn man gleich aus Noth von seinem Rechte abweichen muß und sich Unrecht muß thun lassen, weil man es selbst ab- zuwenden nicht in seinem Vermögen fin-
det,
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Kriege.
Derowegen da Potentaten gegen einan- der ſich wie einzele Perſonen verhalten (§. 479.), ſo iſt auch derjenige, welcher den Krieg anfaͤngt oder unvermeidlichen Anlaß dazu giebet, verbunden dem an- dern den Schaden, den er durch den Krieg an Volck und Gelde erlitten, zuer- ſetzen. Und auf dieſem Grunde nebſt dem Vergleiche wegen der ſtreitigen Pun- ete, daruͤber man krieget, beruhen die Friedens-Tractaten. Wenn man dem- nach dieſelbe der Vernunfft und natuͤrli- chen Billigkeit gemaͤß einrichten ſol; ſo muß man demjenigen Theile, der bißher von dem andern Unrecht leiden muͤſſen, zu ſeinem Rechte und dabey zugleich zu Erſetzung des verurſachten Schadens ver- helffen. Es iſt wohl freylich wahr, daß, da Potentaten keinen Oberen uͤber ſich haben, der ſie, wie im gemeinen Weſen der Richter die ſtreitigen Partheyen, zwin- gen kan zuthun, was recht iſt, man we- gen der Hartnaͤckigkeit des andern, der nicht nachgeben wil, wo er ſol, ſondern auf feine Macht trotzet, nicht allzeit erhal- ten kan, was recht und billig iſt: allein wenn man gleich aus Noth von ſeinem Rechte abweichen muß und ſich Unrecht muß thun laſſen, weil man es ſelbſt ab- zuwenden nicht in ſeinem Vermoͤgen fin-
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Kriege.
Derowegen da Potentaten gegen einan-
der ſich wie einzele Perſonen verhalten
(§. 479.), ſo iſt auch derjenige, welcher
den Krieg anfaͤngt oder unvermeidlichen
Anlaß dazu giebet, verbunden dem an-
dern den Schaden, den er durch den
Krieg an Volck und Gelde erlitten, zuer-
ſetzen. Und auf dieſem Grunde nebſt
dem Vergleiche wegen der ſtreitigen Pun-
ete, daruͤber man krieget, beruhen die
Friedens-Tractaten. Wenn man dem-
nach dieſelbe der Vernunfft und natuͤrli-
chen Billigkeit gemaͤß einrichten ſol; ſo
muß man demjenigen Theile, der bißher
von dem andern Unrecht leiden muͤſſen,
zu ſeinem Rechte und dabey zugleich zu
Erſetzung des verurſachten Schadens ver-
helffen. Es iſt wohl freylich wahr, daß,
da Potentaten keinen Oberen uͤber ſich
haben, der ſie, wie im gemeinen Weſen
der Richter die ſtreitigen Partheyen, zwin-
gen kan zuthun, was recht iſt, man we-
gen der Hartnaͤckigkeit des andern, der
nicht nachgeben wil, wo er ſol, ſondern
auf feine Macht trotzet, nicht allzeit erhal-
ten kan, was recht und billig iſt: allein
wenn man gleich aus Noth von ſeinem
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 613. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/631>, abgerufen am 16.02.2025.
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